Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Einführungsgesetz. Abschnitt II.
wenn sie nicht ausdrücklich vorgeschrieben wäre, nothwendig zur Anwen-
dung gebracht werden müßte. n)

Dasselbe läßt sich von der Vorschrift des Art. XXV. sagen, indem
nur darüber Zweifel bestehen konnten, ob die aufgestellte Regel auf die
genannten Fälle zu beschränken oder nur durch dieselben zu erläutern sei.
Es ist der letztere Weg durch Hinzufügung des Wortes "insbesondere"
gewählt, und dadurch die weitere Feststellung des Verfahrens der künf-
tigen Gesetzgebung und der Praxis vorbehalten worden.

II. Die beiden Bedingungen der Rückfallsstrafe: vorhergegangene
rechtskräftige Verurtheilung durch einen Preußischen Gerichtshof und
Identität der mehreren Verbrechen oder Vergehen (§. 58.) sind als dem
Rechtsgebiet angehörig bei Erkenntnissen des Schwurgerichtshofs der
Mitwirkung der Geschworenen entzogen worden (Art. XXVI.).

Artikel XXVII.

Im Bezirke des Rheinischen Appellationsgerichtshofes kommen folgende
Bestimmungen zur Anwendung:

§. 1.

Alle wegen eines und desselben Verbrechens oder Vergehens zur Strafe
verurtheilte Personen sind zu den Kosten, zur Rückgabe und zum Schadens-
ersatze, auf welche erkannt wird, solidarisch zu verurtheilen.

§. 2.

Wegen der Rückgabe und des Schadensersatzes, auf welche wegen straf-
barer Handlungen erkannt wird, findet gegen die Verurtheilten die persönliche
Haft statt.

§. 3.

Ist auf Konfiskation oder Geldbuße, zugleich aber auf Rückgabe oder
Schadensersatz erkannt worden, so haben die letzteren den Vorzug, wenn das
Vermögen des Verurtheilten nicht ausreicht, alle diese Leistungen zu bestreiten.



Der Artikel hält die in Folge der Vorschrift des Art. II. aufgeho-
benen Bestimmungen des Code penal Art. 52., 54. und 55. aufrecht.
Jedoch ist insofern eine Milderung eingetreten, als die Vollstreckung
durch persönliche Haft nur bei der Verurtheilung zur Rückgabe und zum
Schadensersatze beibehalten, und die solidarische Verpflichtung der Mit-
schuldigen nicht auf die Geldbuße ausgedehnt worden ist.


n) Außer den beiden Kommissionsberichten zu diesem Artikel vgl. Fernere
Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von
1847. S. 58. 63.

Das Einführungsgeſetz. Abſchnitt II.
wenn ſie nicht ausdrücklich vorgeſchrieben wäre, nothwendig zur Anwen-
dung gebracht werden müßte. n)

Daſſelbe läßt ſich von der Vorſchrift des Art. XXV. ſagen, indem
nur darüber Zweifel beſtehen konnten, ob die aufgeſtellte Regel auf die
genannten Fälle zu beſchränken oder nur durch dieſelben zu erläutern ſei.
Es iſt der letztere Weg durch Hinzufügung des Wortes „insbeſondere“
gewählt, und dadurch die weitere Feſtſtellung des Verfahrens der künf-
tigen Geſetzgebung und der Praxis vorbehalten worden.

II. Die beiden Bedingungen der Rückfallsſtrafe: vorhergegangene
rechtskräftige Verurtheilung durch einen Preußiſchen Gerichtshof und
Identität der mehreren Verbrechen oder Vergehen (§. 58.) ſind als dem
Rechtsgebiet angehörig bei Erkenntniſſen des Schwurgerichtshofs der
Mitwirkung der Geſchworenen entzogen worden (Art. XXVI.).

Artikel XXVII.

Im Bezirke des Rheiniſchen Appellationsgerichtshofes kommen folgende
Beſtimmungen zur Anwendung:

§. 1.

Alle wegen eines und deſſelben Verbrechens oder Vergehens zur Strafe
verurtheilte Perſonen ſind zu den Koſten, zur Rückgabe und zum Schadens-
erſatze, auf welche erkannt wird, ſolidariſch zu verurtheilen.

§. 2.

Wegen der Rückgabe und des Schadenserſatzes, auf welche wegen ſtraf-
barer Handlungen erkannt wird, findet gegen die Verurtheilten die perſönliche
Haft ſtatt.

§. 3.

Iſt auf Konfiskation oder Geldbuße, zugleich aber auf Rückgabe oder
Schadenserſatz erkannt worden, ſo haben die letzteren den Vorzug, wenn das
Vermögen des Verurtheilten nicht ausreicht, alle dieſe Leiſtungen zu beſtreiten.



Der Artikel hält die in Folge der Vorſchrift des Art. II. aufgeho-
benen Beſtimmungen des Code pénal Art. 52., 54. und 55. aufrecht.
Jedoch iſt inſofern eine Milderung eingetreten, als die Vollſtreckung
durch perſönliche Haft nur bei der Verurtheilung zur Rückgabe und zum
Schadenserſatze beibehalten, und die ſolidariſche Verpflichtung der Mit-
ſchuldigen nicht auf die Geldbuße ausgedehnt worden iſt.


n) Außer den beiden Kommiſſionsberichten zu dieſem Artikel vgl. Fernere
Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von
1847. S. 58. 63.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0636" n="626"/><fw place="top" type="header">Das Einführungsge&#x017F;etz. Ab&#x017F;chnitt          II.</fw><lb/>
wenn &#x017F;ie nicht ausdrücklich vorge&#x017F;chrieben wäre,         nothwendig zur Anwen-<lb/>
dung gebracht werden müßte. <note place="foot" n="n)"> Außer den          beiden Kommi&#x017F;&#x017F;ionsberichten zu die&#x017F;em Artikel vgl. <hi rendition="#g">Fernere<lb/>
Verhandlungen der Staatsraths-Kommi&#x017F;&#x017F;ion           von</hi> 1847. S. 58. 63.</note>        </p><lb/>
              <p>Da&#x017F;&#x017F;elbe läßt &#x017F;ich von der Vor&#x017F;chrift des Art.         XXV. &#x017F;agen, indem<lb/>
nur darüber Zweifel be&#x017F;tehen konnten, ob die         aufge&#x017F;tellte Regel auf die<lb/>
genannten Fälle zu be&#x017F;chränken oder nur         durch die&#x017F;elben zu erläutern &#x017F;ei.<lb/>
Es i&#x017F;t der letztere         Weg durch Hinzufügung des Wortes         &#x201E;insbe&#x017F;ondere&#x201C;<lb/>
gewählt, und dadurch die weitere         Fe&#x017F;t&#x017F;tellung des Verfahrens der künf-<lb/>
tigen         Ge&#x017F;etzgebung und der Praxis vorbehalten worden.</p><lb/>
              <p>II. Die beiden Bedingungen der Rückfalls&#x017F;trafe:         vorhergegangene<lb/>
rechtskräftige Verurtheilung durch einen Preußi&#x017F;chen         Gerichtshof und<lb/>
Identität der mehreren Verbrechen oder Vergehen (§. 58.) &#x017F;ind         als dem<lb/>
Rechtsgebiet angehörig bei Erkenntni&#x017F;&#x017F;en des         Schwurgerichtshofs der<lb/>
Mitwirkung der Ge&#x017F;chworenen entzogen worden (Art.         XXVI.).</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Artikel</hi> XXVII.</head><lb/>
            <div n="4">
              <head/>
              <p>Im Bezirke des Rheini&#x017F;chen Appellationsgerichtshofes kommen         folgende<lb/>
Be&#x017F;timmungen zur Anwendung:</p><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 1.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head/>
                  <p>Alle wegen eines und de&#x017F;&#x017F;elben Verbrechens oder Vergehens zur           Strafe<lb/>
verurtheilte Per&#x017F;onen &#x017F;ind zu den Ko&#x017F;ten, zur           Rückgabe und zum Schadens-<lb/>
er&#x017F;atze, auf welche erkannt wird,           &#x017F;olidari&#x017F;ch zu verurtheilen.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 2.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head/>
                  <p>Wegen der Rückgabe und des Schadenser&#x017F;atzes, auf welche wegen           &#x017F;traf-<lb/>
barer Handlungen erkannt wird, findet gegen die Verurtheilten die           per&#x017F;önliche<lb/>
Haft &#x017F;tatt.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 3.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head/>
                  <p>I&#x017F;t auf Konfiskation oder Geldbuße, zugleich aber auf Rückgabe           oder<lb/>
Schadenser&#x017F;atz erkannt worden, &#x017F;o haben die letzteren den           Vorzug, wenn das<lb/>
Vermögen des Verurtheilten nicht ausreicht, alle die&#x017F;e           Lei&#x017F;tungen zu be&#x017F;treiten.</p><lb/>
                  <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
                  <p>Der Artikel hält die in Folge der Vor&#x017F;chrift des Art. II. aufgeho-<lb/>
benen           Be&#x017F;timmungen des <hi rendition="#aq">Code pénal Art.</hi> 52., 54.           und 55. aufrecht.<lb/>
Jedoch i&#x017F;t in&#x017F;ofern eine Milderung           eingetreten, als die Voll&#x017F;treckung<lb/>
durch per&#x017F;önliche Haft nur           bei der Verurtheilung zur Rückgabe und zum<lb/>
Schadenser&#x017F;atze beibehalten, und           die &#x017F;olidari&#x017F;che Verpflichtung der Mit-<lb/>
&#x017F;chuldigen           nicht auf die Geldbuße ausgedehnt worden i&#x017F;t.</p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[626/0636] Das Einführungsgeſetz. Abſchnitt II. wenn ſie nicht ausdrücklich vorgeſchrieben wäre, nothwendig zur Anwen- dung gebracht werden müßte. n) Daſſelbe läßt ſich von der Vorſchrift des Art. XXV. ſagen, indem nur darüber Zweifel beſtehen konnten, ob die aufgeſtellte Regel auf die genannten Fälle zu beſchränken oder nur durch dieſelben zu erläutern ſei. Es iſt der letztere Weg durch Hinzufügung des Wortes „insbeſondere“ gewählt, und dadurch die weitere Feſtſtellung des Verfahrens der künf- tigen Geſetzgebung und der Praxis vorbehalten worden. II. Die beiden Bedingungen der Rückfallsſtrafe: vorhergegangene rechtskräftige Verurtheilung durch einen Preußiſchen Gerichtshof und Identität der mehreren Verbrechen oder Vergehen (§. 58.) ſind als dem Rechtsgebiet angehörig bei Erkenntniſſen des Schwurgerichtshofs der Mitwirkung der Geſchworenen entzogen worden (Art. XXVI.). Artikel XXVII. Im Bezirke des Rheiniſchen Appellationsgerichtshofes kommen folgende Beſtimmungen zur Anwendung: §. 1. Alle wegen eines und deſſelben Verbrechens oder Vergehens zur Strafe verurtheilte Perſonen ſind zu den Koſten, zur Rückgabe und zum Schadens- erſatze, auf welche erkannt wird, ſolidariſch zu verurtheilen. §. 2. Wegen der Rückgabe und des Schadenserſatzes, auf welche wegen ſtraf- barer Handlungen erkannt wird, findet gegen die Verurtheilten die perſönliche Haft ſtatt. §. 3. Iſt auf Konfiskation oder Geldbuße, zugleich aber auf Rückgabe oder Schadenserſatz erkannt worden, ſo haben die letzteren den Vorzug, wenn das Vermögen des Verurtheilten nicht ausreicht, alle dieſe Leiſtungen zu beſtreiten. Der Artikel hält die in Folge der Vorſchrift des Art. II. aufgeho- benen Beſtimmungen des Code pénal Art. 52., 54. und 55. aufrecht. Jedoch iſt inſofern eine Milderung eingetreten, als die Vollſtreckung durch perſönliche Haft nur bei der Verurtheilung zur Rückgabe und zum Schadenserſatze beibehalten, und die ſolidariſche Verpflichtung der Mit- ſchuldigen nicht auf die Geldbuße ausgedehnt worden iſt. n) Außer den beiden Kommiſſionsberichten zu dieſem Artikel vgl. Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1847. S. 58. 63.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/636
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/636>, abgerufen am 24.04.2024.