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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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Ganz anders verhält sich dies, und schon die
nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter,
wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich
entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden,
woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von
den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder
Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding
zwischen beyden ausmachen.

Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba-
starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat-
tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug-
ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des
Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö-
gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in-
dem sie unter den Veraltungen des Menschenge-
schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an
scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men-
schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier-
weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter
Geilheit14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung
von Enthaltsamkeit geschehen15)

14) Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88.
S. 19. "Von einem gewissen gelehrten
Freunde, welcher auf einer Reise durch
Sizilien die alten Denkmäler und die
Volkssitten daselbst genauer untersucht
hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf
den Bergen lebenden sizilischen Ziegen-
hirten, unter den Bekenntnißpunkten von
eigenen Priestern auch gewöhnlich nach
dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih-
ren Ziegen zu thun gehabt
."
15) S. Ritters Mart. v. Baumsarten peregrinatio in
Aegyptum, Arabiam
etc. S. 73. "Beym Ausgang
aus Alchanic in Aegypten kamen wir an

Ganz anders verhält sich dies, und schon die
nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter,
wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich
entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden,
woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von
den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder
Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding
zwischen beyden ausmachen.

Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba-
starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat-
tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug-
ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des
Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö-
gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in-
dem sie unter den Veraltungen des Menschenge-
schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an
scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men-
schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier-
weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter
Geilheit14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung
von Enthaltsamkeit geschehen15)

14) Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88.
S. 19. Von einem gewissen gelehrten
Freunde, welcher auf einer Reise durch
Sizilien die alten Denkmäler und die
Volkssitten daselbst genauer untersucht
hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf
den Bergen lebenden sizilischen Ziegen-
hirten, unter den Bekenntnißpunkten von
eigenen Priestern auch gewöhnlich nach
dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih-
ren Ziegen zu thun gehabt
.“
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Aegyptum, Arabiam
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[81/0115] Ganz anders verhält sich dies, und schon die nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter, wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden, woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding zwischen beyden ausmachen. Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba- starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat- tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug- ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen Vö- gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in- dem sie unter den Veraltungen des Menschenge- schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men- schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier- weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter Geilheit 14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung von Enthaltsamkeit geschehen 15) 14) Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88. S. 19. „Von einem gewissen gelehrten Freunde, welcher auf einer Reise durch Sizilien die alten Denkmäler und die Volkssitten daselbst genauer untersucht hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf den Bergen lebenden sizilischen Ziegen- hirten, unter den Bekenntnißpunkten von eigenen Priestern auch gewöhnlich nach dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih- ren Ziegen zu thun gehabt.“ 15) S. Ritters Mart. v. Baumsarten peregrinatio in Aegyptum, Arabiam ꝛc. S. 73. „Beym Ausgang aus Alchanic in Aegypten kamen wir an

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/115>, abgerufen am 28.03.2024.