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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 20. Verhaftung d. Nachlasses. §§. 21. 22. Zeitige Untersag. d. bürgl. etc.
Handlung darstellt," -- nicht also, wenn Verletzungen einer bloßformellen
Bestimmung des Preßgesetzes die Verurtheilung herbeigeführt haben.

§. 20.

Geldstrafen können in den Nachlaß eines Angeschuldigten nur dann voll-
streckt werden, wenn derselbe bei Lebzeiten rechtskräftig verurtheilt worden ist.

Die Konfiskation einzelner Gegenstände kann nach dem Tode des Ange-
schuldigten in dessen Nachlaß geltend gemacht werden, selbst wenn zu seinen
Lebzeiten noch kein Urtheil ergangen ist.



Die erste Bestimmung des Paragraphen entspricht den allgemeinen
Grundsätzen des Civilrechts; die Geldbuße, welche bei Lebzeiten des
Angeschuldigten rechtskräftig erkannt worden ist, haftet wie eine Schuld
auf dem Nachlaß. Von einer Bestrafung unschuldiger Erben kann hier
keine Rede sein.

Die zweite Bestimmung dagegen, daß die Konfiskation einzelner
Gegenstände in den Nachlaß des Angeschuldigten geltend gemacht werden
kann, auch wenn zu seinen Lebzeiten kein Urtheil ergangen ist, trägt
allerdings einen singulären Charakter an sich, und ist namentlich mit
Rücksicht auf die Zollstrafgesetze aufgenommen worden. Man hat sich
dafür auf die Behandlung des commissum nach Römischem Rechte, so
wie auf die bisher geltende Gesetzgebung berufen. s) Uebrigens ist es
nur vorbehalten, die Konfiskation gegen den Nachlaß geltend zu machen,
ohne daß für die betreffenden Behörden eine allgemeine Verpflichtung
besteht: "kann geltend gemacht werden"; und da die Konfiskation nicht
eher statt findet, bevor ein rechtskräftiges Erkenntniß abgegeben ist, so
muß ein solches, auch wenn der Angeschuldigte gestorben, erwirkt werden.

§. 21.

Die Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit be-
wirkt die Unfähigkeit, während der im Urtheil bestimmten Zeit die im §. 12.
erwähnten Rechte auszuüben.

Die Zeit soll wenigstens Ein Jahr und höchstens zehn Jahre betragen.

Die Wirkungen der Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehren-
rechte beginnen mit der Rechtskraft des Urtheils, in welchem sie ausgesprochen
ist. Die Dauer dieser Strafe wird jedoch erst von dem Tage an berechnet,
an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt ist.


s) A. L. R. Th. I. Tit. 9. §. 364. Th. II. Tit. 20. §. 297. -- Zollstraf-
gesetz
vom 23. Jan. 1838. §. 22. (Ges. S. S. 84.) -- Vgl. überhaupt Revision
von 1845. I. S. 227. -- Verhandlungen der Staatsraths- Kommission
von 1846. S. 26.

§. 20. Verhaftung d. Nachlaſſes. §§. 21. 22. Zeitige Unterſag. d. bürgl. ꝛc.
Handlung darſtellt,“ — nicht alſo, wenn Verletzungen einer bloßformellen
Beſtimmung des Preßgeſetzes die Verurtheilung herbeigeführt haben.

§. 20.

Geldſtrafen können in den Nachlaß eines Angeſchuldigten nur dann voll-
ſtreckt werden, wenn derſelbe bei Lebzeiten rechtskräftig verurtheilt worden iſt.

Die Konfiskation einzelner Gegenſtände kann nach dem Tode des Ange-
ſchuldigten in deſſen Nachlaß geltend gemacht werden, ſelbſt wenn zu ſeinen
Lebzeiten noch kein Urtheil ergangen iſt.



Die erſte Beſtimmung des Paragraphen entſpricht den allgemeinen
Grundſätzen des Civilrechts; die Geldbuße, welche bei Lebzeiten des
Angeſchuldigten rechtskräftig erkannt worden iſt, haftet wie eine Schuld
auf dem Nachlaß. Von einer Beſtrafung unſchuldiger Erben kann hier
keine Rede ſein.

Die zweite Beſtimmung dagegen, daß die Konfiskation einzelner
Gegenſtände in den Nachlaß des Angeſchuldigten geltend gemacht werden
kann, auch wenn zu ſeinen Lebzeiten kein Urtheil ergangen iſt, trägt
allerdings einen ſingulären Charakter an ſich, und iſt namentlich mit
Rückſicht auf die Zollſtrafgeſetze aufgenommen worden. Man hat ſich
dafür auf die Behandlung des commissum nach Römiſchem Rechte, ſo
wie auf die bisher geltende Geſetzgebung berufen. s) Uebrigens iſt es
nur vorbehalten, die Konfiskation gegen den Nachlaß geltend zu machen,
ohne daß für die betreffenden Behörden eine allgemeine Verpflichtung
beſteht: „kann geltend gemacht werden“; und da die Konfiskation nicht
eher ſtatt findet, bevor ein rechtskräftiges Erkenntniß abgegeben iſt, ſo
muß ein ſolches, auch wenn der Angeſchuldigte geſtorben, erwirkt werden.

§. 21.

Die Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit be-
wirkt die Unfähigkeit, während der im Urtheil beſtimmten Zeit die im §. 12.
erwähnten Rechte auszuüben.

Die Zeit ſoll wenigſtens Ein Jahr und höchſtens zehn Jahre betragen.

Die Wirkungen der Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehren-
rechte beginnen mit der Rechtskraft des Urtheils, in welchem ſie ausgeſprochen
iſt. Die Dauer dieſer Strafe wird jedoch erſt von dem Tage an berechnet,
an welchem die Freiheitsſtrafe verbüßt iſt.


s) A. L. R. Th. I. Tit. 9. §. 364. Th. II. Tit. 20. §. 297. — Zollſtraf-
geſetz
vom 23. Jan. 1838. §. 22. (Geſ. S. S. 84.) — Vgl. überhaupt Reviſion
von 1845. I. S. 227. — Verhandlungen der Staatsraths- Kommiſſion
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[123/0133] §. 20. Verhaftung d. Nachlaſſes. §§. 21. 22. Zeitige Unterſag. d. bürgl. ꝛc. Handlung darſtellt,“ — nicht alſo, wenn Verletzungen einer bloßformellen Beſtimmung des Preßgeſetzes die Verurtheilung herbeigeführt haben. §. 20. Geldſtrafen können in den Nachlaß eines Angeſchuldigten nur dann voll- ſtreckt werden, wenn derſelbe bei Lebzeiten rechtskräftig verurtheilt worden iſt. Die Konfiskation einzelner Gegenſtände kann nach dem Tode des Ange- ſchuldigten in deſſen Nachlaß geltend gemacht werden, ſelbſt wenn zu ſeinen Lebzeiten noch kein Urtheil ergangen iſt. Die erſte Beſtimmung des Paragraphen entſpricht den allgemeinen Grundſätzen des Civilrechts; die Geldbuße, welche bei Lebzeiten des Angeſchuldigten rechtskräftig erkannt worden iſt, haftet wie eine Schuld auf dem Nachlaß. Von einer Beſtrafung unſchuldiger Erben kann hier keine Rede ſein. Die zweite Beſtimmung dagegen, daß die Konfiskation einzelner Gegenſtände in den Nachlaß des Angeſchuldigten geltend gemacht werden kann, auch wenn zu ſeinen Lebzeiten kein Urtheil ergangen iſt, trägt allerdings einen ſingulären Charakter an ſich, und iſt namentlich mit Rückſicht auf die Zollſtrafgeſetze aufgenommen worden. Man hat ſich dafür auf die Behandlung des commissum nach Römiſchem Rechte, ſo wie auf die bisher geltende Geſetzgebung berufen. s) Uebrigens iſt es nur vorbehalten, die Konfiskation gegen den Nachlaß geltend zu machen, ohne daß für die betreffenden Behörden eine allgemeine Verpflichtung beſteht: „kann geltend gemacht werden“; und da die Konfiskation nicht eher ſtatt findet, bevor ein rechtskräftiges Erkenntniß abgegeben iſt, ſo muß ein ſolches, auch wenn der Angeſchuldigte geſtorben, erwirkt werden. §. 21. Die Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit be- wirkt die Unfähigkeit, während der im Urtheil beſtimmten Zeit die im §. 12. erwähnten Rechte auszuüben. Die Zeit ſoll wenigſtens Ein Jahr und höchſtens zehn Jahre betragen. Die Wirkungen der Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehren- rechte beginnen mit der Rechtskraft des Urtheils, in welchem ſie ausgeſprochen iſt. Die Dauer dieſer Strafe wird jedoch erſt von dem Tage an berechnet, an welchem die Freiheitsſtrafe verbüßt iſt. s) A. L. R. Th. I. Tit. 9. §. 364. Th. II. Tit. 20. §. 297. — Zollſtraf- geſetz vom 23. Jan. 1838. §. 22. (Geſ. S. S. 84.) — Vgl. überhaupt Reviſion von 1845. I. S. 227. — Verhandlungen der Staatsraths- Kommiſſion von 1846. S. 26.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/133>, abgerufen am 19.04.2024.