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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Zweites Buch, viertes Kapitel.
Vorhaben, als eben hier zu sein); am nächsten Tage
möge er dann getrost nach Griechenland oder
Kamerun fahren; sie aber werde die Sachen ein¬
packen und mit einem Brief, den er schreiben
müsse, an die Adresse der alten Wiehrs schicken.

Der Brief lautete:

Lieber Vater und liebe Mutter Wiehr!

Seien Sie mir nicht böse, daß ich ohne
Abschied von Ihnen fortgegangen bin und nahe
daran war, eine große Schlechtigkeit zu begehen.
Ich hoffe, Alles gut machen zu können, und bitte
Sie, meinen Eltern nichts von dem zu sagen, was
ich beinahe begangen hätte. Lassen Sie mich
nicht verfolgen und melden Sie mich in der
Schule ab. Es dankt Ihnen für alles Gute,
was Sie ihm, dem Unwürdigen, gethan haben,

Ihr Pflegesohn
W. St.

Die Schlußsätze des Briefes waren eigenste
Hinzufügung Stilpes. Sonst war der Brief nicht
eigentlich nach seinen Intentionen. Er hatte ihn
zerknirschter und umfangreicher angelegt, mit einer

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Zweites Buch, viertes Kapitel.
Vorhaben, als eben hier zu ſein); am nächſten Tage
möge er dann getroſt nach Griechenland oder
Kamerun fahren; ſie aber werde die Sachen ein¬
packen und mit einem Brief, den er ſchreiben
müſſe, an die Adreſſe der alten Wiehrs ſchicken.

Der Brief lautete:

Lieber Vater und liebe Mutter Wiehr!

Seien Sie mir nicht böſe, daß ich ohne
Abſchied von Ihnen fortgegangen bin und nahe
daran war, eine große Schlechtigkeit zu begehen.
Ich hoffe, Alles gut machen zu können, und bitte
Sie, meinen Eltern nichts von dem zu ſagen, was
ich beinahe begangen hätte. Laſſen Sie mich
nicht verfolgen und melden Sie mich in der
Schule ab. Es dankt Ihnen für alles Gute,
was Sie ihm, dem Unwürdigen, gethan haben,

Ihr Pflegeſohn
W. St.

Die Schlußſätze des Briefes waren eigenſte
Hinzufügung Stilpes. Sonſt war der Brief nicht
eigentlich nach ſeinen Intentionen. Er hatte ihn
zerknirſchter und umfangreicher angelegt, mit einer

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[161/0175] Zweites Buch, viertes Kapitel. Vorhaben, als eben hier zu ſein); am nächſten Tage möge er dann getroſt nach Griechenland oder Kamerun fahren; ſie aber werde die Sachen ein¬ packen und mit einem Brief, den er ſchreiben müſſe, an die Adreſſe der alten Wiehrs ſchicken. Der Brief lautete: Lieber Vater und liebe Mutter Wiehr! Seien Sie mir nicht böſe, daß ich ohne Abſchied von Ihnen fortgegangen bin und nahe daran war, eine große Schlechtigkeit zu begehen. Ich hoffe, Alles gut machen zu können, und bitte Sie, meinen Eltern nichts von dem zu ſagen, was ich beinahe begangen hätte. Laſſen Sie mich nicht verfolgen und melden Sie mich in der Schule ab. Es dankt Ihnen für alles Gute, was Sie ihm, dem Unwürdigen, gethan haben, Ihr Pflegeſohn W. St. Die Schlußſätze des Briefes waren eigenſte Hinzufügung Stilpes. Sonſt war der Brief nicht eigentlich nach ſeinen Intentionen. Er hatte ihn zerknirſchter und umfangreicher angelegt, mit einer 11

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/175>, abgerufen am 28.03.2024.