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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 214. Verletzung des Hausrechts.
einer höheren Strafsatzung am Schluß des Titels von den gemeinge-
fährlichen Verbrechen vorkommt, wird in dem gemeinen Deutschen
Kriminalrecht als Landzwang bezeichnet. r) Auf die Absicht der
Drohung kommt es hierbei nicht an; die Thatsache, daß sie gemacht
worden, begründet schon an sich eine Strafe, welche in Gefängniß von
zwei Monaten bis zu Einem Jahre besteht.

§. 214.

Wenn mehrere Personen sich zusammenrotten und in die Wohnung, das
Geschäftszimmer oder das befriedigte Besitzthum eines Anderen, oder in abge-
schlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienste bestimmt sind, widerrechtlich
eindringen, so werden dieselben mit Gefängniß von Einer Woche bis zu Einem
Jahre bestraft.



Es ist ein wesentliches Verdienst des Allgemeinen Landrechts, daß
es manche Grundsätze und Institute des Deutschen Rechts, welche unter
den Händen der Juristen verkommen waren, wieder zur Anerkennung
und Geltung gebracht hat. Aus dieser Richtung des Gesetzbuchs sind
namentlich auch die Bestimmungen hervorgegangen, welche es (Th. II.
Tit. 20. §. 525-32.) zum Schutz des Hausrechts gegen rechtswidrige
Verletzungen desselben durch Privatpersonen (Heimsuchung) aufgestellt
hat, indem es sich mit der erhöhten Strafe des mittelst Einbrechens oder
Einsteigens verübten Diebstahls nicht begnügte. Die Revision hat dieses
Princip, daß das Haus, die Wohnung unter einen besonderen Frieden
zu stellen sei, festgehalten und weiter ausgeführt, indem namentlich auch
die zum öffentlichen Dienst bestimmten abgeschlossenen Räume desselben
Schutzes theilhaftig wurden. s) Der Entwurf von 1843. bestimmte
hierüber:

§. 365. "Wer widerrechtlich in das Haus, die Wohnung, das
Geschäftszimmer oder das befriedigte Besitzthum eines Andern, oder in
abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienste bestimmt sind,
eindringt, oder, wenn er ohne Befugniß darin verweilt, auf geschehene
Aufforderung sich nicht entfernt, ist auf Antrag des Beleidigten mit
Geldbuße bis zu einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei

r) P. G. O. Art. 128. Jtem, nachdem sich vielfeltig begibt, daß mutwillige person,
die leut wider recht unnd billicheit betröhen, entweichen und außtretten, -- -- des-
halb solche für recht landtzwinger gehalten werden sollen. -- --
s) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. II.
S. 289. 290. -- Frieden im Sinne des älteren Deutschen Rechts ist der geordnete
und gesicherte Rechtszustand unter der Herrschaft des Rechts; es wird aber auch der
besondere Schutz, der einzelnen Personen, Sachen und Verhältnissen durch das Recht
gewährt wird, darunter verstanden.

§. 214. Verletzung des Hausrechts.
einer höheren Strafſatzung am Schluß des Titels von den gemeinge-
fährlichen Verbrechen vorkommt, wird in dem gemeinen Deutſchen
Kriminalrecht als Landzwang bezeichnet. r) Auf die Abſicht der
Drohung kommt es hierbei nicht an; die Thatſache, daß ſie gemacht
worden, begründet ſchon an ſich eine Strafe, welche in Gefängniß von
zwei Monaten bis zu Einem Jahre beſteht.

§. 214.

Wenn mehrere Perſonen ſich zuſammenrotten und in die Wohnung, das
Geſchäftszimmer oder das befriedigte Beſitzthum eines Anderen, oder in abge-
ſchloſſene Räume, welche zum öffentlichen Dienſte beſtimmt ſind, widerrechtlich
eindringen, ſo werden dieſelben mit Gefängniß von Einer Woche bis zu Einem
Jahre beſtraft.



Es iſt ein weſentliches Verdienſt des Allgemeinen Landrechts, daß
es manche Grundſätze und Inſtitute des Deutſchen Rechts, welche unter
den Händen der Juriſten verkommen waren, wieder zur Anerkennung
und Geltung gebracht hat. Aus dieſer Richtung des Geſetzbuchs ſind
namentlich auch die Beſtimmungen hervorgegangen, welche es (Th. II.
Tit. 20. §. 525-32.) zum Schutz des Hausrechts gegen rechtswidrige
Verletzungen deſſelben durch Privatperſonen (Heimſuchung) aufgeſtellt
hat, indem es ſich mit der erhöhten Strafe des mittelſt Einbrechens oder
Einſteigens verübten Diebſtahls nicht begnügte. Die Reviſion hat dieſes
Princip, daß das Haus, die Wohnung unter einen beſonderen Frieden
zu ſtellen ſei, feſtgehalten und weiter ausgeführt, indem namentlich auch
die zum öffentlichen Dienſt beſtimmten abgeſchloſſenen Räume deſſelben
Schutzes theilhaftig wurden. s) Der Entwurf von 1843. beſtimmte
hierüber:

§. 365. „Wer widerrechtlich in das Haus, die Wohnung, das
Geſchäftszimmer oder das befriedigte Beſitzthum eines Andern, oder in
abgeſchloſſene Räume, welche zum öffentlichen Dienſte beſtimmt ſind,
eindringt, oder, wenn er ohne Befugniß darin verweilt, auf geſchehene
Aufforderung ſich nicht entfernt, iſt auf Antrag des Beleidigten mit
Geldbuße bis zu einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei

r) P. G. O. Art. 128. Jtem, nachdem ſich vielfeltig begibt, daß mutwillige perſon,
die leut wider recht unnd billicheit betröhen, entweichen und außtretten, — — des-
halb ſolche für recht landtzwinger gehalten werden ſollen. — —
s) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II.
S. 289. 290. — Frieden im Sinne des älteren Deutſchen Rechts iſt der geordnete
und geſicherte Rechtszuſtand unter der Herrſchaft des Rechts; es wird aber auch der
beſondere Schutz, der einzelnen Perſonen, Sachen und Verhältniſſen durch das Recht
gewährt wird, darunter verſtanden.
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[403/0413] §. 214. Verletzung des Hausrechts. einer höheren Strafſatzung am Schluß des Titels von den gemeinge- fährlichen Verbrechen vorkommt, wird in dem gemeinen Deutſchen Kriminalrecht als Landzwang bezeichnet. r) Auf die Abſicht der Drohung kommt es hierbei nicht an; die Thatſache, daß ſie gemacht worden, begründet ſchon an ſich eine Strafe, welche in Gefängniß von zwei Monaten bis zu Einem Jahre beſteht. §. 214. Wenn mehrere Perſonen ſich zuſammenrotten und in die Wohnung, das Geſchäftszimmer oder das befriedigte Beſitzthum eines Anderen, oder in abge- ſchloſſene Räume, welche zum öffentlichen Dienſte beſtimmt ſind, widerrechtlich eindringen, ſo werden dieſelben mit Gefängniß von Einer Woche bis zu Einem Jahre beſtraft. Es iſt ein weſentliches Verdienſt des Allgemeinen Landrechts, daß es manche Grundſätze und Inſtitute des Deutſchen Rechts, welche unter den Händen der Juriſten verkommen waren, wieder zur Anerkennung und Geltung gebracht hat. Aus dieſer Richtung des Geſetzbuchs ſind namentlich auch die Beſtimmungen hervorgegangen, welche es (Th. II. Tit. 20. §. 525-32.) zum Schutz des Hausrechts gegen rechtswidrige Verletzungen deſſelben durch Privatperſonen (Heimſuchung) aufgeſtellt hat, indem es ſich mit der erhöhten Strafe des mittelſt Einbrechens oder Einſteigens verübten Diebſtahls nicht begnügte. Die Reviſion hat dieſes Princip, daß das Haus, die Wohnung unter einen beſonderen Frieden zu ſtellen ſei, feſtgehalten und weiter ausgeführt, indem namentlich auch die zum öffentlichen Dienſt beſtimmten abgeſchloſſenen Räume deſſelben Schutzes theilhaftig wurden. s) Der Entwurf von 1843. beſtimmte hierüber: §. 365. „Wer widerrechtlich in das Haus, die Wohnung, das Geſchäftszimmer oder das befriedigte Beſitzthum eines Andern, oder in abgeſchloſſene Räume, welche zum öffentlichen Dienſte beſtimmt ſind, eindringt, oder, wenn er ohne Befugniß darin verweilt, auf geſchehene Aufforderung ſich nicht entfernt, iſt auf Antrag des Beleidigten mit Geldbuße bis zu einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei r) P. G. O. Art. 128. Jtem, nachdem ſich vielfeltig begibt, daß mutwillige perſon, die leut wider recht unnd billicheit betröhen, entweichen und außtretten, — — des- halb ſolche für recht landtzwinger gehalten werden ſollen. — — s) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. II. S. 289. 290. — Frieden im Sinne des älteren Deutſchen Rechts iſt der geordnete und geſicherte Rechtszuſtand unter der Herrſchaft des Rechts; es wird aber auch der beſondere Schutz, der einzelnen Perſonen, Sachen und Verhältniſſen durch das Recht gewährt wird, darunter verſtanden.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/413>, abgerufen am 25.04.2024.