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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXI. Betrug.
mit dem Unterdrücken von wahren Thatsachen; denn das Letztere setze
ein Verhindern der Erkenntniß der Wahrheit durch positives Handeln
voraus. r)

V. Eine besondere Erörterung hat noch statt gefunden über die
Frage, ob es angemessen sei, nach dem Vorgange der meisten neueren
Gesetzgebungen, bei dem Betruge, welcher bei Eingehung oder Vollzie-
hung eines Vertrages begangen worden, gewisse, die Grenzen des Ver-
gehens beschränkende Vorschriften zu erlassen. Es ist in dieser Hinsicht
von andern Gesetzgebungen theils zwischen dem dolus causam dans
und incidens unterschieden, theils die Strafe nur auf Antrag des Ver-
letzten zugelassen worden. Es erschien aber überhaupt nicht erforderlich,
in Ansehung des Betrugs bei Verträgen die allgemeinen Vorschriften zu
modifiziren; weder die Natur des Vergehens im Allgemeinen, noch die
besondere Bedeutung desselben in kontraktlichen Verhältnissen biete dazu
einen genügenden Grund. Demnach wurde auch der Wegfall des §. 611.
des Entwurfs von 1836., welcher eine darauf gerichtete Vorschrift ent-
hielt, beschlossen. s)

In der angegebenen Weise ist der Begriff des strafbaren Betrugs
festgestellt worden, und schon in dem Entwurf von 1847. §. 293. wört-
lich so bestimmt, wie er sich in dem Strafgesetzbuche findet.

§. 242.

Der Betrug, sowie der Versuch des Betruges wird mit Gefängniß nicht
unter Einem Monate und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis zu Eintau-
send Thalern, sowie mit zeitiger Untersagung der Ausübung der bürgerlichen
Ehrenrechte bestraft.

Wird festgestellt, daß mildernde Umstände vorhanden sind, so kann die
Strafe bis auf Eine Woche Gefängniß oder auch auf bloße Geldbuße von
mindestens fünf Thalern ermäßigt werden.

§. 243.

Mit Gefängniß nicht unter drei Monaten und zugleich mit Geldbuße von
funfzig bis zu Eintausend Thalern, sowie mit zeitiger Untersagung der Aus-
übung der bürgerlichen Ehrenrechte wird bestraft:

1) wer sich wissentlich unrichtiger, zum Messen oder Wiegen bestimmter Werk-
zeuge zum Nachtheile eines Anderen bedient;

2) wer einen Ankäufer von Gold oder Silber über die Eigenschaften dieser
Waare hintergeht, indem er ihm geringhaltigeres Gold oder Silber für
vollhaltigeres verkauft;

3) wer ächte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Beschneiden, Ab-

r) Revision von 1845. III. S. 34.
s) Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 396. 397. -- Protokolle
des Staatsraths
, Sitzung vom 7. Mai 1842.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXI. Betrug.
mit dem Unterdrücken von wahren Thatſachen; denn das Letztere ſetze
ein Verhindern der Erkenntniß der Wahrheit durch poſitives Handeln
voraus. r)

V. Eine beſondere Erörterung hat noch ſtatt gefunden über die
Frage, ob es angemeſſen ſei, nach dem Vorgange der meiſten neueren
Geſetzgebungen, bei dem Betruge, welcher bei Eingehung oder Vollzie-
hung eines Vertrages begangen worden, gewiſſe, die Grenzen des Ver-
gehens beſchränkende Vorſchriften zu erlaſſen. Es iſt in dieſer Hinſicht
von andern Geſetzgebungen theils zwiſchen dem dolus causam dans
und incidens unterſchieden, theils die Strafe nur auf Antrag des Ver-
letzten zugelaſſen worden. Es erſchien aber überhaupt nicht erforderlich,
in Anſehung des Betrugs bei Verträgen die allgemeinen Vorſchriften zu
modifiziren; weder die Natur des Vergehens im Allgemeinen, noch die
beſondere Bedeutung deſſelben in kontraktlichen Verhältniſſen biete dazu
einen genügenden Grund. Demnach wurde auch der Wegfall des §. 611.
des Entwurfs von 1836., welcher eine darauf gerichtete Vorſchrift ent-
hielt, beſchloſſen. s)

In der angegebenen Weiſe iſt der Begriff des ſtrafbaren Betrugs
feſtgeſtellt worden, und ſchon in dem Entwurf von 1847. §. 293. wört-
lich ſo beſtimmt, wie er ſich in dem Strafgeſetzbuche findet.

§. 242.

Der Betrug, ſowie der Verſuch des Betruges wird mit Gefängniß nicht
unter Einem Monate und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis zu Eintau-
ſend Thalern, ſowie mit zeitiger Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen
Ehrenrechte beſtraft.

Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo kann die
Strafe bis auf Eine Woche Gefängniß oder auch auf bloße Geldbuße von
mindeſtens fünf Thalern ermäßigt werden.

§. 243.

Mit Gefängniß nicht unter drei Monaten und zugleich mit Geldbuße von
funfzig bis zu Eintauſend Thalern, ſowie mit zeitiger Unterſagung der Aus-
übung der bürgerlichen Ehrenrechte wird beſtraft:

1) wer ſich wiſſentlich unrichtiger, zum Meſſen oder Wiegen beſtimmter Werk-
zeuge zum Nachtheile eines Anderen bedient;

2) wer einen Ankäufer von Gold oder Silber über die Eigenſchaften dieſer
Waare hintergeht, indem er ihm geringhaltigeres Gold oder Silber für
vollhaltigeres verkauft;

3) wer ächte, zum Umlauf beſtimmte Metallgeldſtücke durch Beſchneiden, Ab-

r) Reviſion von 1845. III. S. 34.
s) Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 396. 397. — Protokolle
des Staatsraths
, Sitzung vom 7. Mai 1842.
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[462/0472] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXI. Betrug. mit dem Unterdrücken von wahren Thatſachen; denn das Letztere ſetze ein Verhindern der Erkenntniß der Wahrheit durch poſitives Handeln voraus. r) V. Eine beſondere Erörterung hat noch ſtatt gefunden über die Frage, ob es angemeſſen ſei, nach dem Vorgange der meiſten neueren Geſetzgebungen, bei dem Betruge, welcher bei Eingehung oder Vollzie- hung eines Vertrages begangen worden, gewiſſe, die Grenzen des Ver- gehens beſchränkende Vorſchriften zu erlaſſen. Es iſt in dieſer Hinſicht von andern Geſetzgebungen theils zwiſchen dem dolus causam dans und incidens unterſchieden, theils die Strafe nur auf Antrag des Ver- letzten zugelaſſen worden. Es erſchien aber überhaupt nicht erforderlich, in Anſehung des Betrugs bei Verträgen die allgemeinen Vorſchriften zu modifiziren; weder die Natur des Vergehens im Allgemeinen, noch die beſondere Bedeutung deſſelben in kontraktlichen Verhältniſſen biete dazu einen genügenden Grund. Demnach wurde auch der Wegfall des §. 611. des Entwurfs von 1836., welcher eine darauf gerichtete Vorſchrift ent- hielt, beſchloſſen. s) In der angegebenen Weiſe iſt der Begriff des ſtrafbaren Betrugs feſtgeſtellt worden, und ſchon in dem Entwurf von 1847. §. 293. wört- lich ſo beſtimmt, wie er ſich in dem Strafgeſetzbuche findet. §. 242. Der Betrug, ſowie der Verſuch des Betruges wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monate und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis zu Eintau- ſend Thalern, ſowie mit zeitiger Unterſagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte beſtraft. Wird feſtgeſtellt, daß mildernde Umſtände vorhanden ſind, ſo kann die Strafe bis auf Eine Woche Gefängniß oder auch auf bloße Geldbuße von mindeſtens fünf Thalern ermäßigt werden. §. 243. Mit Gefängniß nicht unter drei Monaten und zugleich mit Geldbuße von funfzig bis zu Eintauſend Thalern, ſowie mit zeitiger Unterſagung der Aus- übung der bürgerlichen Ehrenrechte wird beſtraft: 1) wer ſich wiſſentlich unrichtiger, zum Meſſen oder Wiegen beſtimmter Werk- zeuge zum Nachtheile eines Anderen bedient; 2) wer einen Ankäufer von Gold oder Silber über die Eigenſchaften dieſer Waare hintergeht, indem er ihm geringhaltigeres Gold oder Silber für vollhaltigeres verkauft; 3) wer ächte, zum Umlauf beſtimmte Metallgeldſtücke durch Beſchneiden, Ab- r) Reviſion von 1845. III. S. 34. s) Berathungs-Protokolle a. a. O. S. 396. 397. — Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 7. Mai 1842.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/472>, abgerufen am 28.03.2024.