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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXIII. Urkundenfälschung.
zu erwarten gewesen wäre. Man hat wohl angenommen, daß die
Gewinnsucht das gewöhnliche Motiv der Handlung ist. v)

II. Die Strafe wird auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren und
Geldbuße von Einhundert bis zu zweitausend Thalern erhöht, wenn
das Verbrechen eine der folgenden Arten der Urkunden zum Gegen-
stande hat:

a. Urkunden, welche mit der Unterschrift des Königs oder mit dem
Königlichen Insiegel ausgefertigt sind. Der im §. 247. angegebene
allgemeine Begriff der Urkunden ist auch bei den hier aufgeführten be-
sonderen Arten maaßgebend.

b. Andere öffentliche und authentische Urkunden. Die Dokumente,
welche im Sinne des Strafgesetzbuchs so zu bezeichnen sind, finden sich
§. 251. Nr. 2. aufgezählt; es werden diejenigen darunter begriffen,
welche:

1) von Staatsbehörden so wie
2) von Gemeinden oder Korporationen des Inlandes oder Aus-
landes,
3) von inländischen oder ausländischen Beamten, oder
4) von solchen Personen, welche nach den Gesetzen des Inlandes
oder Auslandes öffentlichen Glauben haben, aufgenommen, aus-
gefertigt oder beglaubigt werden.

Die hier gemeinten Personen sind namentlich die Notare und die
Pfarrer, letztere insofern sie die Kirchenbücher führen und die entspre-
chenden Zeugnisse ausstellen. -- Statt der Gemeinden und Korpora-
tionen werden übrigens regelmäßig deren Vorstände die Urkunden aus-
stellen oder beglaubigen; daß aber nicht allein die Gemeinden, sondern
überhaupt die Korporationen hier genannt werden, erklärt sich aus dem
allgemeinen Aufsichtsrecht, welches von Staatswegen über dieselben
ausgeübt wird. An sich sind sie sonst in der Regel nur den Privat-
personen in rechtlicher Beziehung gleichgestellt. w)

Bei der Bestimmung, daß in Beziehung auf die öffentlichen Ur-
kunden das Ausland dem Inlande gleich gestellt sein soll, ging man
von der Ansicht aus, daß abgesehen davon, daß auswärtige Urkunden

v) Vgl. Code penal. Art. 164.
w) Die neueren Deutschen Strafgesetzbücher haben die qualifizirte Urkundenfäl-
schung nicht so weit ausgedehnt; sie beziehen dieselbe durchweg nur auf die Urkunden
öffentlicher Behörden oder solcher Personen, die öffentlichen Glauben haben. --
Sächs. Criminalgesetzb. Art. 247. -- Württemb. Strafgesetzb. Art. 219.
-- Hannov. Criminalgesetzbuch. Art. 196. -- Hessisches Strafgesetzb.
Art. 386. -- Thüring. Strafgesetzb. Art. 252. -- Das Badische Straf-
gesetzbuch
§. 423. gebraucht den Ausdruck "öffentliche Urkunden" ohne eine nähere
Bezeichnung derselben.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIII. Urkundenfälſchung.
zu erwarten geweſen wäre. Man hat wohl angenommen, daß die
Gewinnſucht das gewöhnliche Motiv der Handlung iſt. v)

II. Die Strafe wird auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren und
Geldbuße von Einhundert bis zu zweitauſend Thalern erhöht, wenn
das Verbrechen eine der folgenden Arten der Urkunden zum Gegen-
ſtande hat:

a. Urkunden, welche mit der Unterſchrift des Königs oder mit dem
Königlichen Inſiegel ausgefertigt ſind. Der im §. 247. angegebene
allgemeine Begriff der Urkunden iſt auch bei den hier aufgeführten be-
ſonderen Arten maaßgebend.

b. Andere öffentliche und authentiſche Urkunden. Die Dokumente,
welche im Sinne des Strafgeſetzbuchs ſo zu bezeichnen ſind, finden ſich
§. 251. Nr. 2. aufgezählt; es werden diejenigen darunter begriffen,
welche:

1) von Staatsbehörden ſo wie
2) von Gemeinden oder Korporationen des Inlandes oder Aus-
landes,
3) von inländiſchen oder ausländiſchen Beamten, oder
4) von ſolchen Perſonen, welche nach den Geſetzen des Inlandes
oder Auslandes öffentlichen Glauben haben, aufgenommen, aus-
gefertigt oder beglaubigt werden.

Die hier gemeinten Perſonen ſind namentlich die Notare und die
Pfarrer, letztere inſofern ſie die Kirchenbücher führen und die entſpre-
chenden Zeugniſſe ausſtellen. — Statt der Gemeinden und Korpora-
tionen werden übrigens regelmäßig deren Vorſtände die Urkunden aus-
ſtellen oder beglaubigen; daß aber nicht allein die Gemeinden, ſondern
überhaupt die Korporationen hier genannt werden, erklärt ſich aus dem
allgemeinen Aufſichtsrecht, welches von Staatswegen über dieſelben
ausgeübt wird. An ſich ſind ſie ſonſt in der Regel nur den Privat-
perſonen in rechtlicher Beziehung gleichgeſtellt. w)

Bei der Beſtimmung, daß in Beziehung auf die öffentlichen Ur-
kunden das Ausland dem Inlande gleich geſtellt ſein ſoll, ging man
von der Anſicht aus, daß abgeſehen davon, daß auswärtige Urkunden

v) Vgl. Code pénal. Art. 164.
w) Die neueren Deutſchen Strafgeſetzbücher haben die qualifizirte Urkundenfäl-
ſchung nicht ſo weit ausgedehnt; ſie beziehen dieſelbe durchweg nur auf die Urkunden
öffentlicher Behörden oder ſolcher Perſonen, die öffentlichen Glauben haben. —
Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 247. — Württemb. Strafgeſetzb. Art. 219.
Hannov. Criminalgeſetzbuch. Art. 196. — Heſſiſches Strafgeſetzb.
Art. 386. — Thüring. Strafgeſetzb. Art. 252. — Das Badiſche Straf-
geſetzbuch
§. 423. gebraucht den Ausdruck „öffentliche Urkunden“ ohne eine nähere
Bezeichnung derſelben.
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[478/0488] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIII. Urkundenfälſchung. zu erwarten geweſen wäre. Man hat wohl angenommen, daß die Gewinnſucht das gewöhnliche Motiv der Handlung iſt. v) II. Die Strafe wird auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren und Geldbuße von Einhundert bis zu zweitauſend Thalern erhöht, wenn das Verbrechen eine der folgenden Arten der Urkunden zum Gegen- ſtande hat: a. Urkunden, welche mit der Unterſchrift des Königs oder mit dem Königlichen Inſiegel ausgefertigt ſind. Der im §. 247. angegebene allgemeine Begriff der Urkunden iſt auch bei den hier aufgeführten be- ſonderen Arten maaßgebend. b. Andere öffentliche und authentiſche Urkunden. Die Dokumente, welche im Sinne des Strafgeſetzbuchs ſo zu bezeichnen ſind, finden ſich §. 251. Nr. 2. aufgezählt; es werden diejenigen darunter begriffen, welche: 1) von Staatsbehörden ſo wie 2) von Gemeinden oder Korporationen des Inlandes oder Aus- landes, 3) von inländiſchen oder ausländiſchen Beamten, oder 4) von ſolchen Perſonen, welche nach den Geſetzen des Inlandes oder Auslandes öffentlichen Glauben haben, aufgenommen, aus- gefertigt oder beglaubigt werden. Die hier gemeinten Perſonen ſind namentlich die Notare und die Pfarrer, letztere inſofern ſie die Kirchenbücher führen und die entſpre- chenden Zeugniſſe ausſtellen. — Statt der Gemeinden und Korpora- tionen werden übrigens regelmäßig deren Vorſtände die Urkunden aus- ſtellen oder beglaubigen; daß aber nicht allein die Gemeinden, ſondern überhaupt die Korporationen hier genannt werden, erklärt ſich aus dem allgemeinen Aufſichtsrecht, welches von Staatswegen über dieſelben ausgeübt wird. An ſich ſind ſie ſonſt in der Regel nur den Privat- perſonen in rechtlicher Beziehung gleichgeſtellt. w) Bei der Beſtimmung, daß in Beziehung auf die öffentlichen Ur- kunden das Ausland dem Inlande gleich geſtellt ſein ſoll, ging man von der Anſicht aus, daß abgeſehen davon, daß auswärtige Urkunden v) Vgl. Code pénal. Art. 164. w) Die neueren Deutſchen Strafgeſetzbücher haben die qualifizirte Urkundenfäl- ſchung nicht ſo weit ausgedehnt; ſie beziehen dieſelbe durchweg nur auf die Urkunden öffentlicher Behörden oder ſolcher Perſonen, die öffentlichen Glauben haben. — Sächſ. Criminalgeſetzb. Art. 247. — Württemb. Strafgeſetzb. Art. 219. — Hannov. Criminalgeſetzbuch. Art. 196. — Heſſiſches Strafgeſetzb. Art. 386. — Thüring. Strafgeſetzb. Art. 252. — Das Badiſche Straf- geſetzbuch §. 423. gebraucht den Ausdruck „öffentliche Urkunden“ ohne eine nähere Bezeichnung derſelben.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/488>, abgerufen am 19.04.2024.