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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

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§§. 319-322. Mißbrauch der Amtsgewalt in Strafsachen.
persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850. (G. S. S. 45-48.) und
zur Sicherung seiner Ausführung erlassen. Der Ausdruck "mit Vorsatz
eine rechtswidrige Verhaftung" u. s. w. läßt die Strafe aber nur bei
der dolosen Handlung, welche im Bewußtsein der Rechtswidrigkeit ver-
übt ist, begründet erscheinen, wobei jedoch zu bemerken, daß der Rechts-
irrthum
einem Beamten am Wenigsten zur Entschuldigung gereichen
kann. t) Das Wort "rechtswidrig" in Nr. 2. ist hinzugefügt worden,
um den Fall von der gesetzlichen Qualifikation auszunehmen, wenn die
Anfangs rechtswidrige Freiheitsberaubung vor Ablauf Eines Monats
eine rechtlich begründete geworden ist. u)

C. Rechtswidriges Eindringen in eine Wohnung (§. 318.). Auch
die hierüber nach dem Beschluß der Kommission der zweiten Kammer
erlassene Bestimmung bezieht sich auf das Gesetz vom 12. Febr. 1850.
§. 7-9., und schärft für Beamte, welche dasselbe verletzen, die Straf-
vorschrift des §. 346.; sie verfügt aber nur über das Eindringen in
eine Wohnung, so daß die anderen in §. 346. vorgesehenen Fälle,
auch wenn Beamte sich derselben schuldig machen, nur als Uebertretun-
gen zu ahnden sind.

§. 319.

Wenn ein Beamter in einer strafgerichtlichen Untersuchung Zwangsmittel
anwendet oder anwenden läßt, um Geständnisse oder Aussagen zu erpressen,
so wird derselbe mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.

§. 320.

Ein Beamter, welcher vorsätzlich zum Nachtheile einer Person, deren Un-
schuld ihm bekannt ist, die Eröffnung oder Fortsetzung einer strafgerichtlichen
Untersuchung beantragt oder beschließt, soll mit Zuchthaus bestraft werden.

Eine gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorsätzlich eine Strafe voll-
strecken läßt, die entweder gar nicht, oder nicht in dem Maaße, wie er sie voll-
strecken läßt, rechtskräftig ausgesprochen ist.

Ist im letzteren Falle die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt
Gefängniß bis zu Einem Jahre ein; auch kann gegen den Beamten auf zei-
tige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.

§. 321.

Ein Beamter, welcher vermöge seines Amtes bei Ausübung der Straf-
gewalt oder bei Vollstreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus
bis zu fünf Jahren bestraft, wenn er in der Absicht, Jemanden der gesetzlichen

t) S. oben S. 46. 47. -- Nach dem Beschluß des vereinigten ständischen Aus-
schusses (Verhandlungen. IV. S. 487-94.) sollte auch die aus Fahrlässigkeit
vorgenommene rechtswidrige Verhaftung kriminell bestraft werden; gegenwärtig ist sie
dem Disziplinarverfahren vorbehalten; Motive zum Entwurf von 1850. §. 290.
u) Kommissionsbericht a. a. O. zu §. 290. 290a. (317. 318.).

§§. 319-322. Mißbrauch der Amtsgewalt in Strafſachen.
perſönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850. (G. S. S. 45-48.) und
zur Sicherung ſeiner Ausführung erlaſſen. Der Ausdruck „mit Vorſatz
eine rechtswidrige Verhaftung“ u. ſ. w. läßt die Strafe aber nur bei
der doloſen Handlung, welche im Bewußtſein der Rechtswidrigkeit ver-
übt iſt, begründet erſcheinen, wobei jedoch zu bemerken, daß der Rechts-
irrthum
einem Beamten am Wenigſten zur Entſchuldigung gereichen
kann. t) Das Wort „rechtswidrig“ in Nr. 2. iſt hinzugefügt worden,
um den Fall von der geſetzlichen Qualifikation auszunehmen, wenn die
Anfangs rechtswidrige Freiheitsberaubung vor Ablauf Eines Monats
eine rechtlich begründete geworden iſt. u)

C. Rechtswidriges Eindringen in eine Wohnung (§. 318.). Auch
die hierüber nach dem Beſchluß der Kommiſſion der zweiten Kammer
erlaſſene Beſtimmung bezieht ſich auf das Geſetz vom 12. Febr. 1850.
§. 7-9., und ſchärft für Beamte, welche daſſelbe verletzen, die Straf-
vorſchrift des §. 346.; ſie verfügt aber nur über das Eindringen in
eine Wohnung, ſo daß die anderen in §. 346. vorgeſehenen Fälle,
auch wenn Beamte ſich derſelben ſchuldig machen, nur als Uebertretun-
gen zu ahnden ſind.

§. 319.

Wenn ein Beamter in einer ſtrafgerichtlichen Unterſuchung Zwangsmittel
anwendet oder anwenden läßt, um Geſtändniſſe oder Ausſagen zu erpreſſen,
ſo wird derſelbe mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft.

§. 320.

Ein Beamter, welcher vorſätzlich zum Nachtheile einer Perſon, deren Un-
ſchuld ihm bekannt iſt, die Eröffnung oder Fortſetzung einer ſtrafgerichtlichen
Unterſuchung beantragt oder beſchließt, ſoll mit Zuchthaus beſtraft werden.

Eine gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorſätzlich eine Strafe voll-
ſtrecken läßt, die entweder gar nicht, oder nicht in dem Maaße, wie er ſie voll-
ſtrecken läßt, rechtskräftig ausgeſprochen iſt.

Iſt im letzteren Falle die Handlung aus Fahrläſſigkeit begangen, ſo tritt
Gefängniß bis zu Einem Jahre ein; auch kann gegen den Beamten auf zei-
tige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden.

§. 321.

Ein Beamter, welcher vermöge ſeines Amtes bei Ausübung der Straf-
gewalt oder bei Vollſtreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus
bis zu fünf Jahren beſtraft, wenn er in der Abſicht, Jemanden der geſetzlichen

t) S. oben S. 46. 47. — Nach dem Beſchluß des vereinigten ſtändiſchen Aus-
ſchuſſes (Verhandlungen. IV. S. 487-94.) ſollte auch die aus Fahrläſſigkeit
vorgenommene rechtswidrige Verhaftung kriminell beſtraft werden; gegenwärtig iſt ſie
dem Disziplinarverfahren vorbehalten; Motive zum Entwurf von 1850. §. 290.
u) Kommiſſionsbericht a. a. O. zu §. 290. 290a. (317. 318.).
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[557/0567] §§. 319-322. Mißbrauch der Amtsgewalt in Strafſachen. perſönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850. (G. S. S. 45-48.) und zur Sicherung ſeiner Ausführung erlaſſen. Der Ausdruck „mit Vorſatz eine rechtswidrige Verhaftung“ u. ſ. w. läßt die Strafe aber nur bei der doloſen Handlung, welche im Bewußtſein der Rechtswidrigkeit ver- übt iſt, begründet erſcheinen, wobei jedoch zu bemerken, daß der Rechts- irrthum einem Beamten am Wenigſten zur Entſchuldigung gereichen kann. t) Das Wort „rechtswidrig“ in Nr. 2. iſt hinzugefügt worden, um den Fall von der geſetzlichen Qualifikation auszunehmen, wenn die Anfangs rechtswidrige Freiheitsberaubung vor Ablauf Eines Monats eine rechtlich begründete geworden iſt. u) C. Rechtswidriges Eindringen in eine Wohnung (§. 318.). Auch die hierüber nach dem Beſchluß der Kommiſſion der zweiten Kammer erlaſſene Beſtimmung bezieht ſich auf das Geſetz vom 12. Febr. 1850. §. 7-9., und ſchärft für Beamte, welche daſſelbe verletzen, die Straf- vorſchrift des §. 346.; ſie verfügt aber nur über das Eindringen in eine Wohnung, ſo daß die anderen in §. 346. vorgeſehenen Fälle, auch wenn Beamte ſich derſelben ſchuldig machen, nur als Uebertretun- gen zu ahnden ſind. §. 319. Wenn ein Beamter in einer ſtrafgerichtlichen Unterſuchung Zwangsmittel anwendet oder anwenden läßt, um Geſtändniſſe oder Ausſagen zu erpreſſen, ſo wird derſelbe mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft. §. 320. Ein Beamter, welcher vorſätzlich zum Nachtheile einer Perſon, deren Un- ſchuld ihm bekannt iſt, die Eröffnung oder Fortſetzung einer ſtrafgerichtlichen Unterſuchung beantragt oder beſchließt, ſoll mit Zuchthaus beſtraft werden. Eine gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorſätzlich eine Strafe voll- ſtrecken läßt, die entweder gar nicht, oder nicht in dem Maaße, wie er ſie voll- ſtrecken läßt, rechtskräftig ausgeſprochen iſt. Iſt im letzteren Falle die Handlung aus Fahrläſſigkeit begangen, ſo tritt Gefängniß bis zu Einem Jahre ein; auch kann gegen den Beamten auf zei- tige Unfähigkeit zu öffentlichen Aemtern erkannt werden. §. 321. Ein Beamter, welcher vermöge ſeines Amtes bei Ausübung der Straf- gewalt oder bei Vollſtreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren beſtraft, wenn er in der Abſicht, Jemanden der geſetzlichen t) S. oben S. 46. 47. — Nach dem Beſchluß des vereinigten ſtändiſchen Aus- ſchuſſes (Verhandlungen. IV. S. 487-94.) ſollte auch die aus Fahrläſſigkeit vorgenommene rechtswidrige Verhaftung kriminell beſtraft werden; gegenwärtig iſt ſie dem Disziplinarverfahren vorbehalten; Motive zum Entwurf von 1850. §. 290. u) Kommiſſionsbericht a. a. O. zu §. 290. 290a. (317. 318.).

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Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/567>, abgerufen am 29.03.2024.