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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 67-71. Landesverrath.
§. 69.

Ein Preuße, welcher während eines gegen Preußen ausgebrochenen Krieges
einer feindlichen Macht wissentlich Vorschub leistet, oder den Truppen Preu-
ßens oder seiner Bundesgenossen wissentlich Nachtheil zufügt, wird mit Zucht-
haus bis zu zehn Jahren bestraft.

Die Todesstrafe tritt ein, wenn der Thäter:

1) Festungen, Pässe, besetzte Plätze oder andere Vertheidigungsposten, in-
gleichen Preußische oder verbündete Truppen oder einzelne Offiziere oder
Soldaten in feindliche Gewalt bringt;
2) Festungswerke, Kriegsschiffe, Kassen, Zeughäuser, Magazine oder andere
Vorräthe von Waffen, Munition oder anderen Kriegsbedürfnissen in
feindliche Gewalt bringt, zerstört oder unbrauchbar macht;
3) dem Feinde Mannschaften zuführt, oder Soldaten des Preußischen oder
verbündeten Heeres verleitet, zum Feinde überzugehen;
4) Operationspläne oder Pläne von Festungen oder festen Stellungen dem
Feinde mittheilt;
5) dem Feinde als Spion dient, oder feindliche Spione aufnimmt, verbirgt
oder ihnen Beistand leistet, oder
6) einen Aufstand unter den Preußischen oder verbündeten Truppen erregt.
§. 70.

Gegen Ausländer ist wegen der in den §§. 67. und 69. erwähnten Hand-
lungen nach dem Kriegsgebrauche zu verfahren.

Begehen sie aber solche Handlungen, während sie unter dem Schutze Preu-
ßens in dessen Gebiete sich aufhalten, so kommen die in den §§. 67. und 69.
bestimmten Strafen zur Anwendung.

§. 71.

Wer vorsätzlich:

1) Staatsgeheimnisse, oder Festungspläne, oder solche Urkunden, Akten-
stücke oder Nachrichten, von denen er weiß, daß das Wohl des Staates
deren Geheimhaltung, einer fremden Regierung gegenüber, erfordert,
dieser Regierung mittheilt oder öffentlich bekannt macht, oder
2) zur Gefährdung der Rechte des Staates im Verhältniß zu einer frem-
den Regierung die darüber sprechenden Urkunden oder Beweismittel
vernichtet, verfälscht oder unterdrückt, oder
3) ein ihm aufgetragenes Staatsgeschäft mit einer fremden Regierung zum
Nachtheil Preußens führt, wird mit Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig
Jahren bestraft.


Die Bestimmungen des Gesetzbuchs über den Landesverrath zerfal
len in zwei Abtheilungen, je nachdem derselbe sich nämlich auf den Krieg
oder auf Verhältnisse anderer Art bezieht.

A. Der Landesverrath in Beziehung auf den Krieg.

Hierüber wird in den §§. 67-70. gehandelt, in denen der That-
bestand und die Bestrafung des Verbrechens für die einzelnen Fälle näher
festgestellt sind.


16*
§§. 67-71. Landesverrath.
§. 69.

Ein Preuße, welcher während eines gegen Preußen ausgebrochenen Krieges
einer feindlichen Macht wiſſentlich Vorſchub leiſtet, oder den Truppen Preu-
ßens oder ſeiner Bundesgenoſſen wiſſentlich Nachtheil zufügt, wird mit Zucht-
haus bis zu zehn Jahren beſtraft.

Die Todesſtrafe tritt ein, wenn der Thäter:

1) Feſtungen, Päſſe, beſetzte Plätze oder andere Vertheidigungspoſten, in-
gleichen Preußiſche oder verbündete Truppen oder einzelne Offiziere oder
Soldaten in feindliche Gewalt bringt;
2) Feſtungswerke, Kriegsſchiffe, Kaſſen, Zeughäuſer, Magazine oder andere
Vorräthe von Waffen, Munition oder anderen Kriegsbedürfniſſen in
feindliche Gewalt bringt, zerſtört oder unbrauchbar macht;
3) dem Feinde Mannſchaften zuführt, oder Soldaten des Preußiſchen oder
verbündeten Heeres verleitet, zum Feinde überzugehen;
4) Operationspläne oder Pläne von Feſtungen oder feſten Stellungen dem
Feinde mittheilt;
5) dem Feinde als Spion dient, oder feindliche Spione aufnimmt, verbirgt
oder ihnen Beiſtand leiſtet, oder
6) einen Aufſtand unter den Preußiſchen oder verbündeten Truppen erregt.
§. 70.

Gegen Ausländer iſt wegen der in den §§. 67. und 69. erwähnten Hand-
lungen nach dem Kriegsgebrauche zu verfahren.

Begehen ſie aber ſolche Handlungen, während ſie unter dem Schutze Preu-
ßens in deſſen Gebiete ſich aufhalten, ſo kommen die in den §§. 67. und 69.
beſtimmten Strafen zur Anwendung.

§. 71.

Wer vorſätzlich:

1) Staatsgeheimniſſe, oder Feſtungspläne, oder ſolche Urkunden, Akten-
ſtücke oder Nachrichten, von denen er weiß, daß das Wohl des Staates
deren Geheimhaltung, einer fremden Regierung gegenüber, erfordert,
dieſer Regierung mittheilt oder öffentlich bekannt macht, oder
2) zur Gefährdung der Rechte des Staates im Verhältniß zu einer frem-
den Regierung die darüber ſprechenden Urkunden oder Beweismittel
vernichtet, verfälſcht oder unterdrückt, oder
3) ein ihm aufgetragenes Staatsgeſchäft mit einer fremden Regierung zum
Nachtheil Preußens führt, wird mit Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig
Jahren beſtraft.


Die Beſtimmungen des Geſetzbuchs über den Landesverrath zerfal
len in zwei Abtheilungen, je nachdem derſelbe ſich nämlich auf den Krieg
oder auf Verhältniſſe anderer Art bezieht.

A. Der Landesverrath in Beziehung auf den Krieg.

Hierüber wird in den §§. 67-70. gehandelt, in denen der That-
beſtand und die Beſtrafung des Verbrechens für die einzelnen Fälle näher
feſtgeſtellt ſind.


16*
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[235/0245] §§. 67-71. Landesverrath. §. 69. Ein Preuße, welcher während eines gegen Preußen ausgebrochenen Krieges einer feindlichen Macht wiſſentlich Vorſchub leiſtet, oder den Truppen Preu- ßens oder ſeiner Bundesgenoſſen wiſſentlich Nachtheil zufügt, wird mit Zucht- haus bis zu zehn Jahren beſtraft. Die Todesſtrafe tritt ein, wenn der Thäter: 1) Feſtungen, Päſſe, beſetzte Plätze oder andere Vertheidigungspoſten, in- gleichen Preußiſche oder verbündete Truppen oder einzelne Offiziere oder Soldaten in feindliche Gewalt bringt; 2) Feſtungswerke, Kriegsſchiffe, Kaſſen, Zeughäuſer, Magazine oder andere Vorräthe von Waffen, Munition oder anderen Kriegsbedürfniſſen in feindliche Gewalt bringt, zerſtört oder unbrauchbar macht; 3) dem Feinde Mannſchaften zuführt, oder Soldaten des Preußiſchen oder verbündeten Heeres verleitet, zum Feinde überzugehen; 4) Operationspläne oder Pläne von Feſtungen oder feſten Stellungen dem Feinde mittheilt; 5) dem Feinde als Spion dient, oder feindliche Spione aufnimmt, verbirgt oder ihnen Beiſtand leiſtet, oder 6) einen Aufſtand unter den Preußiſchen oder verbündeten Truppen erregt. §. 70. Gegen Ausländer iſt wegen der in den §§. 67. und 69. erwähnten Hand- lungen nach dem Kriegsgebrauche zu verfahren. Begehen ſie aber ſolche Handlungen, während ſie unter dem Schutze Preu- ßens in deſſen Gebiete ſich aufhalten, ſo kommen die in den §§. 67. und 69. beſtimmten Strafen zur Anwendung. §. 71. Wer vorſätzlich: 1) Staatsgeheimniſſe, oder Feſtungspläne, oder ſolche Urkunden, Akten- ſtücke oder Nachrichten, von denen er weiß, daß das Wohl des Staates deren Geheimhaltung, einer fremden Regierung gegenüber, erfordert, dieſer Regierung mittheilt oder öffentlich bekannt macht, oder 2) zur Gefährdung der Rechte des Staates im Verhältniß zu einer frem- den Regierung die darüber ſprechenden Urkunden oder Beweismittel vernichtet, verfälſcht oder unterdrückt, oder 3) ein ihm aufgetragenes Staatsgeſchäft mit einer fremden Regierung zum Nachtheil Preußens führt, wird mit Zuchthaus von fünf bis zu zwanzig Jahren beſtraft. Die Beſtimmungen des Geſetzbuchs über den Landesverrath zerfal len in zwei Abtheilungen, je nachdem derſelbe ſich nämlich auf den Krieg oder auf Verhältniſſe anderer Art bezieht. A. Der Landesverrath in Beziehung auf den Krieg. Hierüber wird in den §§. 67-70. gehandelt, in denen der That- beſtand und die Beſtrafung des Verbrechens für die einzelnen Fälle näher feſtgeſtellt ſind. 16*

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/245>, abgerufen am 19.04.2024.