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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§. 262. Bankerutt der Mäkler und Notarien.
sie näher zu erwägen sein wird. Für die Landestheile, in denen die
Allg. Gerichtsordnung gilt, hielt man eine solche Bestimmung nicht für
zulässig. Bis dahin sei es jedem Gläubiger gestattet gewesen, bis zur
Zeit der förmlichen Konkurseröffnung von dem Gemeinschuldner Zah-
lung anzunehmen und Verträge mit demselben abzuschließen, ohne daß
eine etwaige frühere Einstellung der Zahlung etwas daran geändert
habe. Gebe nun aber das Civilgesetz dem Gläubiger ein solches Recht,
so könne das Strafgesetzbuch die Ausübung desselben auch nicht mit
Strafe bedrohen. o) -- Kommt bei der Begünstigung eines Gläubigers
ein bestimmtes gemeines Verbrechen, z. B. Betrug oder Fälschung vor,
so finden natürlich die strafrechtlichen Vorschriften ihre volle Anwendung;
auch bleiben im Gebiete des gemeinen Deutschen Rechts die Grundsätze
über Veräußerungen in fraudem creditorum in uneingeschränkter Wirk-
samkeit.

II. Die Strafe des einfachen Bankerutts ist Gefängniß bis zu
zwei Jahren. Durch die Streichung des in der Regierungsvorlage ent-
haltenen Minimum von Einem Monate glaubte die Kommission der
zweiten Kammer die Fälle möglicher Milderung genügend berücksichtigt
zu haben.

§. 262.

Wenn Mäkler oder Notarien Handelsgeschäfte betreiben, so sollen dieselben,
im Falle sie ihre Zahlungen einstellen und der in diesem Titel erwähnten Hand-
lungen schuldig sind, denselben Strafen, wie Handelsleute, unterliegen.



Dieser Paragraph findet sich zuerst in dem Entwurf von 1850.
Die in demselben vorgeschriebene Ausdehnung der Strafbestimmungen
über den Bankerutt auf Mäkler und Notarien, insofern dieselben Han-
delsgeschäfte treiben, ist durch die Erwägung hervorgerufen, daß bei sol-
chen Personen ihre amtliche Stellung viel dazu beitragen wird, ihnen
in der kaufmännischen Welt Vertrauen und Kredit zu verschaffen, daß
daher ein Mißbrauch desselben im allgemeinen Interesse geahndet wer-
den muß. Das Rheinische Recht hat in dieser Hinsicht gegen Mäkler
noch strengere Vorschriften. p)

Eine andere ausdehnende Bestimmung in Beziehung auf alle Per-

o) Bericht der Kommission der zweiten Kammer a. a. O. Die ange-
führten Gründe würden es übrigens nicht verhindert haben, die Strafbestimmung der
früheren Entwürfe, welche gegen den Gemeinschuldner gerichtet war, wieder
herzustellen.
p) Code penal. Art. 404.

§. 262. Bankerutt der Mäkler und Notarien.
ſie näher zu erwägen ſein wird. Für die Landestheile, in denen die
Allg. Gerichtsordnung gilt, hielt man eine ſolche Beſtimmung nicht für
zuläſſig. Bis dahin ſei es jedem Gläubiger geſtattet geweſen, bis zur
Zeit der förmlichen Konkurseröffnung von dem Gemeinſchuldner Zah-
lung anzunehmen und Verträge mit demſelben abzuſchließen, ohne daß
eine etwaige frühere Einſtellung der Zahlung etwas daran geändert
habe. Gebe nun aber das Civilgeſetz dem Gläubiger ein ſolches Recht,
ſo könne das Strafgeſetzbuch die Ausübung deſſelben auch nicht mit
Strafe bedrohen. o) — Kommt bei der Begünſtigung eines Gläubigers
ein beſtimmtes gemeines Verbrechen, z. B. Betrug oder Fälſchung vor,
ſo finden natürlich die ſtrafrechtlichen Vorſchriften ihre volle Anwendung;
auch bleiben im Gebiete des gemeinen Deutſchen Rechts die Grundſätze
über Veräußerungen in fraudem creditorum in uneingeſchränkter Wirk-
ſamkeit.

II. Die Strafe des einfachen Bankerutts iſt Gefängniß bis zu
zwei Jahren. Durch die Streichung des in der Regierungsvorlage ent-
haltenen Minimum von Einem Monate glaubte die Kommiſſion der
zweiten Kammer die Fälle möglicher Milderung genügend berückſichtigt
zu haben.

§. 262.

Wenn Mäkler oder Notarien Handelsgeſchäfte betreiben, ſo ſollen dieſelben,
im Falle ſie ihre Zahlungen einſtellen und der in dieſem Titel erwähnten Hand-
lungen ſchuldig ſind, denſelben Strafen, wie Handelsleute, unterliegen.



Dieſer Paragraph findet ſich zuerſt in dem Entwurf von 1850.
Die in demſelben vorgeſchriebene Ausdehnung der Strafbeſtimmungen
über den Bankerutt auf Mäkler und Notarien, inſofern dieſelben Han-
delsgeſchäfte treiben, iſt durch die Erwägung hervorgerufen, daß bei ſol-
chen Perſonen ihre amtliche Stellung viel dazu beitragen wird, ihnen
in der kaufmänniſchen Welt Vertrauen und Kredit zu verſchaffen, daß
daher ein Mißbrauch deſſelben im allgemeinen Intereſſe geahndet wer-
den muß. Das Rheiniſche Recht hat in dieſer Hinſicht gegen Mäkler
noch ſtrengere Vorſchriften. p)

Eine andere ausdehnende Beſtimmung in Beziehung auf alle Per-

o) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer a. a. O. Die ange-
führten Gründe würden es übrigens nicht verhindert haben, die Strafbeſtimmung der
früheren Entwürfe, welche gegen den Gemeinſchuldner gerichtet war, wieder
herzuſtellen.
p) Code pénal. Art. 404.
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[497/0507] §. 262. Bankerutt der Mäkler und Notarien. ſie näher zu erwägen ſein wird. Für die Landestheile, in denen die Allg. Gerichtsordnung gilt, hielt man eine ſolche Beſtimmung nicht für zuläſſig. Bis dahin ſei es jedem Gläubiger geſtattet geweſen, bis zur Zeit der förmlichen Konkurseröffnung von dem Gemeinſchuldner Zah- lung anzunehmen und Verträge mit demſelben abzuſchließen, ohne daß eine etwaige frühere Einſtellung der Zahlung etwas daran geändert habe. Gebe nun aber das Civilgeſetz dem Gläubiger ein ſolches Recht, ſo könne das Strafgeſetzbuch die Ausübung deſſelben auch nicht mit Strafe bedrohen. o) — Kommt bei der Begünſtigung eines Gläubigers ein beſtimmtes gemeines Verbrechen, z. B. Betrug oder Fälſchung vor, ſo finden natürlich die ſtrafrechtlichen Vorſchriften ihre volle Anwendung; auch bleiben im Gebiete des gemeinen Deutſchen Rechts die Grundſätze über Veräußerungen in fraudem creditorum in uneingeſchränkter Wirk- ſamkeit. II. Die Strafe des einfachen Bankerutts iſt Gefängniß bis zu zwei Jahren. Durch die Streichung des in der Regierungsvorlage ent- haltenen Minimum von Einem Monate glaubte die Kommiſſion der zweiten Kammer die Fälle möglicher Milderung genügend berückſichtigt zu haben. §. 262. Wenn Mäkler oder Notarien Handelsgeſchäfte betreiben, ſo ſollen dieſelben, im Falle ſie ihre Zahlungen einſtellen und der in dieſem Titel erwähnten Hand- lungen ſchuldig ſind, denſelben Strafen, wie Handelsleute, unterliegen. Dieſer Paragraph findet ſich zuerſt in dem Entwurf von 1850. Die in demſelben vorgeſchriebene Ausdehnung der Strafbeſtimmungen über den Bankerutt auf Mäkler und Notarien, inſofern dieſelben Han- delsgeſchäfte treiben, iſt durch die Erwägung hervorgerufen, daß bei ſol- chen Perſonen ihre amtliche Stellung viel dazu beitragen wird, ihnen in der kaufmänniſchen Welt Vertrauen und Kredit zu verſchaffen, daß daher ein Mißbrauch deſſelben im allgemeinen Intereſſe geahndet wer- den muß. Das Rheiniſche Recht hat in dieſer Hinſicht gegen Mäkler noch ſtrengere Vorſchriften. p) Eine andere ausdehnende Beſtimmung in Beziehung auf alle Per- o) Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer a. a. O. Die ange- führten Gründe würden es übrigens nicht verhindert haben, die Strafbeſtimmung der früheren Entwürfe, welche gegen den Gemeinſchuldner gerichtet war, wieder herzuſtellen. p) Code pénal. Art. 404.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/507>, abgerufen am 25.04.2024.