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Bion, Nicolas: Dritte Eröfnung der neuen mathematischen Werkschule (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 3. Nürnberg, 1765.

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Von dem Gebrauche dieser Uhren.

Es haben die Astronomen schon vor langer Zeit her aus vielen Beobach-
tungen ganz richtig befunden, daß die Täge, da die Sonne von dem
Mittage eines Orts, biß wieder zu eben denselben innerhalb einem Zeit-
raum von 24. Stunden gelanget, so oft sie nemlich den Schatten eines auf
der Mittagslinie perpendicular stehenden Zeigers auf solche wirft, niemalen
alle das Jahr hindurch, so wol wegen der Schiefe des scheinbaren Sonuen-
laufs in der Ekliptik, als da derselben Grade mit denjenigen des Aequa-
tors gar nicht in einer Gleichheit von dem Meridian können durchschnitten
werden, als auch wegen der Anomalie, die sich in der Bewegung der
Sonne beständig zeiget, einander gleich seyen, indeme aber doch bey Be-
rechnung der Bewegungen von den Sternen vielmehr eine gleiche Zeit,
und darnach solche Täge, die gegen einander beständig in gleicher Länge
sind, nothwendig erfordert werden, so hat man eine gleiche oder mittlere
Zeit, innerhalb welcher die Sonne beständig in dem Acquator eine gleiche
Bewegung zu haben gar nützlich concipiret wird, allerdings supponiren und
annehmen müssen, nach welcher man gegenwärtige Uhren, und zwar auf
folgende Weise zu richten hat.

Man stellet erstlich die Uhr auf die Zeit, wie solche von den Sonnen-
oder auch den Schlaguhren ungefehr angegeben wird, observiret zu Nachts,
um welche Zeit ein Fixstern entweder in den Meridian oder ausserhalb den-
selben zu einem gewissen Puncte, als zu einem Azimuth, nach solcher
Uhr gelanget und notiret diesen Zeitpunct fleissig auf. Nach Verflies-
sung einiger Täge bemerket man auf eben dieser wiederum eben dasjenige,
in welchem sich der vorige Stern, entweder in dem Meridian oder dem obi-
gen Azimuth befindet, setzet diese Zeit zu der vorhergehenden, und ziehet je-
ne von dieser ab, hernach dividiret man die Differenz mit der Anzahl der
zwischen der ersten und letzten Beobachtung verflossenen Täge, und unter-
suchet den Quotienten, ob solcher mit der Acceleration der Fixsterne von
einem Tage, indeme ein jeder von diesen Sternen täglich um 3'. 56". der
Zeit nach eher an den Meridian gelanget, dann als sich obige mittlere
Bewegung ergiebet, nemlich mit 3'. 56". der Zeit accurat übereintrift, so
es deme also, so wäre es richtig, daß die Uhr die mittlere Zeit recht
zeigte, wo aber nicht, und zwar der Quotus kleiner seyn sollte, dann be-
sagte 3'. 56". so wäre der Perpendikel etwas zu kurz, und die Uhr gienge
etwas zu geschwinde, sollte aber der Quotus grösser seyn, so wäre der Per-
pendikel etwas zu lang, und die Uhr gienge demnach etwas zu langsam,
da man dann in jenem Fall den Knopf daran herab, in diesem aber dage-

Von dem Gebrauche dieſer Uhren.

Es haben die Aſtronomen ſchon vor langer Zeit her aus vielen Beobach-
tungen ganz richtig befunden, daß die Täge, da die Sonne von dem
Mittage eines Orts, biß wieder zu eben denſelben innerhalb einem Zeit-
raum von 24. Stunden gelanget, ſo oft ſie nemlich den Schatten eines auf
der Mittagslinie perpendicular ſtehenden Zeigers auf ſolche wirft, niemalen
alle das Jahr hindurch, ſo wol wegen der Schiefe des ſcheinbaren Sonuen-
laufs in der Ekliptik, als da derſelben Grade mit denjenigen des Aequa-
tors gar nicht in einer Gleichheit von dem Meridian können durchſchnitten
werden, als auch wegen der Anomalie, die ſich in der Bewegung der
Sonne beſtändig zeiget, einander gleich ſeyen, indeme aber doch bey Be-
rechnung der Bewegungen von den Sternen vielmehr eine gleiche Zeit,
und darnach ſolche Täge, die gegen einander beſtändig in gleicher Länge
ſind, nothwendig erfordert werden, ſo hat man eine gleiche oder mittlere
Zeit, innerhalb welcher die Sonne beſtändig in dem Acquator eine gleiche
Bewegung zu haben gar nützlich concipiret wird, allerdings ſupponiren und
annehmen müſſen, nach welcher man gegenwärtige Uhren, und zwar auf
folgende Weiſe zu richten hat.

Man ſtellet erſtlich die Uhr auf die Zeit, wie ſolche von den Sonnen-
oder auch den Schlaguhren ungefehr angegeben wird, obſerviret zu Nachts,
um welche Zeit ein Fixſtern entweder in den Meridian oder auſſerhalb den-
ſelben zu einem gewiſſen Puncte, als zu einem Azimuth, nach ſolcher
Uhr gelanget und notiret dieſen Zeitpunct fleiſſig auf. Nach Verflieſ-
ſung einiger Täge bemerket man auf eben dieſer wiederum eben dasjenige,
in welchem ſich der vorige Stern, entweder in dem Meridian oder dem obi-
gen Azimuth befindet, ſetzet dieſe Zeit zu der vorhergehenden, und ziehet je-
ne von dieſer ab, hernach dividiret man die Differenz mit der Anzahl der
zwiſchen der erſten und letzten Beobachtung verfloſſenen Täge, und unter-
ſuchet den Quotienten, ob ſolcher mit der Acceleration der Fixſterne von
einem Tage, indeme ein jeder von dieſen Sternen täglich um 3′. 56″. der
Zeit nach eher an den Meridian gelanget, dann als ſich obige mittlere
Bewegung ergiebet, nemlich mit 3′. 56″. der Zeit accurat übereintrift, ſo
es deme alſo, ſo wäre es richtig, daß die Uhr die mittlere Zeit recht
zeigte, wo aber nicht, und zwar der Quotus kleiner ſeyn ſollte, dann be-
ſagte 3′. 56″. ſo wäre der Perpendikel etwas zu kurz, und die Uhr gienge
etwas zu geſchwinde, ſollte aber der Quotus gröſſer ſeyn, ſo wäre der Per-
pendikel etwas zu lang, und die Uhr gienge demnach etwas zu langſam,
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[118/0130] Von dem Gebrauche dieſer Uhren. Es haben die Aſtronomen ſchon vor langer Zeit her aus vielen Beobach- tungen ganz richtig befunden, daß die Täge, da die Sonne von dem Mittage eines Orts, biß wieder zu eben denſelben innerhalb einem Zeit- raum von 24. Stunden gelanget, ſo oft ſie nemlich den Schatten eines auf der Mittagslinie perpendicular ſtehenden Zeigers auf ſolche wirft, niemalen alle das Jahr hindurch, ſo wol wegen der Schiefe des ſcheinbaren Sonuen- laufs in der Ekliptik, als da derſelben Grade mit denjenigen des Aequa- tors gar nicht in einer Gleichheit von dem Meridian können durchſchnitten werden, als auch wegen der Anomalie, die ſich in der Bewegung der Sonne beſtändig zeiget, einander gleich ſeyen, indeme aber doch bey Be- rechnung der Bewegungen von den Sternen vielmehr eine gleiche Zeit, und darnach ſolche Täge, die gegen einander beſtändig in gleicher Länge ſind, nothwendig erfordert werden, ſo hat man eine gleiche oder mittlere Zeit, innerhalb welcher die Sonne beſtändig in dem Acquator eine gleiche Bewegung zu haben gar nützlich concipiret wird, allerdings ſupponiren und annehmen müſſen, nach welcher man gegenwärtige Uhren, und zwar auf folgende Weiſe zu richten hat. Man ſtellet erſtlich die Uhr auf die Zeit, wie ſolche von den Sonnen- oder auch den Schlaguhren ungefehr angegeben wird, obſerviret zu Nachts, um welche Zeit ein Fixſtern entweder in den Meridian oder auſſerhalb den- ſelben zu einem gewiſſen Puncte, als zu einem Azimuth, nach ſolcher Uhr gelanget und notiret dieſen Zeitpunct fleiſſig auf. Nach Verflieſ- ſung einiger Täge bemerket man auf eben dieſer wiederum eben dasjenige, in welchem ſich der vorige Stern, entweder in dem Meridian oder dem obi- gen Azimuth befindet, ſetzet dieſe Zeit zu der vorhergehenden, und ziehet je- ne von dieſer ab, hernach dividiret man die Differenz mit der Anzahl der zwiſchen der erſten und letzten Beobachtung verfloſſenen Täge, und unter- ſuchet den Quotienten, ob ſolcher mit der Acceleration der Fixſterne von einem Tage, indeme ein jeder von dieſen Sternen täglich um 3′. 56″. der Zeit nach eher an den Meridian gelanget, dann als ſich obige mittlere Bewegung ergiebet, nemlich mit 3′. 56″. der Zeit accurat übereintrift, ſo es deme alſo, ſo wäre es richtig, daß die Uhr die mittlere Zeit recht zeigte, wo aber nicht, und zwar der Quotus kleiner ſeyn ſollte, dann be- ſagte 3′. 56″. ſo wäre der Perpendikel etwas zu kurz, und die Uhr gienge etwas zu geſchwinde, ſollte aber der Quotus gröſſer ſeyn, ſo wäre der Per- pendikel etwas zu lang, und die Uhr gienge demnach etwas zu langſam, da man dann in jenem Fall den Knopf daran herab, in dieſem aber dage-

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Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Dritte Eröfnung der neuen mathematischen Werkschule (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 3. Nürnberg, 1765, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule03_1765/130>, abgerufen am 19.04.2024.