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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XIX. Raub und Erpressung.
1) wenn der Räuber oder einer der Räuber oder Theilnehmer am Raube
Waffen bei sich führt;
2) wenn zu dem Raube zwei oder mehrere Personen als Urheber oder
Theilnehmer mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Verübung von Raub
oder Diebstahl verbunden haben;
3) wenn der Raub auf einem öffentlichen Wege oder Platze verübt wird.
§. 233.

Der Raub wird mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft:

1) wenn der Räuber schon einmal wegen Raubes oder gewaltsamer Er-
pressung durch einen Preußischen Gerichtshof rechtskräftig verurtheilt
worden ist; der §. 60. findet hier keine Anwendung;
2) wenn bei dem Raube ein Mensch gemartert oder verstümmelt, der
Sprache, des Gesichts, des Gehörs oder der Zeugungsfähigkeit beraubt,
oder durch Mißhandlung oder Körperverletzung in eine Geisteskrankheit
versetzt, oder länger als zwanzig Tage krank oder arbeitsunfähig ge-
worden ist;
3) wenn bei dem Raube der Tod eines Menschen durch Mißhandlung oder
Körperverletzung verursacht ist.


I. Die früheren Entwürfe hatten die Strafe des Raubes sehr
hoch gegriffen, und das höchste Maaß derselben, auch wenn keine gesetz-
lichen Erschwerungsgründe vorliegen, auf lebenslängliches Zuchthaus
festgesetzt. Nur der Entwurf von 1845. wich auch in dieser Beziehung
von dem bisher befolgten Systeme ab, indem er im §. 266. Zuchthaus
von zwei bis zu zehn Jahren als die gewöhnliche Strafe des Raubes
anordnete. Es wurde namentlich mit Bezugnahme auf mehrere Mo-
nenten bemerkt, daß die lebenslängliche Zuchthausstrafe sich in diesem
Fall nicht rechtfertige, und daß der Spielraum zwischen fünfjährigem
und lebenslänglichem Zuchthaus auch deswegen zu groß erscheine, weil
dadurch bei Schwurgerichten der Uebelstand herbeigeführt würde, daß die
Entscheidung in zu überwiegendem Maaße dem Richterkollegium zufalle. v)
Indessen wurden diese Bemerkungen in den nächstfolgenden Stadien der
Revision nicht beachtet, und erst der Entwurf von 1850. nahm darauf
in soweit Rücksicht, als es im Gesetzbuch (§. 231.) ausgesprochen ist. w)

II. In folgenden Fällen tritt Zuchthaus von zehn bis zu zwanzig
Jahren ein (§. 232.).

a. Wenn der Räuber oder einer der Räuber oder ein Theilnehmer
am Raube Waffen bei sich führt. Die Bestimmung entspricht genau
der, §. 218. Nr. 7. über den Diebstahl mit Waffen aufgestellten.


v) Revision a. a. O. S. 27. 28.
w) Motive zum Entwurf von 1850. §. 212-15.
Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XIX. Raub und Erpreſſung.
1) wenn der Räuber oder einer der Räuber oder Theilnehmer am Raube
Waffen bei ſich führt;
2) wenn zu dem Raube zwei oder mehrere Perſonen als Urheber oder
Theilnehmer mitwirken, welche ſich zur fortgeſetzten Verübung von Raub
oder Diebſtahl verbunden haben;
3) wenn der Raub auf einem öffentlichen Wege oder Platze verübt wird.
§. 233.

Der Raub wird mit lebenslänglichem Zuchthaus beſtraft:

1) wenn der Räuber ſchon einmal wegen Raubes oder gewaltſamer Er-
preſſung durch einen Preußiſchen Gerichtshof rechtskräftig verurtheilt
worden iſt; der §. 60. findet hier keine Anwendung;
2) wenn bei dem Raube ein Menſch gemartert oder verſtümmelt, der
Sprache, des Geſichts, des Gehörs oder der Zeugungsfähigkeit beraubt,
oder durch Mißhandlung oder Körperverletzung in eine Geiſteskrankheit
verſetzt, oder länger als zwanzig Tage krank oder arbeitsunfähig ge-
worden iſt;
3) wenn bei dem Raube der Tod eines Menſchen durch Mißhandlung oder
Körperverletzung verurſacht iſt.


I. Die früheren Entwürfe hatten die Strafe des Raubes ſehr
hoch gegriffen, und das höchſte Maaß derſelben, auch wenn keine geſetz-
lichen Erſchwerungsgründe vorliegen, auf lebenslängliches Zuchthaus
feſtgeſetzt. Nur der Entwurf von 1845. wich auch in dieſer Beziehung
von dem bisher befolgten Syſteme ab, indem er im §. 266. Zuchthaus
von zwei bis zu zehn Jahren als die gewöhnliche Strafe des Raubes
anordnete. Es wurde namentlich mit Bezugnahme auf mehrere Mo-
nenten bemerkt, daß die lebenslängliche Zuchthausſtrafe ſich in dieſem
Fall nicht rechtfertige, und daß der Spielraum zwiſchen fünfjährigem
und lebenslänglichem Zuchthaus auch deswegen zu groß erſcheine, weil
dadurch bei Schwurgerichten der Uebelſtand herbeigeführt würde, daß die
Entſcheidung in zu überwiegendem Maaße dem Richterkollegium zufalle. v)
Indeſſen wurden dieſe Bemerkungen in den nächſtfolgenden Stadien der
Reviſion nicht beachtet, und erſt der Entwurf von 1850. nahm darauf
in ſoweit Rückſicht, als es im Geſetzbuch (§. 231.) ausgeſprochen iſt. w)

II. In folgenden Fällen tritt Zuchthaus von zehn bis zu zwanzig
Jahren ein (§. 232.).

a. Wenn der Räuber oder einer der Räuber oder ein Theilnehmer
am Raube Waffen bei ſich führt. Die Beſtimmung entſpricht genau
der, §. 218. Nr. 7. über den Diebſtahl mit Waffen aufgeſtellten.


v) Reviſion a. a. O. S. 27. 28.
w) Motive zum Entwurf von 1850. §. 212-15.
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[444/0454] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XIX. Raub und Erpreſſung. 1) wenn der Räuber oder einer der Räuber oder Theilnehmer am Raube Waffen bei ſich führt; 2) wenn zu dem Raube zwei oder mehrere Perſonen als Urheber oder Theilnehmer mitwirken, welche ſich zur fortgeſetzten Verübung von Raub oder Diebſtahl verbunden haben; 3) wenn der Raub auf einem öffentlichen Wege oder Platze verübt wird. §. 233. Der Raub wird mit lebenslänglichem Zuchthaus beſtraft: 1) wenn der Räuber ſchon einmal wegen Raubes oder gewaltſamer Er- preſſung durch einen Preußiſchen Gerichtshof rechtskräftig verurtheilt worden iſt; der §. 60. findet hier keine Anwendung; 2) wenn bei dem Raube ein Menſch gemartert oder verſtümmelt, der Sprache, des Geſichts, des Gehörs oder der Zeugungsfähigkeit beraubt, oder durch Mißhandlung oder Körperverletzung in eine Geiſteskrankheit verſetzt, oder länger als zwanzig Tage krank oder arbeitsunfähig ge- worden iſt; 3) wenn bei dem Raube der Tod eines Menſchen durch Mißhandlung oder Körperverletzung verurſacht iſt. I. Die früheren Entwürfe hatten die Strafe des Raubes ſehr hoch gegriffen, und das höchſte Maaß derſelben, auch wenn keine geſetz- lichen Erſchwerungsgründe vorliegen, auf lebenslängliches Zuchthaus feſtgeſetzt. Nur der Entwurf von 1845. wich auch in dieſer Beziehung von dem bisher befolgten Syſteme ab, indem er im §. 266. Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren als die gewöhnliche Strafe des Raubes anordnete. Es wurde namentlich mit Bezugnahme auf mehrere Mo- nenten bemerkt, daß die lebenslängliche Zuchthausſtrafe ſich in dieſem Fall nicht rechtfertige, und daß der Spielraum zwiſchen fünfjährigem und lebenslänglichem Zuchthaus auch deswegen zu groß erſcheine, weil dadurch bei Schwurgerichten der Uebelſtand herbeigeführt würde, daß die Entſcheidung in zu überwiegendem Maaße dem Richterkollegium zufalle. v) Indeſſen wurden dieſe Bemerkungen in den nächſtfolgenden Stadien der Reviſion nicht beachtet, und erſt der Entwurf von 1850. nahm darauf in ſoweit Rückſicht, als es im Geſetzbuch (§. 231.) ausgeſprochen iſt. w) II. In folgenden Fällen tritt Zuchthaus von zehn bis zu zwanzig Jahren ein (§. 232.). a. Wenn der Räuber oder einer der Räuber oder ein Theilnehmer am Raube Waffen bei ſich führt. Die Beſtimmung entſpricht genau der, §. 218. Nr. 7. über den Diebſtahl mit Waffen aufgeſtellten. v) Reviſion a. a. O. S. 27. 28. w) Motive zum Entwurf von 1850. §. 212-15.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/454>, abgerufen am 28.03.2024.