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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXIV. Bankerutt.
lassene Führung der Handelsbücher trifft aber natürlich diejenigen nicht,
welche sie weder aus dem einen noch aus dem andern Grunde zu füh-
ren brauchen.

d. Er hat in der Absicht, seine Gläubiger zu benachtheiligen, seine
Handelsbücher verheimlicht oder vernichtet oder so geführt oder verän-
dert, daß dieselben keine Uebersicht des Vermögenszustandes gewähren.
-- Stehen solche Handlungen nicht in bestimmter Beziehung zu einem
betrüglichen Bankerutt, so kommen die allgemeinen Regeln über Betrug
und Urkundenfälschung zur Anwendung.

e. Der Entwurf von 1847. §. 324. Nr. 5. nahm auch dann den
betrüglichen Bankerutt an, wenn der Gemeinschuldner Gelder, geldwerthe
Papiere oder Waaren, welche ihm in Beziehung auf sein Geschäft an-
vertraut sind, unterschlagen hat. Diese Bestimmung war im Interesse
des Kommissions- und Speditionshandels nach dem Vorgange des
Rheinischen Rechts aufgenommen worden; v) sie ist aber später wegge-
lassen, weil man annahm, daß bei einer solchen Handlungsweise die
Absicht des Thäters selten darauf gerichtet sein werde, die Gesammtheit
seiner Gläubiger zu benachtheiligen, und darin für das Verbrechen des
Bankerutts das charakteristische Merkmale liege. w) -- Eine ähnliche Er-
wägung hatte schon früher dahin geführt, den Fall auszuschließen, wenn
ein Bankeruttirer sich durch falsche Vorspiegelungen über seine Vermö-
gensverhältnisse Kredit zu verschaffen gewußt hat. Die betrügerische
Verleitung zum Kreditgeben stellt sich nur als Betrug gegen den ein-
zelnen Gläubiger dar. x)

IV. Die Strafe des betrüglichen Bankerutts ist Zuchthaus von
zwei bis zu funfzehn Jahren; dieselbe ist aber auf Gefängniß von drei
Monaten bis zu fünf Jahren ermäßigt, wenn das Vorhandensein mil-
dernder Umstände festgestellt wird. In diesem Fall kann jedoch zugleich
auf zeitige Untersagung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. --
Die mildernden Umstände sind hier aber in der gewöhnlichen allgemei-
nen Bedeutung aufzufassen, und nicht wie in dem Entwurf von 1847.
§. 324. auf den Fall zu beschränken, wenn der Thäter nur ein Ge-
werbe von geringem Umfange betrieben hat. y)


v) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommission. III.
S. 424. Vgl. Code de com. Art. 593. No. 5.
w) Motive zum Entwurf von 1850. §. 235.
x) Revision von 1845. III. S. 54. -- Verhandlungen der Staats-
raths-Kommission von
1846. S. 171.
y) Motive a. a. O. Vgl. Verhandlungen der Staatsraths-Kom-
mission von
1846. S. 170. -- Die nur fakultative Entziehung der Ehrenrechte
ist gegen die Regierungsvorlage sowohl von dem vereinigten ständ. Ausschuß
(Ver-
handlungen
. IV. S. 329.) als auch von der Kommission der zweiten Kammer
(Kommissionsbericht a. a. O.) beschlossen worden.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIV. Bankerutt.
laſſene Führung der Handelsbücher trifft aber natürlich diejenigen nicht,
welche ſie weder aus dem einen noch aus dem andern Grunde zu füh-
ren brauchen.

d. Er hat in der Abſicht, ſeine Gläubiger zu benachtheiligen, ſeine
Handelsbücher verheimlicht oder vernichtet oder ſo geführt oder verän-
dert, daß dieſelben keine Ueberſicht des Vermögenszuſtandes gewähren.
— Stehen ſolche Handlungen nicht in beſtimmter Beziehung zu einem
betrüglichen Bankerutt, ſo kommen die allgemeinen Regeln über Betrug
und Urkundenfälſchung zur Anwendung.

e. Der Entwurf von 1847. §. 324. Nr. 5. nahm auch dann den
betrüglichen Bankerutt an, wenn der Gemeinſchuldner Gelder, geldwerthe
Papiere oder Waaren, welche ihm in Beziehung auf ſein Geſchäft an-
vertraut ſind, unterſchlagen hat. Dieſe Beſtimmung war im Intereſſe
des Kommiſſions- und Speditionshandels nach dem Vorgange des
Rheiniſchen Rechts aufgenommen worden; v) ſie iſt aber ſpäter wegge-
laſſen, weil man annahm, daß bei einer ſolchen Handlungsweiſe die
Abſicht des Thäters ſelten darauf gerichtet ſein werde, die Geſammtheit
ſeiner Gläubiger zu benachtheiligen, und darin für das Verbrechen des
Bankerutts das charakteriſtiſche Merkmale liege. w) — Eine ähnliche Er-
wägung hatte ſchon früher dahin geführt, den Fall auszuſchließen, wenn
ein Bankeruttirer ſich durch falſche Vorſpiegelungen über ſeine Vermö-
gensverhältniſſe Kredit zu verſchaffen gewußt hat. Die betrügeriſche
Verleitung zum Kreditgeben ſtellt ſich nur als Betrug gegen den ein-
zelnen Gläubiger dar. x)

IV. Die Strafe des betrüglichen Bankerutts iſt Zuchthaus von
zwei bis zu funfzehn Jahren; dieſelbe iſt aber auf Gefängniß von drei
Monaten bis zu fünf Jahren ermäßigt, wenn das Vorhandenſein mil-
dernder Umſtände feſtgeſtellt wird. In dieſem Fall kann jedoch zugleich
auf zeitige Unterſagung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. —
Die mildernden Umſtände ſind hier aber in der gewöhnlichen allgemei-
nen Bedeutung aufzufaſſen, und nicht wie in dem Entwurf von 1847.
§. 324. auf den Fall zu beſchränken, wenn der Thäter nur ein Ge-
werbe von geringem Umfange betrieben hat. y)


v) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III.
S. 424. Vgl. Code de com. Art. 593. No. 5.
w) Motive zum Entwurf von 1850. §. 235.
x) Reviſion von 1845. III. S. 54. — Verhandlungen der Staats-
raths-Kommiſſion von
1846. S. 171.
y) Motive a. a. O. Vgl. Verhandlungen der Staatsraths-Kom-
miſſion von
1846. S. 170. — Die nur fakultative Entziehung der Ehrenrechte
iſt gegen die Regierungsvorlage ſowohl von dem vereinigten ſtänd. Ausſchuß
(Ver-
handlungen
. IV. S. 329.) als auch von der Kommiſſion der zweiten Kammer
(Kommiſſionsbericht a. a. O.) beſchloſſen worden.
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[490/0500] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIV. Bankerutt. laſſene Führung der Handelsbücher trifft aber natürlich diejenigen nicht, welche ſie weder aus dem einen noch aus dem andern Grunde zu füh- ren brauchen. d. Er hat in der Abſicht, ſeine Gläubiger zu benachtheiligen, ſeine Handelsbücher verheimlicht oder vernichtet oder ſo geführt oder verän- dert, daß dieſelben keine Ueberſicht des Vermögenszuſtandes gewähren. — Stehen ſolche Handlungen nicht in beſtimmter Beziehung zu einem betrüglichen Bankerutt, ſo kommen die allgemeinen Regeln über Betrug und Urkundenfälſchung zur Anwendung. e. Der Entwurf von 1847. §. 324. Nr. 5. nahm auch dann den betrüglichen Bankerutt an, wenn der Gemeinſchuldner Gelder, geldwerthe Papiere oder Waaren, welche ihm in Beziehung auf ſein Geſchäft an- vertraut ſind, unterſchlagen hat. Dieſe Beſtimmung war im Intereſſe des Kommiſſions- und Speditionshandels nach dem Vorgange des Rheiniſchen Rechts aufgenommen worden; v) ſie iſt aber ſpäter wegge- laſſen, weil man annahm, daß bei einer ſolchen Handlungsweiſe die Abſicht des Thäters ſelten darauf gerichtet ſein werde, die Geſammtheit ſeiner Gläubiger zu benachtheiligen, und darin für das Verbrechen des Bankerutts das charakteriſtiſche Merkmale liege. w) — Eine ähnliche Er- wägung hatte ſchon früher dahin geführt, den Fall auszuſchließen, wenn ein Bankeruttirer ſich durch falſche Vorſpiegelungen über ſeine Vermö- gensverhältniſſe Kredit zu verſchaffen gewußt hat. Die betrügeriſche Verleitung zum Kreditgeben ſtellt ſich nur als Betrug gegen den ein- zelnen Gläubiger dar. x) IV. Die Strafe des betrüglichen Bankerutts iſt Zuchthaus von zwei bis zu funfzehn Jahren; dieſelbe iſt aber auf Gefängniß von drei Monaten bis zu fünf Jahren ermäßigt, wenn das Vorhandenſein mil- dernder Umſtände feſtgeſtellt wird. In dieſem Fall kann jedoch zugleich auf zeitige Unterſagung der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. — Die mildernden Umſtände ſind hier aber in der gewöhnlichen allgemei- nen Bedeutung aufzufaſſen, und nicht wie in dem Entwurf von 1847. §. 324. auf den Fall zu beſchränken, wenn der Thäter nur ein Ge- werbe von geringem Umfange betrieben hat. y) v) Berathungs-Protokolle der Staatsraths-Kommiſſion. III. S. 424. Vgl. Code de com. Art. 593. No. 5. w) Motive zum Entwurf von 1850. §. 235. x) Reviſion von 1845. III. S. 54. — Verhandlungen der Staats- raths-Kommiſſion von 1846. S. 171. y) Motive a. a. O. Vgl. Verhandlungen der Staatsraths-Kom- miſſion von 1846. S. 170. — Die nur fakultative Entziehung der Ehrenrechte iſt gegen die Regierungsvorlage ſowohl von dem vereinigten ſtänd. Ausſchuß (Ver- handlungen. IV. S. 329.) als auch von der Kommiſſion der zweiten Kammer (Kommiſſionsbericht a. a. O.) beſchloſſen worden.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/500>, abgerufen am 24.04.2024.