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Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765.

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Wann die Inclination kleiner als die Höhe des Aequators ist, nemlich
wann zu Paris die Fläche gegen Mittag um 30. Grad incliniret wäre, so ad-
diret man die 30. Grade der Inclination zu der Höhe des Pols 49., und ma-
chet eine Horizontaluhr vor die Polhöhe von 79. Grad; der Mittelpunct der
obern gegen Mitternacht stehenden Fläche wird in der Höhe stehen, die Früh-
stunden aber zur rechten, und die zu Abends zur linken Hand sich befinden, hin-
gegen hat die im Gegentheil gegen Mittag zu gestellte untere Fläche ihr Mit-
telpanct unten, die Früh stunden zur linken, und die Abend stunden zur rechten
Hand.

Wann aber endlich die Inclination grösser, als die Höhe des Aequa-
tors, wäre, als wie zu Paris um 60. Grad, so addiret man das Complement
der Inclination, das 30. ist, zu der Elevation des Aequators, die 41. macht,
so ist die Summe 71. Grad, nach welcher Polhöhe man eine Horizontal-
uhr verfertiget. Die obere Fläche gegen Mitternacht hat ihr Mittelpunct
unten, und sind die Frühstunden zur rechten Hand: die andere Fläche, die im
Gegentheil stehet, als die untere gegen Mittag hat den Mittelpunct in der Hö-
he, und die Vormittagsstunden zur linken.

Die Mittagslinie oder die Linie der 12ten Stunde ist die Substylarlinie
aller inclimirenden oder abhängenden Uhven, die nichtabweichen; selbige gehet
durch ihr Mittelpunct, und machet mit der Linie der 6ten Stunde gerade Win-
kel. Man kann solche auf denen inclinirenden Flächen, mit Beyhülfe eines
mit seinem Bley herabhängenden Fadens mit dem Licht oder dem Gesichtsra-
dio ziehen; dann der Schatten, wo der Radius durch den Mittelpunct gehet,
wird ihren Zug nach der Länge der Fläche andeuten.

Alle diese unterschiedliche Arten der Sonnenuhren vorstellig zu machen,
hätte man 8. Figuren haben müssen, nemlich vier vor die obere, und vier vor
die untere Flächen; dieweilen aber nicht schwer ist, solche sich einzubilden und
zu ziehen, also haben wir deren nicht mehr als nur zwo in Ansehung eines
Zwölfecks, auf welches man selbige beschreibet, ausgerissen.

Von der Zubereitung der abweichenden und zugleich inclini-
renden oder abwärts hangenden Uhren.

Die Abweichung einer Uhr ist der Winkel, den ihre Fläche mit dem
Hauptvertical, und die Inclination ist ein Winkel, welchen die Fläche mit
dem Horizont machet. Wir wollen hernach die Art und Manier, um eine
oder die andere zu finden, anweisen.

Man supponiret hier zum Exempel: daß man eine um 36. Grad von
Mittag gegen Morgen abweichende Uhr verzeichnen wolle, die zugleich gegen
die Erde um 63. Grad, 26. Minuten inclinire, gleichwie diejenige bey C in der
zwoten Figur ist, welche ein Dodecaedron in der 22ten Tabelle vorstellig
machet.

Tab. XXII.
Fig. 2.

Wann die Inclination kleiner als die Höhe des Aequators iſt, nemlich
wann zu Paris die Fläche gegen Mittag um 30. Grad incliniret wäre, ſo ad-
diret man die 30. Grade der Inclination zu der Höhe des Pols 49., und ma-
chet eine Horizontaluhr vor die Polhöhe von 79. Grad; der Mittelpunct der
obern gegen Mitternacht ſtehenden Fläche wird in der Höhe ſtehen, die Früh-
ſtunden aber zur rechten, und die zu Abends zur linken Hand ſich befinden, hin-
gegen hat die im Gegentheil gegen Mittag zu geſtellte untere Fläche ihr Mit-
telpanct unten, die Früh ſtunden zur linken, und die Abend ſtunden zur rechten
Hand.

Wann aber endlich die Inclination gröſſer, als die Höhe des Aequa-
tors, wäre, als wie zu Paris um 60. Grad, ſo addiret man das Complement
der Inclination, das 30. iſt, zu der Elevation des Aequators, die 41. macht,
ſo iſt die Summe 71. Grad, nach welcher Polhöhe man eine Horizontal-
uhr verfertiget. Die obere Fläche gegen Mitternacht hat ihr Mittelpunct
unten, und ſind die Frühſtunden zur rechten Hand: die andere Fläche, die im
Gegentheil ſtehet, als die untere gegen Mittag hat den Mittelpunct in der Hö-
he, und die Vormittagsſtunden zur linken.

Die Mittagslinie oder die Linie der 12ten Stunde iſt die Subſtylarlinie
aller inclimirenden oder abhängenden Uhven, die nichtabweichen; ſelbige gehet
durch ihr Mittelpunct, und machet mit der Linie der 6ten Stunde gerade Win-
kel. Man kann ſolche auf denen inclinirenden Flächen, mit Beyhülfe eines
mit ſeinem Bley herabhängenden Fadens mit dem Licht oder dem Geſichtsra-
dio ziehen; dann der Schatten, wo der Radius durch den Mittelpunct gehet,
wird ihren Zug nach der Länge der Fläche andeuten.

Alle dieſe unterſchiedliche Arten der Sonnenuhren vorſtellig zu machen,
hätte man 8. Figuren haben müſſen, nemlich vier vor die obere, und vier vor
die untere Flächen; dieweilen aber nicht ſchwer iſt, ſolche ſich einzubilden und
zu ziehen, alſo haben wir deren nicht mehr als nur zwo in Anſehung eines
Zwölfecks, auf welches man ſelbige beſchreibet, auſgeriſſen.

Von der Zubereitung der abweichenden und zugleich inclini-
renden oder abwärts hangenden Uhren.

Die Abweichung einer Uhr iſt der Winkel, den ihre Fläche mit dem
Hauptvertical, und die Inclination iſt ein Winkel, welchen die Fläche mit
dem Horizont machet. Wir wollen hernach die Art und Manier, um eine
oder die andere zu finden, anweiſen.

Man ſupponiret hier zum Exempel: daß man eine um 36. Grad von
Mittag gegen Morgen abweichende Uhr verzeichnen wolle, die zugleich gegen
die Erde um 63. Grad, 26. Minuten inclinire, gleichwie diejenige bey C in der
zwoten Figur iſt, welche ein Dodecaedron in der 22ten Tabelle vorſtellig
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Tab. XXII.
Fig. 2.
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[339/0361] Wann die Inclination kleiner als die Höhe des Aequators iſt, nemlich wann zu Paris die Fläche gegen Mittag um 30. Grad incliniret wäre, ſo ad- diret man die 30. Grade der Inclination zu der Höhe des Pols 49., und ma- chet eine Horizontaluhr vor die Polhöhe von 79. Grad; der Mittelpunct der obern gegen Mitternacht ſtehenden Fläche wird in der Höhe ſtehen, die Früh- ſtunden aber zur rechten, und die zu Abends zur linken Hand ſich befinden, hin- gegen hat die im Gegentheil gegen Mittag zu geſtellte untere Fläche ihr Mit- telpanct unten, die Früh ſtunden zur linken, und die Abend ſtunden zur rechten Hand. Wann aber endlich die Inclination gröſſer, als die Höhe des Aequa- tors, wäre, als wie zu Paris um 60. Grad, ſo addiret man das Complement der Inclination, das 30. iſt, zu der Elevation des Aequators, die 41. macht, ſo iſt die Summe 71. Grad, nach welcher Polhöhe man eine Horizontal- uhr verfertiget. Die obere Fläche gegen Mitternacht hat ihr Mittelpunct unten, und ſind die Frühſtunden zur rechten Hand: die andere Fläche, die im Gegentheil ſtehet, als die untere gegen Mittag hat den Mittelpunct in der Hö- he, und die Vormittagsſtunden zur linken. Die Mittagslinie oder die Linie der 12ten Stunde iſt die Subſtylarlinie aller inclimirenden oder abhängenden Uhven, die nichtabweichen; ſelbige gehet durch ihr Mittelpunct, und machet mit der Linie der 6ten Stunde gerade Win- kel. Man kann ſolche auf denen inclinirenden Flächen, mit Beyhülfe eines mit ſeinem Bley herabhängenden Fadens mit dem Licht oder dem Geſichtsra- dio ziehen; dann der Schatten, wo der Radius durch den Mittelpunct gehet, wird ihren Zug nach der Länge der Fläche andeuten. Alle dieſe unterſchiedliche Arten der Sonnenuhren vorſtellig zu machen, hätte man 8. Figuren haben müſſen, nemlich vier vor die obere, und vier vor die untere Flächen; dieweilen aber nicht ſchwer iſt, ſolche ſich einzubilden und zu ziehen, alſo haben wir deren nicht mehr als nur zwo in Anſehung eines Zwölfecks, auf welches man ſelbige beſchreibet, auſgeriſſen. Von der Zubereitung der abweichenden und zugleich inclini- renden oder abwärts hangenden Uhren. Die Abweichung einer Uhr iſt der Winkel, den ihre Fläche mit dem Hauptvertical, und die Inclination iſt ein Winkel, welchen die Fläche mit dem Horizont machet. Wir wollen hernach die Art und Manier, um eine oder die andere zu finden, anweiſen. Man ſupponiret hier zum Exempel: daß man eine um 36. Grad von Mittag gegen Morgen abweichende Uhr verzeichnen wolle, die zugleich gegen die Erde um 63. Grad, 26. Minuten inclinire, gleichwie diejenige bey C in der zwoten Figur iſt, welche ein Dodecaedron in der 22ten Tabelle vorſtellig machet.

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Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/361>, abgerufen am 25.04.2024.