Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

wegziehen wegen Neumanns,
maßen das böse Gewissen, weil er nun wol
selbst mochte überzeugt seyn, daß er mir zu viel
gethan, und mich bey der gantzen Stadt ver-
unglimpffet, brachte ihn dahin, daß er nicht ein-
mahl das Hertze hatte, den Sohn die Tour
durch Leipzig nach Jena nehmen zu laßen;
sondern er muste harte vor Leipzig vorbey ge-
hen: wie mir solches alles derjenige Kauff-
mann umständlich erzehlet, der ihn auf dem
Wege nach der Leipziger Messe auf Ansuchung
des Vaters in seine Compagnie genommen,
und sich engagiret hatte, ohne denselben in die
Stadt Leipzig mit zu nehmen, durch gewisse
Gelegenheit nach Jena zu schaffen. Jch er-
zehlte solches dem Herrn Lic. Günther, der
nicht wenig darüber lachen muste, alß er solches
hörete. Der liebe Mann hatte dergleichen
gar nicht zu befürchten, sondern hätte sich eher
alles Gute von mir versprechen können.
Dann ich, da ich hörete, daß sein Sohn nach
Leipzig kommen, und hier studiren solte, hatte
mir schon vorgenommen, ihm alle ersinnliche
Dienste und Höflichkeit zu erzeigen, um dadurch
des Vaters alte Gunst und Liebe wieder zu
erlangen.

Anno

wegziehen wegen Neumanns,
maßen das boͤſe Gewiſſen, weil er nun wol
ſelbſt mochte uͤberzeugt ſeyn, daß er mir zu viel
gethan, und mich bey der gantzen Stadt ver-
unglimpffet, brachte ihn dahin, daß er nicht ein-
mahl das Hertze hatte, den Sohn die Tour
durch Leipzig nach Jena nehmen zu laßen;
ſondern er muſte harte vor Leipzig vorbey ge-
hen: wie mir ſolches alles derjenige Kauff-
mann umſtaͤndlich erzehlet, der ihn auf dem
Wege nach der Leipziger Meſſe auf Anſuchung
des Vaters in ſeine Compagnie genommen,
und ſich engagiret hatte, ohne denſelben in die
Stadt Leipzig mit zu nehmen, durch gewiſſe
Gelegenheit nach Jena zu ſchaffen. Jch er-
zehlte ſolches dem Herrn Lic. Günther, der
nicht wenig daruͤber lachen muſte, alß er ſolches
hoͤrete. Der liebe Mann hatte dergleichen
gar nicht zu befuͤrchten, ſondern haͤtte ſich eher
alles Gute von mir verſprechen koͤnnen.
Dann ich, da ich hoͤrete, daß ſein Sohn nach
Leipzig kommen, und hier ſtudiren ſolte, hatte
mir ſchon vorgenommen, ihm alle erſinnliche
Dienſte und Hoͤflichkeit zu erzeigen, um dadurch
des Vaters alte Gunſt und Liebe wieder zu
erlangen.

Anno
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0441" n="395"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wegziehen wegen Neumanns,</hi></fw><lb/>
maßen das bo&#x0364;&#x017F;e Gewi&#x017F;&#x017F;en, weil er nun wol<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t mochte u&#x0364;berzeugt &#x017F;eyn, daß er mir zu viel<lb/>
gethan, und mich bey der gantzen Stadt ver-<lb/>
unglimpffet, brachte ihn dahin, daß er nicht ein-<lb/>
mahl das Hertze hatte, den Sohn die <hi rendition="#aq">Tour</hi><lb/>
durch Leipzig nach Jena nehmen zu laßen;<lb/>
&#x017F;ondern er mu&#x017F;te harte vor Leipzig vorbey ge-<lb/>
hen: wie mir &#x017F;olches alles derjenige Kauff-<lb/>
mann um&#x017F;ta&#x0364;ndlich erzehlet, der ihn auf dem<lb/>
Wege nach der Leipziger Me&#x017F;&#x017F;e auf An&#x017F;uchung<lb/>
des Vaters in &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> genommen,<lb/>
und &#x017F;ich <hi rendition="#aq">engagi</hi>ret hatte, ohne den&#x017F;elben in die<lb/>
Stadt Leipzig mit zu nehmen, durch gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Gelegenheit nach Jena zu &#x017F;chaffen. Jch er-<lb/>
zehlte &#x017F;olches dem Herrn <hi rendition="#aq">Lic. Günther,</hi> der<lb/>
nicht wenig daru&#x0364;ber lachen mu&#x017F;te, alß er &#x017F;olches<lb/>
ho&#x0364;rete. Der liebe Mann hatte dergleichen<lb/>
gar nicht zu befu&#x0364;rchten, &#x017F;ondern ha&#x0364;tte &#x017F;ich eher<lb/>
alles Gute von mir ver&#x017F;prechen ko&#x0364;nnen.<lb/>
Dann ich, da ich ho&#x0364;rete, daß &#x017F;ein Sohn nach<lb/>
Leipzig kommen, und hier <hi rendition="#aq">&#x017F;tudi</hi>ren &#x017F;olte, hatte<lb/>
mir &#x017F;chon vorgenommen, ihm alle er&#x017F;innliche<lb/>
Dien&#x017F;te und Ho&#x0364;flichkeit zu erzeigen, um dadurch<lb/>
des Vaters alte Gun&#x017F;t und Liebe wieder zu<lb/>
erlangen.</p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Anno</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0441] wegziehen wegen Neumanns, maßen das boͤſe Gewiſſen, weil er nun wol ſelbſt mochte uͤberzeugt ſeyn, daß er mir zu viel gethan, und mich bey der gantzen Stadt ver- unglimpffet, brachte ihn dahin, daß er nicht ein- mahl das Hertze hatte, den Sohn die Tour durch Leipzig nach Jena nehmen zu laßen; ſondern er muſte harte vor Leipzig vorbey ge- hen: wie mir ſolches alles derjenige Kauff- mann umſtaͤndlich erzehlet, der ihn auf dem Wege nach der Leipziger Meſſe auf Anſuchung des Vaters in ſeine Compagnie genommen, und ſich engagiret hatte, ohne denſelben in die Stadt Leipzig mit zu nehmen, durch gewiſſe Gelegenheit nach Jena zu ſchaffen. Jch er- zehlte ſolches dem Herrn Lic. Günther, der nicht wenig daruͤber lachen muſte, alß er ſolches hoͤrete. Der liebe Mann hatte dergleichen gar nicht zu befuͤrchten, ſondern haͤtte ſich eher alles Gute von mir verſprechen koͤnnen. Dann ich, da ich hoͤrete, daß ſein Sohn nach Leipzig kommen, und hier ſtudiren ſolte, hatte mir ſchon vorgenommen, ihm alle erſinnliche Dienſte und Hoͤflichkeit zu erzeigen, um dadurch des Vaters alte Gunſt und Liebe wieder zu erlangen. Anno

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/441
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/441>, abgerufen am 29.03.2024.