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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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da Threnen fliessen/ weil die Freude jhnen das Reden ver-
bote. Das Volk drängete sich hinzu/ begierig/ jhre Prinzessin
zu sehen/ die sie fast schon als todt betrauert hatten. Alle
Stücke wurden jhr zu Ehren loß gebrannt. Alle Gassen ruf-
feten im Vorbeyziehen: Es lebe unsre Prinzessin Teuto-
nie!
Sie ward auf die Burg/ in das für Sie verordnete
Zimmer geführt. Es fielen allerley Reden/ nach dem die Er-
holung die zuvor-gebundnen Zungen wieder loß gemacht.
Man gebrauchte sich aller nur-ersinnlichen Mittel/ dieser
würdigsten Fürstin gebürlich aufzuwarten; massen keine
so hohe Bedienungen konden erdacht werden/ daß eine so
Weltgeehrte Prinzessin nicht solte einer höhern wehrt ge-
wesen seyn.

16.

Deß andern Tags/ als man die zeit mit allerhand
Gesprächen kürtzete/ fienge die Prinzessin unter andern an/
und sagete/ wie dz jhr in verwichenen jhren Bedrängnißjahrn
zu sonderbarem Trost unterschidlich für Ohren und zu Ge-
sichte kommen/ der schöne Fleiß etlicher aus jhrem Lande bür-
tiger Musensöhne/ in Ausüb- und Erhebung jhrer Mutter-
sprache/ welche/ das zu verwundern/ mitten unter den Zerrüt-
tungen deß allgemeinen Staats/ und gleich als eine schö-
ne Rose/ unter den stechenden Kriegsdornen reich hervor zu
blühen angefangen. Darbey hätte sie auch mit sonderm be-
lieben verspüret/ wie die so genannten Tesping Schäfere in
diesem Lob- und Liebwürdigen Tuhn nicht die letzten und ge-
ringsten gewesen; denen sie auch deswegen mit hohen Gna-
den gewogen/ und begierig wäre/ jhren Schäferspielen bey
dieser Gelegenheit Gehör und Lob zu geben.

17.

Hurtige Gemüter würden durch Lob und Lieb
mehr aufgemannet. Hohe Verdienste wären auch hoher
Gunste wehrt. Gunst und Ehre wären die Sporen der
Tugend/ welche zum öftern entweder von dem Neid/ oder

von
C 2

da Threnen flieſſen/ weil die Freude jhnen das Reden ver-
bote. Das Volk draͤngete ſich hinzu/ begierig/ jhre Prinzeſſin
zu ſehen/ die ſie faſt ſchon als todt betrauert hatten. Alle
Stuͤcke wurden jhr zu Ehren loß gebrannt. Alle Gaſſen ruf-
feten im Vorbeyziehen: Es lebe unsre Prinzeſſin Teuto-
nie!
Sie ward auf die Burg/ in das fuͤr Sie verordnete
Zimmer gefuͤhrt. Es fielen allerley Reden/ nach dem die Er-
holung die zuvor-gebundnen Zungen wieder loß gemacht.
Man gebrauchte ſich aller nur-erſinnlichen Mittel/ dieſer
wuͤrdigſten Fuͤrſtin gebürlich aufzuwarten; maſſen keine
ſo hohe Bedienungen konden erdacht werden/ daß eine ſo
Weltgeehrte Prinzeſſin nicht ſolte einer hoͤhern wehrt ge-
weſen ſeyn.

16.

Deß andern Tags/ als man die zeit mit allerhand
Geſpraͤchen kuͤrtzete/ fienge die Prinzeſſin unter andern an/
und ſagete/ wie dz jhr in verwichenẽ jhren Bedraͤngnißjahꝛn
zu ſonderbarem Troſt unterſchidlich fuͤr Ohren und zu Ge-
ſichte kommen/ der ſchoͤne Fleiß etlicher aus jhrem Lande bür-
tiger Muſenſoͤhne/ in Ausuͤb- und Erhebung jhrer Mutter-
ſprache/ welche/ das zu verwundern/ mitten unter den Zerruͤt-
tungen deß allgemeinen Staats/ und gleich als eine ſchoͤ-
ne Roſe/ unter den ſtechenden Kriegsdornen reich hervor zu
blühen angefangen. Darbey haͤtte ſie auch mit ſonderm be-
lieben verſpuͤret/ wie die ſo genannten Teſping Schaͤfere in
dieſem Lob- und Liebwuͤrdigen Tuhn nicht die letzten und ge-
ringſtẽ geweſen; denen ſie auch deswegen mit hohen Gna-
den gewogen/ und begierig waͤre/ jhren Schaͤferſpielen bey
dieſer Gelegenheit Gehoͤr und Lob zu geben.

17.

Hurtige Gemuͤter wuͤrden durch Lob und Lieb
mehr aufgemannet. Hohe Verdienſte waͤren auch hoher
Gunſte wehrt. Gunſt und Ehre waͤren die Sporen der
Tugend/ welche zum oͤftern entweder von dem Neid/ oder

von
C 2
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[11/0061] da Threnen flieſſen/ weil die Freude jhnen das Reden ver- bote. Das Volk draͤngete ſich hinzu/ begierig/ jhre Prinzeſſin zu ſehen/ die ſie faſt ſchon als todt betrauert hatten. Alle Stuͤcke wurden jhr zu Ehren loß gebrannt. Alle Gaſſen ruf- feten im Vorbeyziehen: Es lebe unsre Prinzeſſin Teuto- nie! Sie ward auf die Burg/ in das fuͤr Sie verordnete Zimmer gefuͤhrt. Es fielen allerley Reden/ nach dem die Er- holung die zuvor-gebundnen Zungen wieder loß gemacht. Man gebrauchte ſich aller nur-erſinnlichen Mittel/ dieſer wuͤrdigſten Fuͤrſtin gebürlich aufzuwarten; maſſen keine ſo hohe Bedienungen konden erdacht werden/ daß eine ſo Weltgeehrte Prinzeſſin nicht ſolte einer hoͤhern wehrt ge- weſen ſeyn. 16. Deß andern Tags/ als man die zeit mit allerhand Geſpraͤchen kuͤrtzete/ fienge die Prinzeſſin unter andern an/ und ſagete/ wie dz jhr in verwichenẽ jhren Bedraͤngnißjahꝛn zu ſonderbarem Troſt unterſchidlich fuͤr Ohren und zu Ge- ſichte kommen/ der ſchoͤne Fleiß etlicher aus jhrem Lande bür- tiger Muſenſoͤhne/ in Ausuͤb- und Erhebung jhrer Mutter- ſprache/ welche/ das zu verwundern/ mitten unter den Zerruͤt- tungen deß allgemeinen Staats/ und gleich als eine ſchoͤ- ne Roſe/ unter den ſtechenden Kriegsdornen reich hervor zu blühen angefangen. Darbey haͤtte ſie auch mit ſonderm be- lieben verſpuͤret/ wie die ſo genannten Teſping Schaͤfere in dieſem Lob- und Liebwuͤrdigen Tuhn nicht die letzten und ge- ringſtẽ geweſen; denen ſie auch deswegen mit hohen Gna- den gewogen/ und begierig waͤre/ jhren Schaͤferſpielen bey dieſer Gelegenheit Gehoͤr und Lob zu geben. 17. Hurtige Gemuͤter wuͤrden durch Lob und Lieb mehr aufgemannet. Hohe Verdienſte waͤren auch hoher Gunſte wehrt. Gunſt und Ehre waͤren die Sporen der Tugend/ welche zum oͤftern entweder von dem Neid/ oder von C 2

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/61>, abgerufen am 28.03.2024.