Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

nicht wenig incommodirt,
Predigt wegzugeben, und auszusetzen bin ge-
zwungen worden. Daß man aber im Stu-
diren und Concipiren dadurch gehindert werde, ist
leicht zu erachten. Denn so offt man beym Me-
ditiren und Concipiren die Lebens-Geister im
Kopffe anstrenget, und also die Krafft der Lebens-
Geister im Unterleibe schwächet, die zur Erhal-
tung, und Stärckung des Toni nöthig; so kommt
es einen, weil die Nerven dadurch schlap wer-
den, wieder an, und sucht die Natur ihren fer-
nern Auswurff, gesetzt, daß der Alvus auch schon
ein wenig wieder wäre constringiret worden.

Wer das noch nicht begreiffen kan, nemlich,
daß meditiren, dencken, insonderheit wenn es
mit einigem Kummer, Sorge, oder wohl gar
mit dem Affecte einiger Furcht verknüpfft ist,
den Menschen zuweilen nöthige das opus naturae,
oder das Werck der Natur zu verrichten, der
dencke doch nur an Kayser Carolum V; der, wenn er
mit dem Feinde schlagen solte, ehe die Schlacht
angieng, erst bey Seite gehen, und seinen Leib
erleichtern muste. Jch, der ich mein Lebtage auch
auf alle Minima meines Leibes Achtung zu geben
mich gewöhnet, und unzehlige Dinge entdecket,
kan dir mit Grund der Wahrheit sagen, es mag
dir nun die Sache lächerlich vorkommen, oder
nicht, daß, wenn mein Leib scheint, als wenn er
mit mähligem wolle verstopfft werden, und ich

gerne

nicht wenig incommodirt,
Predigt wegzugeben, und auszuſetzen bin ge-
zwungen worden. Daß man aber im Stu-
diren und Concipiren dadurch gehindert werde, iſt
leicht zu erachten. Denn ſo offt man beym Me-
ditiren und Concipiren die Lebens-Geiſter im
Kopffe anſtrenget, und alſo die Krafft der Lebens-
Geiſter im Unterleibe ſchwaͤchet, die zur Erhal-
tung, und Staͤrckung des Toni noͤthig; ſo kommt
es einen, weil die Nerven dadurch ſchlap wer-
den, wieder an, und ſucht die Natur ihren fer-
nern Auswurff, geſetzt, daß der Alvus auch ſchon
ein wenig wieder waͤre conſtringiret worden.

Wer das noch nicht begreiffen kan, nemlich,
daß meditiren, dencken, inſonderheit wenn es
mit einigem Kummer, Sorge, oder wohl gar
mit dem Affecte einiger Furcht verknuͤpfft iſt,
den Menſchen zuweilen noͤthige das opus naturæ,
oder das Werck der Natur zu verrichten, der
dencke doch nur an Kayſer Carolum V; der, wenn er
mit dem Feinde ſchlagen ſolte, ehe die Schlacht
angieng, erſt bey Seite gehen, und ſeinen Leib
erleichtern muſte. Jch, der ich mein Lebtage auch
auf alle Minima meines Leibes Achtung zu geben
mich gewoͤhnet, und unzehlige Dinge entdecket,
kan dir mit Grund der Wahrheit ſagen, es mag
dir nun die Sache laͤcherlich vorkommen, oder
nicht, daß, wenn mein Leib ſcheint, als wenn er
mit maͤhligem wolle verſtopfft werden, und ich

gerne
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0618" n="572"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nicht wenig</hi><hi rendition="#aq">incommodi</hi><hi rendition="#b">rt,</hi></fw><lb/>
Predigt wegzugeben, und auszu&#x017F;etzen bin ge-<lb/>
zwungen worden. Daß man aber im <hi rendition="#aq">Stu-<lb/>
di</hi>ren und <hi rendition="#aq">Concipi</hi>ren dadurch gehindert werde, i&#x017F;t<lb/>
leicht zu erachten. Denn &#x017F;o offt man beym <hi rendition="#aq">Me-<lb/>
diti</hi>ren und <hi rendition="#aq">Concipi</hi>ren die Lebens-Gei&#x017F;ter im<lb/>
Kopffe an&#x017F;trenget, und al&#x017F;o die Krafft der Lebens-<lb/>
Gei&#x017F;ter im Unterleibe &#x017F;chwa&#x0364;chet, die zur Erhal-<lb/>
tung, und Sta&#x0364;rckung des <hi rendition="#aq">Toni</hi> no&#x0364;thig; &#x017F;o kommt<lb/>
es einen, weil die Nerven dadurch &#x017F;chlap wer-<lb/>
den, wieder an, und &#x017F;ucht die Natur ihren fer-<lb/>
nern Auswurff, ge&#x017F;etzt, daß der <hi rendition="#aq">Alvus</hi> auch &#x017F;chon<lb/>
ein wenig wieder wa&#x0364;re <hi rendition="#aq">con&#x017F;tringi</hi>ret worden.</p><lb/>
        <p>Wer das noch nicht begreiffen kan, nemlich,<lb/>
daß <hi rendition="#aq">mediti</hi>ren, dencken, in&#x017F;onderheit wenn es<lb/>
mit einigem Kummer, Sorge, oder wohl gar<lb/>
mit dem <hi rendition="#aq">Affect</hi>e einiger Furcht verknu&#x0364;pfft i&#x017F;t,<lb/>
den Men&#x017F;chen zuweilen no&#x0364;thige das <hi rendition="#aq">opus naturæ,</hi><lb/>
oder das Werck der Natur zu verrichten, der<lb/>
dencke doch nur an Kay&#x017F;er <hi rendition="#aq">Carolum V;</hi> der, wenn er<lb/>
mit dem Feinde &#x017F;chlagen &#x017F;olte, ehe die Schlacht<lb/>
angieng, er&#x017F;t bey Seite gehen, und &#x017F;einen Leib<lb/>
erleichtern mu&#x017F;te. Jch, der ich mein Lebtage auch<lb/>
auf alle <hi rendition="#aq">Minima</hi> meines Leibes Achtung zu geben<lb/>
mich gewo&#x0364;hnet, und unzehlige Dinge entdecket,<lb/>
kan dir mit Grund der Wahrheit &#x017F;agen, es mag<lb/>
dir nun die Sache la&#x0364;cherlich vorkommen, oder<lb/>
nicht, daß, wenn mein Leib &#x017F;cheint, als wenn er<lb/>
mit ma&#x0364;hligem wolle ver&#x017F;topfft werden, und ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gerne</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[572/0618] nicht wenig incommodirt, Predigt wegzugeben, und auszuſetzen bin ge- zwungen worden. Daß man aber im Stu- diren und Concipiren dadurch gehindert werde, iſt leicht zu erachten. Denn ſo offt man beym Me- ditiren und Concipiren die Lebens-Geiſter im Kopffe anſtrenget, und alſo die Krafft der Lebens- Geiſter im Unterleibe ſchwaͤchet, die zur Erhal- tung, und Staͤrckung des Toni noͤthig; ſo kommt es einen, weil die Nerven dadurch ſchlap wer- den, wieder an, und ſucht die Natur ihren fer- nern Auswurff, geſetzt, daß der Alvus auch ſchon ein wenig wieder waͤre conſtringiret worden. Wer das noch nicht begreiffen kan, nemlich, daß meditiren, dencken, inſonderheit wenn es mit einigem Kummer, Sorge, oder wohl gar mit dem Affecte einiger Furcht verknuͤpfft iſt, den Menſchen zuweilen noͤthige das opus naturæ, oder das Werck der Natur zu verrichten, der dencke doch nur an Kayſer Carolum V; der, wenn er mit dem Feinde ſchlagen ſolte, ehe die Schlacht angieng, erſt bey Seite gehen, und ſeinen Leib erleichtern muſte. Jch, der ich mein Lebtage auch auf alle Minima meines Leibes Achtung zu geben mich gewoͤhnet, und unzehlige Dinge entdecket, kan dir mit Grund der Wahrheit ſagen, es mag dir nun die Sache laͤcherlich vorkommen, oder nicht, daß, wenn mein Leib ſcheint, als wenn er mit maͤhligem wolle verſtopfft werden, und ich gerne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/618
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/618>, abgerufen am 25.04.2024.