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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 82-86. Verbr. u. Verg. in Bezieh. a. d. Ausübung staatsbürg. Rechte.
Vierter Titel.
Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung
der staatsbürgerlichen Rechte.
§. 82.

Wer es unternimmt, eine der beiden Kammern gewaltsam auseinander zu
sprengen, zur Fassung oder Unterlassung von Beschlüssen zu zwingen, oder
Mitglieder aus derselben gewaltsam zu entfernen, wird mit Zuchthaus vonzehn
bis zu zwanzig Jahren bestraft.

§. 83.

Wer ein Mitglied einer der beiden Kammern durch Gewalt oder durch Be-
drohung mit der Verübung eines Verbrechens oder Vergehens gegen dasselbe
verhindert, sich an den Ort der Versammlung zu begeben oder zu stimmen,
wird mit Zuchthaus bis zu acht Jahren bestraft.

§. 84.

Wer auf die im §. 83. angegebene Weise Staatsangehörige verhindert oder
zu verhindern versucht, in Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Rechte zu wählen
oder zu stimmen, soll mit Gefängniß nicht unter Einem Jahre bestraft werden.

§. 85.

Wer, mit der Sammlung der Wahl- oder Stimmzettel oder Zeichen beauf-
tragt, vorsätzlich die rechtmäßige Anzahl derselben vermehrt oder vermindert,
oder einen Zettel oder ein Zeichen verfälscht, oder vertauscht, oder auf die Zet-
tel derjenigen Personen, die nicht schreiben können, andere als die angegebe-
nen Namen schreibt, ingleichen wer, bei einer Wahlhandlung mit der Führung
des Protokolls beauftragt, andere als die angegebenen Namen
niederschreibt,
wird mit Gefängniß von Einem bis zu drei Jahren bestraft.

War der Thäter nicht mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder mit
einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeschäfte beauftragt, so ist die Strafe
Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren.

In beiden Fällen ist zugleich auf zeitige Untersagung der Ausübung der
bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen.

§. 86.

Wer eine Wahlstimme kauft oder verkauft, wird mit Gefängniß von drei
Monaten bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann gegen denselben auf zeitige
Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.



Diese dem Code penal (Art. 109-13.) nachgebildeten Bestim-
mungen finden sich erst in dem Entwurf von 1850., und sind durch die
seit der Berathung der früheren Entwürfe eingetretene Veränderung in der
Staatsverfassung hervorgerufen worden. Es werden dadurch Handlun-

§§. 82-86. Verbr. u. Verg. in Bezieh. a. d. Ausübung ſtaatsbürg. Rechte.
Vierter Titel.
Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung
der ſtaatsbürgerlichen Rechte.
§. 82.

Wer es unternimmt, eine der beiden Kammern gewaltſam auseinander zu
ſprengen, zur Faſſung oder Unterlaſſung von Beſchlüſſen zu zwingen, oder
Mitglieder aus derſelben gewaltſam zu entfernen, wird mit Zuchthaus vonzehn
bis zu zwanzig Jahren beſtraft.

§. 83.

Wer ein Mitglied einer der beiden Kammern durch Gewalt oder durch Be-
drohung mit der Verübung eines Verbrechens oder Vergehens gegen daſſelbe
verhindert, ſich an den Ort der Verſammlung zu begeben oder zu ſtimmen,
wird mit Zuchthaus bis zu acht Jahren beſtraft.

§. 84.

Wer auf die im §. 83. angegebene Weiſe Staatsangehörige verhindert oder
zu verhindern verſucht, in Ausübung ihrer ſtaatsbürgerlichen Rechte zu wählen
oder zu ſtimmen, ſoll mit Gefängniß nicht unter Einem Jahre beſtraft werden.

§. 85.

Wer, mit der Sammlung der Wahl- oder Stimmzettel oder Zeichen beauf-
tragt, vorſätzlich die rechtmäßige Anzahl derſelben vermehrt oder vermindert,
oder einen Zettel oder ein Zeichen verfälſcht, oder vertauſcht, oder auf die Zet-
tel derjenigen Perſonen, die nicht ſchreiben können, andere als die angegebe-
nen Namen ſchreibt, ingleichen wer, bei einer Wahlhandlung mit der Führung
des Protokolls beauftragt, andere als die angegebenen Namen
niederſchreibt,
wird mit Gefängniß von Einem bis zu drei Jahren beſtraft.

War der Thäter nicht mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder mit
einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeſchäfte beauftragt, ſo iſt die Strafe
Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren.

In beiden Fällen iſt zugleich auf zeitige Unterſagung der Ausübung der
bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen.

§. 86.

Wer eine Wahlſtimme kauft oder verkauft, wird mit Gefängniß von drei
Monaten bis zu zwei Jahren beſtraft; auch kann gegen denſelben auf zeitige
Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.



Dieſe dem Code pénal (Art. 109-13.) nachgebildeten Beſtim-
mungen finden ſich erſt in dem Entwurf von 1850., und ſind durch die
ſeit der Berathung der früheren Entwürfe eingetretene Veränderung in der
Staatsverfaſſung hervorgerufen worden. Es werden dadurch Handlun-

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[247/0257] §§. 82-86. Verbr. u. Verg. in Bezieh. a. d. Ausübung ſtaatsbürg. Rechte. Vierter Titel. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung der ſtaatsbürgerlichen Rechte. §. 82. Wer es unternimmt, eine der beiden Kammern gewaltſam auseinander zu ſprengen, zur Faſſung oder Unterlaſſung von Beſchlüſſen zu zwingen, oder Mitglieder aus derſelben gewaltſam zu entfernen, wird mit Zuchthaus vonzehn bis zu zwanzig Jahren beſtraft. §. 83. Wer ein Mitglied einer der beiden Kammern durch Gewalt oder durch Be- drohung mit der Verübung eines Verbrechens oder Vergehens gegen daſſelbe verhindert, ſich an den Ort der Verſammlung zu begeben oder zu ſtimmen, wird mit Zuchthaus bis zu acht Jahren beſtraft. §. 84. Wer auf die im §. 83. angegebene Weiſe Staatsangehörige verhindert oder zu verhindern verſucht, in Ausübung ihrer ſtaatsbürgerlichen Rechte zu wählen oder zu ſtimmen, ſoll mit Gefängniß nicht unter Einem Jahre beſtraft werden. §. 85. Wer, mit der Sammlung der Wahl- oder Stimmzettel oder Zeichen beauf- tragt, vorſätzlich die rechtmäßige Anzahl derſelben vermehrt oder vermindert, oder einen Zettel oder ein Zeichen verfälſcht, oder vertauſcht, oder auf die Zet- tel derjenigen Perſonen, die nicht ſchreiben können, andere als die angegebe- nen Namen ſchreibt, ingleichen wer, bei einer Wahlhandlung mit der Führung des Protokolls beauftragt, andere als die angegebenen Namen niederſchreibt, wird mit Gefängniß von Einem bis zu drei Jahren beſtraft. War der Thäter nicht mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder mit einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeſchäfte beauftragt, ſo iſt die Strafe Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren. In beiden Fällen iſt zugleich auf zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen. §. 86. Wer eine Wahlſtimme kauft oder verkauft, wird mit Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren beſtraft; auch kann gegen denſelben auf zeitige Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieſe dem Code pénal (Art. 109-13.) nachgebildeten Beſtim- mungen finden ſich erſt in dem Entwurf von 1850., und ſind durch die ſeit der Berathung der früheren Entwürfe eingetretene Veränderung in der Staatsverfaſſung hervorgerufen worden. Es werden dadurch Handlun-

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/257>, abgerufen am 24.04.2024.