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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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Herrenstands Personen/ worunter sich auch die Prinzefsin
Teutonie bey dem hohen Frauenzimmer mit befande; die
zur linken aber hatte man für die Nymfe Noris/ auch jhre
vornehmste Söhne und Frauenzimmer/ bereitet. Die
Stüle waren alle mit rotem und weissen Tuch überzogen/ so
hinden über die Lähne hinab hienge/ auf welchen Abhängen/
allen und jeden ein schwartzer Adler zu sehen gewesen. Sol-
cher gestalt wurde diesem Friedensmahl ein frölicher An-
fang gemacht/ und in fünf Gängen eine grosse Menge köst-
licher Speisen aufgetragen.

122.

Dieweil diese herrliche Mahlfreude allernächst bey
den Schäfereyen der Tespinghirten/ einem schönen Lust-
tahl angestellet worden/ wolte der Hirtengott Pan den Gä-
sten auch eine Freude machen; schickete derhalben in Form
eines Zeltes geschlossenes Waldgebüsche/ welches ohne eini-
ge äusserliche Hülfe fortgieng/ biß es vor der grossen Pforte
in Angesicht der Gäste gegen der Haudttafel über/ an wel-
cher alle Herrn allein auf jener Seite sassen/ und keiner den
Rucken gegen der Pforte und den offnen Platz wendet/ stehen
blieben. Jederman sahe auf/ was dieses fur eine Abentheur seyn
würde. In dem eröfnete sich vornen das Waldgezelt/ und
liessen sich darinn etliche Götterbilder/ mit unverwandten
Augen und Leibern/ auch in unterschidenen seltzamen Postu-
ren oder Stellungen sehen.

123.

Bald darauf wüschete eine heraus*/ welche also bald* Johann
Wilhelm
Schlüssel-
felder P. N.

für die Zankgöttin Eris oder die Zweytracht erkennet wur-
de. Die Schlangenhaare flatterten jhr um das Haubt.
Ihr zerrissner Rock ware hin und wider mit Blut besprützet;
und schiene sie eben jetzt aus einem Mord- und Metzelbad
zu kommen/ weil auch jhre Füsse gantz im Blut gebadet wa-
ren. So ware auch jhr Sebel noch gantz blutig/ den sie in
der rechten Hand/ in der linken aber eine Fackel/ truge. Sie
lief auf dem Platz vor und an der Tafel auf und ab/ sahe die

Gäste
R 3

Herrenſtands Perſonen/ worunter ſich auch die Prinzefſin
Teutonie bey dem hohen Frauenzimmer mit befande; die
zur linken aber hatte man fuͤr die Nymfe Noris/ auch jhre
vornehmſte Soͤhne und Frauenzimmer/ bereitet. Die
Stüle waren alle mit rotem und weiſſen Tuch uͤberzogen/ ſo
hinden uͤber die Laͤhne hinab hienge/ auf welchen Abhaͤngen/
allen und jeden ein ſchwartzer Adler zu ſehen geweſen. Sol-
cher geſtalt wurde dieſem Friedensmahl ein froͤlicher An-
fang gemacht/ und in fuͤnf Gaͤngen eine groſſe Menge koͤſt-
licher Speiſen aufgetragen.

122.

Dieweil dieſe herꝛliche Mahlfreude allernaͤchſt bey
den Schaͤfereyen der Teſpinghirten/ einem ſchoͤnen Luſt-
tahl angeſtellet worden/ wolte der Hirtengott Pan den Gaͤ-
ſten auch eine Freude machen; ſchickete derhalben in Form
eines Zeltes geſchloſſenes Waldgebuͤſche/ welches ohne eini-
ge aͤuſſerliche Huͤlfe fortgieng/ biß es vor der groſſen Pforte
in Angeſicht der Gaͤſte gegen der Haudttafel uͤber/ an wel-
cher alle Herrn allein auf jener Seite ſaſſen/ und keiner den
Rucken gegen der Pforte und den offnen Platz wendet/ ſtehẽ
bliebẽ. Jederman ſahe auf/ was dieſes fůr eine Abentheur ſeyn
wuͤrde. In dem eroͤfnete ſich vornen das Waldgezelt/ und
lieſſen ſich darinn etliche Goͤtterbilder/ mit unverwandten
Augen und Leibern/ auch in unterſchidenen ſeltzamen Poſtu-
ren oder Stellungen ſehen.

123.

Bald darauf wuͤſchete eine heraus*/ welche alſo bald* Johann
Wilhelm
Schluͤſſel-
felder P. N.

fuͤr die Zankgoͤttin Eris oder die Zweytracht erkennet wur-
de. Die Schlangenhaare flatterten jhr ům das Haubt.
Ihr zerriſſner Rock ware hin und wider mit Blut beſpruͤtzet;
und ſchiene ſie eben jetzt aus einem Mord- und Metzelbad
zu kommen/ weil auch jhre Fuͤſſe gantz im Blut gebadet wa-
ren. So ware auch jhr Sebel noch gantz blutig/ den ſie in
der rechten Hand/ in der linken aber eine Fackel/ truge. Sie
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Gaͤſte
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[125/0181] Herrenſtands Perſonen/ worunter ſich auch die Prinzefſin Teutonie bey dem hohen Frauenzimmer mit befande; die zur linken aber hatte man fuͤr die Nymfe Noris/ auch jhre vornehmſte Soͤhne und Frauenzimmer/ bereitet. Die Stüle waren alle mit rotem und weiſſen Tuch uͤberzogen/ ſo hinden uͤber die Laͤhne hinab hienge/ auf welchen Abhaͤngen/ allen und jeden ein ſchwartzer Adler zu ſehen geweſen. Sol- cher geſtalt wurde dieſem Friedensmahl ein froͤlicher An- fang gemacht/ und in fuͤnf Gaͤngen eine groſſe Menge koͤſt- licher Speiſen aufgetragen. 122. Dieweil dieſe herꝛliche Mahlfreude allernaͤchſt bey den Schaͤfereyen der Teſpinghirten/ einem ſchoͤnen Luſt- tahl angeſtellet worden/ wolte der Hirtengott Pan den Gaͤ- ſten auch eine Freude machen; ſchickete derhalben in Form eines Zeltes geſchloſſenes Waldgebuͤſche/ welches ohne eini- ge aͤuſſerliche Huͤlfe fortgieng/ biß es vor der groſſen Pforte in Angeſicht der Gaͤſte gegen der Haudttafel uͤber/ an wel- cher alle Herrn allein auf jener Seite ſaſſen/ und keiner den Rucken gegen der Pforte und den offnen Platz wendet/ ſtehẽ bliebẽ. Jederman ſahe auf/ was dieſes fůr eine Abentheur ſeyn wuͤrde. In dem eroͤfnete ſich vornen das Waldgezelt/ und lieſſen ſich darinn etliche Goͤtterbilder/ mit unverwandten Augen und Leibern/ auch in unterſchidenen ſeltzamen Poſtu- ren oder Stellungen ſehen. 123. Bald darauf wuͤſchete eine heraus*/ welche alſo bald fuͤr die Zankgoͤttin Eris oder die Zweytracht erkennet wur- de. Die Schlangenhaare flatterten jhr ům das Haubt. Ihr zerriſſner Rock ware hin und wider mit Blut beſpruͤtzet; und ſchiene ſie eben jetzt aus einem Mord- und Metzelbad zu kommen/ weil auch jhre Fuͤſſe gantz im Blut gebadet wa- ren. So ware auch jhr Sebel noch gantz blutig/ den ſie in der rechten Hand/ in der linken aber eine Fackel/ truge. Sie lief auf dem Platz vor und an der Tafel auf und ab/ ſahe die Gaͤſte * Johann Wilhelm Schluͤſſel- felder P. N. R 3

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/181>, abgerufen am 24.04.2024.