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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.

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Deutscher Parteigeist. Erhebung in den Grafenstand.
hohen Verdienste, dem ich so oft Gelegenheit hatte, meinen Dank
auszusprechen, auch einen öffentlichen Beweis desselben zu geben,
erhebe ich Sie hiermit mit Ihrer Descendenz in den Grafen Stand,
eine Auszeichnung, welche auch immerhin beweisen wird, wie hoch
ich Ihre Leistungen um das Vaterland zu würdigen wußte.

Ihr
Wohlgeneigter König
Wilhelm."

IV.

Die Verhandlungen zwischen Berlin und Wien, zwischen Preu¬
ßen und den übrigen deutschen Staaten, welche die Zeit von dem
Gasteiner Vertrage bis zum Ausbruch des Krieges ausfüllten, sind
actenmäßig bekannt. In Süddeutschland tritt Streit und Kampf
mit Preußen zum Theil hinter deutsch-patriotische Gefühle zurück;
in Schleswig-Holstein beginnen diejenigen, deren Wünsche nicht in
Erfüllung gingen, sich mit der neuen Ordnung der Dinge aus¬
zusöhnen; nur die Welfen werden des Federkrieges über die Ereig¬
nisse von 1866 nicht müde.

Die unvortheilhafte Gestaltung, die Preußen auf dem
Wiener Congreß als Lohn seiner Anstrengungen und Leistungen
davon getragen hatte, war nur haltbar, wenn wir mit den zwischen
beide Theile der Monarchie eingeschobenen Staaten des alten Bünd¬
nisses aus dem siebenjährigen Kriege sicher waren. Ich bin lebhaft
bemüht gewesen, Hanover und den mir befreundeten Grafen Platen
dafür zu gewinnen, und es war alle Aussicht vorhanden, daß wenig¬
stens ein Neutralitätsvertrag zu Stande kommen werde, als am
21. Januar 1866 Graf Platen in Berlin mit mir über die Ver¬
heirathung der hanöverschen Prinzessin Friederike mit unserm
jungen Prinzen Albrecht verhandelte, und wir das Einverständniß
beider Höfe so weit zu Stande brachten, daß nur noch eine per¬
sönliche Begegnung der jungen Herrschaften vorbehalten wurde, um
deren gegenseitigen Eindruck festzustellen.

Deutſcher Parteigeiſt. Erhebung in den Grafenſtand.
hohen Verdienſte, dem ich ſo oft Gelegenheit hatte, meinen Dank
auszuſprechen, auch einen öffentlichen Beweis deſſelben zu geben,
erhebe ich Sie hiermit mit Ihrer Deſcendenz in den Grafen Stand,
eine Auszeichnung, welche auch immerhin beweiſen wird, wie hoch
ich Ihre Leiſtungen um das Vaterland zu würdigen wußte.

Ihr
Wohlgeneigter König
Wilhelm.“

IV.

Die Verhandlungen zwiſchen Berlin und Wien, zwiſchen Preu¬
ßen und den übrigen deutſchen Staaten, welche die Zeit von dem
Gaſteiner Vertrage bis zum Ausbruch des Krieges ausfüllten, ſind
actenmäßig bekannt. In Süddeutſchland tritt Streit und Kampf
mit Preußen zum Theil hinter deutſch-patriotiſche Gefühle zurück;
in Schleswig-Holſtein beginnen diejenigen, deren Wünſche nicht in
Erfüllung gingen, ſich mit der neuen Ordnung der Dinge aus¬
zuſöhnen; nur die Welfen werden des Federkrieges über die Ereig¬
niſſe von 1866 nicht müde.

Die unvortheilhafte Geſtaltung, die Preußen auf dem
Wiener Congreß als Lohn ſeiner Anſtrengungen und Leiſtungen
davon getragen hatte, war nur haltbar, wenn wir mit den zwiſchen
beide Theile der Monarchie eingeſchobenen Staaten des alten Bünd¬
niſſes aus dem ſiebenjährigen Kriege ſicher waren. Ich bin lebhaft
bemüht geweſen, Hanover und den mir befreundeten Grafen Platen
dafür zu gewinnen, und es war alle Ausſicht vorhanden, daß wenig¬
ſtens ein Neutralitätsvertrag zu Stande kommen werde, als am
21. Januar 1866 Graf Platen in Berlin mit mir über die Ver¬
heirathung der hanöverſchen Prinzeſſin Friederike mit unſerm
jungen Prinzen Albrecht verhandelte, und wir das Einverſtändniß
beider Höfe ſo weit zu Stande brachten, daß nur noch eine per¬
ſönliche Begegnung der jungen Herrſchaften vorbehalten wurde, um
deren gegenſeitigen Eindruck feſtzuſtellen.

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[23/0047] Deutſcher Parteigeiſt. Erhebung in den Grafenſtand. hohen Verdienſte, dem ich ſo oft Gelegenheit hatte, meinen Dank auszuſprechen, auch einen öffentlichen Beweis deſſelben zu geben, erhebe ich Sie hiermit mit Ihrer Deſcendenz in den Grafen Stand, eine Auszeichnung, welche auch immerhin beweiſen wird, wie hoch ich Ihre Leiſtungen um das Vaterland zu würdigen wußte. Ihr Wohlgeneigter König Wilhelm.“ IV. Die Verhandlungen zwiſchen Berlin und Wien, zwiſchen Preu¬ ßen und den übrigen deutſchen Staaten, welche die Zeit von dem Gaſteiner Vertrage bis zum Ausbruch des Krieges ausfüllten, ſind actenmäßig bekannt. In Süddeutſchland tritt Streit und Kampf mit Preußen zum Theil hinter deutſch-patriotiſche Gefühle zurück; in Schleswig-Holſtein beginnen diejenigen, deren Wünſche nicht in Erfüllung gingen, ſich mit der neuen Ordnung der Dinge aus¬ zuſöhnen; nur die Welfen werden des Federkrieges über die Ereig¬ niſſe von 1866 nicht müde. Die unvortheilhafte Geſtaltung, die Preußen auf dem Wiener Congreß als Lohn ſeiner Anſtrengungen und Leiſtungen davon getragen hatte, war nur haltbar, wenn wir mit den zwiſchen beide Theile der Monarchie eingeſchobenen Staaten des alten Bünd¬ niſſes aus dem ſiebenjährigen Kriege ſicher waren. Ich bin lebhaft bemüht geweſen, Hanover und den mir befreundeten Grafen Platen dafür zu gewinnen, und es war alle Ausſicht vorhanden, daß wenig¬ ſtens ein Neutralitätsvertrag zu Stande kommen werde, als am 21. Januar 1866 Graf Platen in Berlin mit mir über die Ver¬ heirathung der hanöverſchen Prinzeſſin Friederike mit unſerm jungen Prinzen Albrecht verhandelte, und wir das Einverſtändniß beider Höfe ſo weit zu Stande brachten, daß nur noch eine per¬ ſönliche Begegnung der jungen Herrſchaften vorbehalten wurde, um deren gegenſeitigen Eindruck feſtzuſtellen.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/47>, abgerufen am 29.03.2024.