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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXIV. Bankerutt.
schriften für den Fall nicht aus, in welchem der Schuldige im Einver-
ständniß mit demjenigen handelt, der seine Zahlungen einstellt. "

Die vorberathende Abtheilung des vereinigten ständischen Ausschus-
ses trug auf die Streichung dieses Paragraphen an, der von dem Re-
gierungs-Kommissar Simons in folgender Weise erläutert ward:

"Der Paragraph hat doch seine praktische Bedeutung und ist auch
mit Beziehung auf das Rheinische Recht in das Strafgesetzbuch auf-
genommen worden. Nämlich in der Rheinprovinz sind nach dem jetzt
bestehenden Rechte die Fälle, in welchen einfacher oder betrügerischer
Bankerutt oder Theilnahme daran anzunehmen ist, nicht im Strafgesetz-
buch, sondern im Handelsgesetzbuch zu befinden; da jetzt Bestimmungen
hierüber in das Strafgesetzbuch kommen sollen, so ist in §. 26. des
Einführungsgesetzes c) die Aufhebung der Strafbestimmungen der Arti-
kel 586-599. des Rheinischen Handelsgesetzbuchs verfügt worden. Un-
ter diesen Artikeln ist nun der Art. 597. derjenige, der den Fall der
Komplizität beim betrügerischen Bankerutt umfaßt; sie ist als vorhan-
den anzunehmen, wenn andere Personen als der Fallit, im Einver-
ständnisse mit demselben
, Mobiliar- oder Immobiliargegenstände,
welche zur Masse gehören, verschleppen oder bei Seite bringen. Es ist
oft schwierig geworden, gerade den Umstand des Einverständnisses mit
dem Falliten nachzuweisen. Daß Sachen aus der Masse entfernt wor-
den waren mit der klaren Absicht, sie im Interesse des Falliten bei
Seite zu schaffen, war nachgewiesen; es fragte sich aber, ob der Zu-
sammenhang des Bankeruttirers mit dem Gehülfen ebenfalls förmlich
feststehe, und dies hat nicht selten zu Freisprechungen geführt. In Frank-
reich hat man daher bei einer Revision der Strafbestimmungen, die das
Handelsgesetzbuch über den Bankerutt enthält, eine Modification des
Art. 597. vorgenommen und ihm die Fassung gegeben, daß die Strafe
des betrüglichen Bankerutts auch dann verwirkt sein solle, wenn im
Interesse des Bankeruttirers Verschleppungen von Sachen, welche zur
Masse gehören, zur Benachtheiligung der Gläubiger vorgenommen wor-
den. Dabei bleibt natürlich immer vorbehalten, daß, wenn ein solches
Einverständniß des Mitbeschuldigten mit dem Hauptbeschuldigten nach-
gewiesen werden kann, welches ihn förmlich zum Complicen macht, die
Strafe der Theilnehmerschaft schon um deswillen gegen ihn zur An-
wendung kommt; wo aber dieser Nachweis nicht zu führen ist, sollen
die Handlungen der Benachtheiligung nicht straflos sein, welche für die
Gläubiger denselben Effekt haben, wie andere, wo das factum internum,
der innere Zusammenhang zwischen dem Hauptbeschuldigten und dem

c) Einführungsgesetz vom 14. April 1851. Art. XII. §. 2.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIV. Bankerutt.
ſchriften für den Fall nicht aus, in welchem der Schuldige im Einver-
ſtändniß mit demjenigen handelt, der ſeine Zahlungen einſtellt. “

Die vorberathende Abtheilung des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſ-
ſes trug auf die Streichung dieſes Paragraphen an, der von dem Re-
gierungs-Kommiſſar Simons in folgender Weiſe erläutert ward:

„Der Paragraph hat doch ſeine praktiſche Bedeutung und iſt auch
mit Beziehung auf das Rheiniſche Recht in das Strafgeſetzbuch auf-
genommen worden. Nämlich in der Rheinprovinz ſind nach dem jetzt
beſtehenden Rechte die Fälle, in welchen einfacher oder betrügeriſcher
Bankerutt oder Theilnahme daran anzunehmen iſt, nicht im Strafgeſetz-
buch, ſondern im Handelsgeſetzbuch zu befinden; da jetzt Beſtimmungen
hierüber in das Strafgeſetzbuch kommen ſollen, ſo iſt in §. 26. des
Einführungsgeſetzes c) die Aufhebung der Strafbeſtimmungen der Arti-
kel 586-599. des Rheiniſchen Handelsgeſetzbuchs verfügt worden. Un-
ter dieſen Artikeln iſt nun der Art. 597. derjenige, der den Fall der
Komplizität beim betrügeriſchen Bankerutt umfaßt; ſie iſt als vorhan-
den anzunehmen, wenn andere Perſonen als der Fallit, im Einver-
ſtändniſſe mit demſelben
, Mobiliar- oder Immobiliargegenſtände,
welche zur Maſſe gehören, verſchleppen oder bei Seite bringen. Es iſt
oft ſchwierig geworden, gerade den Umſtand des Einverſtändniſſes mit
dem Falliten nachzuweiſen. Daß Sachen aus der Maſſe entfernt wor-
den waren mit der klaren Abſicht, ſie im Intereſſe des Falliten bei
Seite zu ſchaffen, war nachgewieſen; es fragte ſich aber, ob der Zu-
ſammenhang des Bankeruttirers mit dem Gehülfen ebenfalls förmlich
feſtſtehe, und dies hat nicht ſelten zu Freiſprechungen geführt. In Frank-
reich hat man daher bei einer Reviſion der Strafbeſtimmungen, die das
Handelsgeſetzbuch über den Bankerutt enthält, eine Modification des
Art. 597. vorgenommen und ihm die Faſſung gegeben, daß die Strafe
des betrüglichen Bankerutts auch dann verwirkt ſein ſolle, wenn im
Intereſſe des Bankeruttirers Verſchleppungen von Sachen, welche zur
Maſſe gehören, zur Benachtheiligung der Gläubiger vorgenommen wor-
den. Dabei bleibt natürlich immer vorbehalten, daß, wenn ein ſolches
Einverſtändniß des Mitbeſchuldigten mit dem Hauptbeſchuldigten nach-
gewieſen werden kann, welches ihn förmlich zum Complicen macht, die
Strafe der Theilnehmerſchaft ſchon um deswillen gegen ihn zur An-
wendung kommt; wo aber dieſer Nachweis nicht zu führen iſt, ſollen
die Handlungen der Benachtheiligung nicht ſtraflos ſein, welche für die
Gläubiger denſelben Effekt haben, wie andere, wo das factum internum,
der innere Zuſammenhang zwiſchen dem Hauptbeſchuldigten und dem

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[492/0502] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIV. Bankerutt. ſchriften für den Fall nicht aus, in welchem der Schuldige im Einver- ſtändniß mit demjenigen handelt, der ſeine Zahlungen einſtellt. “ Die vorberathende Abtheilung des vereinigten ſtändiſchen Ausſchuſ- ſes trug auf die Streichung dieſes Paragraphen an, der von dem Re- gierungs-Kommiſſar Simons in folgender Weiſe erläutert ward: „Der Paragraph hat doch ſeine praktiſche Bedeutung und iſt auch mit Beziehung auf das Rheiniſche Recht in das Strafgeſetzbuch auf- genommen worden. Nämlich in der Rheinprovinz ſind nach dem jetzt beſtehenden Rechte die Fälle, in welchen einfacher oder betrügeriſcher Bankerutt oder Theilnahme daran anzunehmen iſt, nicht im Strafgeſetz- buch, ſondern im Handelsgeſetzbuch zu befinden; da jetzt Beſtimmungen hierüber in das Strafgeſetzbuch kommen ſollen, ſo iſt in §. 26. des Einführungsgeſetzes c) die Aufhebung der Strafbeſtimmungen der Arti- kel 586-599. des Rheiniſchen Handelsgeſetzbuchs verfügt worden. Un- ter dieſen Artikeln iſt nun der Art. 597. derjenige, der den Fall der Komplizität beim betrügeriſchen Bankerutt umfaßt; ſie iſt als vorhan- den anzunehmen, wenn andere Perſonen als der Fallit, im Einver- ſtändniſſe mit demſelben, Mobiliar- oder Immobiliargegenſtände, welche zur Maſſe gehören, verſchleppen oder bei Seite bringen. Es iſt oft ſchwierig geworden, gerade den Umſtand des Einverſtändniſſes mit dem Falliten nachzuweiſen. Daß Sachen aus der Maſſe entfernt wor- den waren mit der klaren Abſicht, ſie im Intereſſe des Falliten bei Seite zu ſchaffen, war nachgewieſen; es fragte ſich aber, ob der Zu- ſammenhang des Bankeruttirers mit dem Gehülfen ebenfalls förmlich feſtſtehe, und dies hat nicht ſelten zu Freiſprechungen geführt. In Frank- reich hat man daher bei einer Reviſion der Strafbeſtimmungen, die das Handelsgeſetzbuch über den Bankerutt enthält, eine Modification des Art. 597. vorgenommen und ihm die Faſſung gegeben, daß die Strafe des betrüglichen Bankerutts auch dann verwirkt ſein ſolle, wenn im Intereſſe des Bankeruttirers Verſchleppungen von Sachen, welche zur Maſſe gehören, zur Benachtheiligung der Gläubiger vorgenommen wor- den. Dabei bleibt natürlich immer vorbehalten, daß, wenn ein ſolches Einverſtändniß des Mitbeſchuldigten mit dem Hauptbeſchuldigten nach- gewieſen werden kann, welches ihn förmlich zum Complicen macht, die Strafe der Theilnehmerſchaft ſchon um deswillen gegen ihn zur An- wendung kommt; wo aber dieſer Nachweis nicht zu führen iſt, ſollen die Handlungen der Benachtheiligung nicht ſtraflos ſein, welche für die Gläubiger denſelben Effekt haben, wie andere, wo das factum internum, der innere Zuſammenhang zwiſchen dem Hauptbeſchuldigten und dem c) Einführungsgeſetz vom 14. April 1851. Art. XII. §. 2.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/502>, abgerufen am 28.03.2024.