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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. II. Die zweite Revision; 1838-43.

Revidirter Entwurf des Strafgesetzbuchs für die Königlich Preu-
ßischen Staaten. Berlin 1836. 8.

Diese Octavausgabe, von der Quartausgabe des Jahres 1833 wohl
zu unterscheiden, ward ohne Motive veröffentlicht; die Abänderungen
sind überhaupt in der Vorrede als nicht sehr erheblich bezeichnet; sie
stellen sich aber bei einer genaueren Vergleichung als sehr bedeutend
heraus. Zu den früher aufgestellten gesetzlichen Strafarten ist die kör-
perliche Züchtigung, die Ortsverweisung und der Verlust gewerblicher
Rechte hinzugekommen; auch im Fall der Freisprechung durch einen
Preußischen Gerichtshof soll, wenn sie in Folge Betrugs oder falschen
Zeugnisses herbeigeführt worden, die Wiederaufnahme der Untersuchung
und Bestrafung nicht ausgeschlossen sein. Die polizeilichen Strafvor-
schriften haben sich in dieser Ausgabe vermehrt, die Bestimmungen über
Hochverrath, verbotene Verbindungen u. s. w. alles Maaß überschritten e) .
Es ist von großem Nachtheil für das Revisionswerk gewesen, daß es
gerade an diesen Entwurf von 1836 gebunden ward; viele und schöne
Kräfte haben in dem weiteren Gange der Verhandlungen verwandt
werden müssen, um nur die an dem Entwurf von 1830 vorgenommenen
Abänderungen wieder zu beseitigen.

§. II.

Die zweite Revision; Arbeiten der Staatsraths-Kommission
und des Staatsraths
; 1838-42. Der Entwurf von 1843.

Die Revision des Strafrechts war mit dem Abschluß des Ent-
wurfs von 1836 soweit vorgeschritten, daß sie zur weiteren Verhandlung
an den Staatsrath gebracht werden konnte. Es mußte aber Bedacht
darauf genommen werden, das für die Arbeiten der Gesetzgebung im
Allgemeinen vorgeschriebene Verfahren abzukürzen und zu beschleunigen,
wenn nicht eine unverhältnißmäßige Verwendung von Arbeitskraft und
Zeit für dieses Werk stattfinden sollte. Zu diesem Behuf schlugen die

e) Beispielsweise führe ich einige Bestimmungen an. §. 150. Wer in der Ab-
sicht, hochverrätherische oder die Erhaltung des Staats sonst gefährdende Grundsätze
oder Gesinnungen, welche hochverrätherische Entwürfe oder Gesinnungen hervorrufen
oder befördern können, anzuregen oder zu verbreiten, und wer in öffentlichen oder
amtlichen Schriften oder Reden, solche Grundsätze, Gesinnungen und Unternehmungen
zu rechtfertigen, oder die Anhänglichkeit und Treue für den Landesherrn, den Staat
oder die Verfassung zu mindern versucht, soll nach der Schwere seines Verbrechens mit
zweijähriger Arbeitshaus- bis zu sechsjähriger Zuchthausstrafe belegt, und, wenn er
ein öffentlicher Beamter ist, seines Amtes jedenfalls entsetzt werden. -- §. 192. Eine
verbotene Gesellschaft oder Verbindung ist schon dann als vorhanden anzusehen, wenn
sie auch nur aus zwei Mitgliedern besteht.
§. II. Die zweite Reviſion; 1838-43.

Revidirter Entwurf des Strafgeſetzbuchs für die Königlich Preu-
ßiſchen Staaten. Berlin 1836. 8.

Dieſe Octavausgabe, von der Quartausgabe des Jahres 1833 wohl
zu unterſcheiden, ward ohne Motive veröffentlicht; die Abänderungen
ſind überhaupt in der Vorrede als nicht ſehr erheblich bezeichnet; ſie
ſtellen ſich aber bei einer genaueren Vergleichung als ſehr bedeutend
heraus. Zu den früher aufgeſtellten geſetzlichen Strafarten iſt die kör-
perliche Züchtigung, die Ortsverweiſung und der Verluſt gewerblicher
Rechte hinzugekommen; auch im Fall der Freiſprechung durch einen
Preußiſchen Gerichtshof ſoll, wenn ſie in Folge Betrugs oder falſchen
Zeugniſſes herbeigeführt worden, die Wiederaufnahme der Unterſuchung
und Beſtrafung nicht ausgeſchloſſen ſein. Die polizeilichen Strafvor-
ſchriften haben ſich in dieſer Ausgabe vermehrt, die Beſtimmungen über
Hochverrath, verbotene Verbindungen u. ſ. w. alles Maaß überſchritten e) .
Es iſt von großem Nachtheil für das Reviſionswerk geweſen, daß es
gerade an dieſen Entwurf von 1836 gebunden ward; viele und ſchöne
Kräfte haben in dem weiteren Gange der Verhandlungen verwandt
werden müſſen, um nur die an dem Entwurf von 1830 vorgenommenen
Abänderungen wieder zu beſeitigen.

§. II.

Die zweite Reviſion; Arbeiten der Staatsraths-Kommiſſion
und des Staatsraths
; 1838-42. Der Entwurf von 1843.

Die Reviſion des Strafrechts war mit dem Abſchluß des Ent-
wurfs von 1836 ſoweit vorgeſchritten, daß ſie zur weiteren Verhandlung
an den Staatsrath gebracht werden konnte. Es mußte aber Bedacht
darauf genommen werden, das für die Arbeiten der Geſetzgebung im
Allgemeinen vorgeſchriebene Verfahren abzukürzen und zu beſchleunigen,
wenn nicht eine unverhältnißmäßige Verwendung von Arbeitskraft und
Zeit für dieſes Werk ſtattfinden ſollte. Zu dieſem Behuf ſchlugen die

e) Beiſpielsweiſe führe ich einige Beſtimmungen an. §. 150. Wer in der Ab-
ſicht, hochverrätheriſche oder die Erhaltung des Staats ſonſt gefährdende Grundſätze
oder Geſinnungen, welche hochverrätheriſche Entwürfe oder Geſinnungen hervorrufen
oder befördern können, anzuregen oder zu verbreiten, und wer in öffentlichen oder
amtlichen Schriften oder Reden, ſolche Grundſätze, Geſinnungen und Unternehmungen
zu rechtfertigen, oder die Anhänglichkeit und Treue für den Landesherrn, den Staat
oder die Verfaſſung zu mindern verſucht, ſoll nach der Schwere ſeines Verbrechens mit
zweijähriger Arbeitshaus- bis zu ſechsjähriger Zuchthausſtrafe belegt, und, wenn er
ein öffentlicher Beamter iſt, ſeines Amtes jedenfalls entſetzt werden. — §. 192. Eine
verbotene Geſellſchaft oder Verbindung iſt ſchon dann als vorhanden anzuſehen, wenn
ſie auch nur aus zwei Mitgliedern beſteht.
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[7/0017] §. II. Die zweite Reviſion; 1838-43. Revidirter Entwurf des Strafgeſetzbuchs für die Königlich Preu- ßiſchen Staaten. Berlin 1836. 8. Dieſe Octavausgabe, von der Quartausgabe des Jahres 1833 wohl zu unterſcheiden, ward ohne Motive veröffentlicht; die Abänderungen ſind überhaupt in der Vorrede als nicht ſehr erheblich bezeichnet; ſie ſtellen ſich aber bei einer genaueren Vergleichung als ſehr bedeutend heraus. Zu den früher aufgeſtellten geſetzlichen Strafarten iſt die kör- perliche Züchtigung, die Ortsverweiſung und der Verluſt gewerblicher Rechte hinzugekommen; auch im Fall der Freiſprechung durch einen Preußiſchen Gerichtshof ſoll, wenn ſie in Folge Betrugs oder falſchen Zeugniſſes herbeigeführt worden, die Wiederaufnahme der Unterſuchung und Beſtrafung nicht ausgeſchloſſen ſein. Die polizeilichen Strafvor- ſchriften haben ſich in dieſer Ausgabe vermehrt, die Beſtimmungen über Hochverrath, verbotene Verbindungen u. ſ. w. alles Maaß überſchritten e) . Es iſt von großem Nachtheil für das Reviſionswerk geweſen, daß es gerade an dieſen Entwurf von 1836 gebunden ward; viele und ſchöne Kräfte haben in dem weiteren Gange der Verhandlungen verwandt werden müſſen, um nur die an dem Entwurf von 1830 vorgenommenen Abänderungen wieder zu beſeitigen. §. II. Die zweite Reviſion; Arbeiten der Staatsraths-Kommiſſion und des Staatsraths; 1838-42. Der Entwurf von 1843. Die Reviſion des Strafrechts war mit dem Abſchluß des Ent- wurfs von 1836 ſoweit vorgeſchritten, daß ſie zur weiteren Verhandlung an den Staatsrath gebracht werden konnte. Es mußte aber Bedacht darauf genommen werden, das für die Arbeiten der Geſetzgebung im Allgemeinen vorgeſchriebene Verfahren abzukürzen und zu beſchleunigen, wenn nicht eine unverhältnißmäßige Verwendung von Arbeitskraft und Zeit für dieſes Werk ſtattfinden ſollte. Zu dieſem Behuf ſchlugen die e) Beiſpielsweiſe führe ich einige Beſtimmungen an. §. 150. Wer in der Ab- ſicht, hochverrätheriſche oder die Erhaltung des Staats ſonſt gefährdende Grundſätze oder Geſinnungen, welche hochverrätheriſche Entwürfe oder Geſinnungen hervorrufen oder befördern können, anzuregen oder zu verbreiten, und wer in öffentlichen oder amtlichen Schriften oder Reden, ſolche Grundſätze, Geſinnungen und Unternehmungen zu rechtfertigen, oder die Anhänglichkeit und Treue für den Landesherrn, den Staat oder die Verfaſſung zu mindern verſucht, ſoll nach der Schwere ſeines Verbrechens mit zweijähriger Arbeitshaus- bis zu ſechsjähriger Zuchthausſtrafe belegt, und, wenn er ein öffentlicher Beamter iſt, ſeines Amtes jedenfalls entſetzt werden. — §. 192. Eine verbotene Geſellſchaft oder Verbindung iſt ſchon dann als vorhanden anzuſehen, wenn ſie auch nur aus zwei Mitgliedern beſteht.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/17>, abgerufen am 18.04.2024.