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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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Th. II. V. d. einzelnen Verbr. etc. Tit. XXIV. Bankerutt.
sonen, ohne Rücksicht auf den Gewerbebetrieb, findet sich in dem Ent-
wurf von 1847.

§. 327. "Wer in der Absicht, seinen Gläubigern den Gegenstand
ihrer Befriedigung zu entziehen, sein Vermögen ganz oder theilweise
verheimlicht oder bei Seite schafft, ferner, wer in der Absicht seine
Gläubiger zu benachtheiligen, oder des für dieselben entstehenden Scha-
dens ungeachtet, sich oder Dritten Vortheil zu verschaffen, Schulden
anerkennt oder aufstellt, deren gänzlicher oder theilweiser Ungrund ihm
bekannt ist, wird mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren und Verlust der
Ehrenrechte bestraft."

§. 328. "Wer seine Gläubiger zu befriedigen außer Stande ist,
wird, wenn er durch Ausschweifungen, Spiel oder Aufwand übermäßige
Summen verbraucht hat, mit Gefängniß bestraft."

Der revidirte Entwurf von 1836. §. 652. nahm für Nichtkaufleute
die Strafe des gemeinen Bankerutts für den Fall an, wenn die Zah-
lungsunfähigkeit durch übertriebenen Aufwand oder andere unnöthige
Ausgaben entstanden ist.

Die Staatsraths-Kommission war jedoch der Ansicht, daß eine
solche Bestimmung in ihrer Anwendung auf Nichtkaufleute nicht gerecht-
fertigt sei, "da es der Sicherung des persönlichen Kredits der Nicht-
kaufleute nicht bedürfe, und der unvorsichtige und leichtsinnige Gläubiger
seinen Schaden tragen möge. Hierzu komme, daß die Anwendung
dieser Bestimmung mehrfache Schwierigkeit finden müsse, da andern,
als Kaufleuten und Gewerbtreibenden, die Verpflichtung zur Führung
von Büchern nicht auferlegt werden könne, und ohne eine solche Kon-
trolle sich nicht feststellen lasse, ob ein übertriebener Aufwand und andere
unnöthige Ausgaben, die mit dem Vermögen nicht im Verhältnisse
stehen, das Zahlungsvermögen herbeigeführt habe oder nicht." q) --
Vorsätzliche Benachtheiligung der Gläubiger bei eingetretener Zahlungs-
unfähigkeit, wie sie in dem oben angeführten §. 327. vorgesehen ist,
hatte die Staatsraths-Kommission mit der Strafe des qualifizirten Be-
truges bedroht. r) Dieser letzteren Ansicht trat der Staatsrath bei; in
Beziehung auf das leichtsinnige Schuldenmachen hielt er jedoch auch in
Betreff der Nichtgewerbtreibenden eine Strafe für nöthig, s) was zu den
Bestimmungen des Entwurfs von 1843. §. 483. führte.

Bei der Revision von 1845. hatten einige Monenten den Wegfall
beider Vorschriften, andere wenigstens der über das leichtsinnige Schul-
denmachen erlassenen beantragt; es wurde aber darauf nicht eingegangen,

q) Berathungs-Protokolle. III. S. 424.
r) Entwurf der Staatsraths-Kommission von 1842. §. 476.
s) Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 11. Mai 1842.

Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIV. Bankerutt.
ſonen, ohne Rückſicht auf den Gewerbebetrieb, findet ſich in dem Ent-
wurf von 1847.

§. 327. „Wer in der Abſicht, ſeinen Gläubigern den Gegenſtand
ihrer Befriedigung zu entziehen, ſein Vermögen ganz oder theilweiſe
verheimlicht oder bei Seite ſchafft, ferner, wer in der Abſicht ſeine
Gläubiger zu benachtheiligen, oder des für dieſelben entſtehenden Scha-
dens ungeachtet, ſich oder Dritten Vortheil zu verſchaffen, Schulden
anerkennt oder aufſtellt, deren gänzlicher oder theilweiſer Ungrund ihm
bekannt iſt, wird mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren und Verluſt der
Ehrenrechte beſtraft.“

§. 328. „Wer ſeine Gläubiger zu befriedigen außer Stande iſt,
wird, wenn er durch Ausſchweifungen, Spiel oder Aufwand übermäßige
Summen verbraucht hat, mit Gefängniß beſtraft.“

Der revidirte Entwurf von 1836. §. 652. nahm für Nichtkaufleute
die Strafe des gemeinen Bankerutts für den Fall an, wenn die Zah-
lungsunfähigkeit durch übertriebenen Aufwand oder andere unnöthige
Ausgaben entſtanden iſt.

Die Staatsraths-Kommiſſion war jedoch der Anſicht, daß eine
ſolche Beſtimmung in ihrer Anwendung auf Nichtkaufleute nicht gerecht-
fertigt ſei, „da es der Sicherung des perſönlichen Kredits der Nicht-
kaufleute nicht bedürfe, und der unvorſichtige und leichtſinnige Gläubiger
ſeinen Schaden tragen möge. Hierzu komme, daß die Anwendung
dieſer Beſtimmung mehrfache Schwierigkeit finden müſſe, da andern,
als Kaufleuten und Gewerbtreibenden, die Verpflichtung zur Führung
von Büchern nicht auferlegt werden könne, und ohne eine ſolche Kon-
trolle ſich nicht feſtſtellen laſſe, ob ein übertriebener Aufwand und andere
unnöthige Ausgaben, die mit dem Vermögen nicht im Verhältniſſe
ſtehen, das Zahlungsvermögen herbeigeführt habe oder nicht.“ q)
Vorſätzliche Benachtheiligung der Gläubiger bei eingetretener Zahlungs-
unfähigkeit, wie ſie in dem oben angeführten §. 327. vorgeſehen iſt,
hatte die Staatsraths-Kommiſſion mit der Strafe des qualifizirten Be-
truges bedroht. r) Dieſer letzteren Anſicht trat der Staatsrath bei; in
Beziehung auf das leichtſinnige Schuldenmachen hielt er jedoch auch in
Betreff der Nichtgewerbtreibenden eine Strafe für nöthig, s) was zu den
Beſtimmungen des Entwurfs von 1843. §. 483. führte.

Bei der Reviſion von 1845. hatten einige Monenten den Wegfall
beider Vorſchriften, andere wenigſtens der über das leichtſinnige Schul-
denmachen erlaſſenen beantragt; es wurde aber darauf nicht eingegangen,

q) Berathungs-Protokolle. III. S. 424.
r) Entwurf der Staatsraths-Kommiſſion von 1842. §. 476.
s) Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 11. Mai 1842.
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[498/0508] Th. II. V. d. einzelnen Verbr. ꝛc. Tit. XXIV. Bankerutt. ſonen, ohne Rückſicht auf den Gewerbebetrieb, findet ſich in dem Ent- wurf von 1847. §. 327. „Wer in der Abſicht, ſeinen Gläubigern den Gegenſtand ihrer Befriedigung zu entziehen, ſein Vermögen ganz oder theilweiſe verheimlicht oder bei Seite ſchafft, ferner, wer in der Abſicht ſeine Gläubiger zu benachtheiligen, oder des für dieſelben entſtehenden Scha- dens ungeachtet, ſich oder Dritten Vortheil zu verſchaffen, Schulden anerkennt oder aufſtellt, deren gänzlicher oder theilweiſer Ungrund ihm bekannt iſt, wird mit Strafarbeit bis zu fünf Jahren und Verluſt der Ehrenrechte beſtraft.“ §. 328. „Wer ſeine Gläubiger zu befriedigen außer Stande iſt, wird, wenn er durch Ausſchweifungen, Spiel oder Aufwand übermäßige Summen verbraucht hat, mit Gefängniß beſtraft.“ Der revidirte Entwurf von 1836. §. 652. nahm für Nichtkaufleute die Strafe des gemeinen Bankerutts für den Fall an, wenn die Zah- lungsunfähigkeit durch übertriebenen Aufwand oder andere unnöthige Ausgaben entſtanden iſt. Die Staatsraths-Kommiſſion war jedoch der Anſicht, daß eine ſolche Beſtimmung in ihrer Anwendung auf Nichtkaufleute nicht gerecht- fertigt ſei, „da es der Sicherung des perſönlichen Kredits der Nicht- kaufleute nicht bedürfe, und der unvorſichtige und leichtſinnige Gläubiger ſeinen Schaden tragen möge. Hierzu komme, daß die Anwendung dieſer Beſtimmung mehrfache Schwierigkeit finden müſſe, da andern, als Kaufleuten und Gewerbtreibenden, die Verpflichtung zur Führung von Büchern nicht auferlegt werden könne, und ohne eine ſolche Kon- trolle ſich nicht feſtſtellen laſſe, ob ein übertriebener Aufwand und andere unnöthige Ausgaben, die mit dem Vermögen nicht im Verhältniſſe ſtehen, das Zahlungsvermögen herbeigeführt habe oder nicht.“ q) — Vorſätzliche Benachtheiligung der Gläubiger bei eingetretener Zahlungs- unfähigkeit, wie ſie in dem oben angeführten §. 327. vorgeſehen iſt, hatte die Staatsraths-Kommiſſion mit der Strafe des qualifizirten Be- truges bedroht. r) Dieſer letzteren Anſicht trat der Staatsrath bei; in Beziehung auf das leichtſinnige Schuldenmachen hielt er jedoch auch in Betreff der Nichtgewerbtreibenden eine Strafe für nöthig, s) was zu den Beſtimmungen des Entwurfs von 1843. §. 483. führte. Bei der Reviſion von 1845. hatten einige Monenten den Wegfall beider Vorſchriften, andere wenigſtens der über das leichtſinnige Schul- denmachen erlaſſenen beantragt; es wurde aber darauf nicht eingegangen, q) Berathungs-Protokolle. III. S. 424. r) Entwurf der Staatsraths-Kommiſſion von 1842. §. 476. s) Protokolle des Staatsraths, Sitzung vom 11. Mai 1842.

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/508>, abgerufen am 23.04.2024.