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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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Inzwischen hat diese Methode zu Bestimmung
der Schädelverschiedenheiten den Vorzug, daß sie
die meisten und die vornehmsten Theile des Kopfes,
nach welchen sich die Nationaleigenthümlichkeiten
am leichtesten vergleichen lassen, mit einem Blick
übersehen läßt; und ich bin durch Erfahrung
überzeugt worden, daß sie diesem Zwecke vor al-
len ungemein entspreche, wenn man die Schädel
ohne die untern Kinnladen mit ihren Jochbeinen alle
auf Einer horizontalen Linie richtet, und in Einer
Reihe auf den Tisch stellt, sodann aber sie von hin-
ten betrachtet. Denn auf diese Art fällt alles, was
hauptsächlich den Nationalcharakter der Hirnschädel
ausmacht, sey es nun die Richtung der Kinnladen
oder der Jochbeine, die Breite oder Enge der Hirn-
schaale, die Flachheit oder Erhabenheit der Stirn
u. s. w. auf einen Blick so deutlich ins Auge, daß
man diese Ansicht nicht unschicklich die Scheitelnorm
nennen dürfte, deren Grund und Anwendung die
erste Tafel leicht darthun wird, wo z. B. drey auf
diese Weise gestellte Schädel abgebildet sind. Der mitt-
lere (Fig. 2.) der die meiste Symmetrie und Schön-
heit hat, ist von einer Georgierin; von diesem weichen
die zu beyden Seiten gestellten Schädel auf ganz
entgegengesetzte Art ab. Der eine (Fig. 3.) welcher
von vorne verlängert ist und gleichsam schnabelartig
zuläuft, ist von einer Negerin aus Guinea; der an-
dere aber (Fig. 1.), welcher nach den Seiten hin
ausgetrieben und gleichsam platt gedrückt ist, ist
von einem Rennthiertungusen.

Inzwischen hat diese Methode zu Bestimmung
der Schädelverschiedenheiten den Vorzug, daß sie
die meisten und die vornehmsten Theile des Kopfes,
nach welchen sich die Nationaleigenthümlichkeiten
am leichtesten vergleichen lassen, mit einem Blick
übersehen läßt; und ich bin durch Erfahrung
überzeugt worden, daß sie diesem Zwecke vor al-
len ungemein entspreche, wenn man die Schädel
ohne die untern Kinnladen mit ihren Jochbeinen alle
auf Einer horizontalen Linie richtet, und in Einer
Reihe auf den Tisch stellt, sodann aber sie von hin-
ten betrachtet. Denn auf diese Art fällt alles, was
hauptsächlich den Nationalcharakter der Hirnschädel
ausmacht, sey es nun die Richtung der Kinnladen
oder der Jochbeine, die Breite oder Enge der Hirn-
schaale, die Flachheit oder Erhabenheit der Stirn
u. s. w. auf einen Blick so deutlich ins Auge, daß
man diese Ansicht nicht unschicklich die Scheitelnorm
nennen dürfte, deren Grund und Anwendung die
erste Tafel leicht darthun wird, wo z. B. drey auf
diese Weise gestellte Schädel abgebildet sind. Der mitt-
lere (Fig. 2.) der die meiste Symmetrie und Schön-
heit hat, ist von einer Georgierin; von diesem weichen
die zu beyden Seiten gestellten Schädel auf ganz
entgegengesetzte Art ab. Der eine (Fig. 3.) welcher
von vorne verlängert ist und gleichsam schnabelartig
zuläuft, ist von einer Negerin aus Guinea; der an-
dere aber (Fig. 1.), welcher nach den Seiten hin
ausgetrieben und gleichsam platt gedrückt ist, ist
von einem Rennthiertungusen.

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[148/0182] Inzwischen hat diese Methode zu Bestimmung der Schädelverschiedenheiten den Vorzug, daß sie die meisten und die vornehmsten Theile des Kopfes, nach welchen sich die Nationaleigenthümlichkeiten am leichtesten vergleichen lassen, mit einem Blick übersehen läßt; und ich bin durch Erfahrung überzeugt worden, daß sie diesem Zwecke vor al- len ungemein entspreche, wenn man die Schädel ohne die untern Kinnladen mit ihren Jochbeinen alle auf Einer horizontalen Linie richtet, und in Einer Reihe auf den Tisch stellt, sodann aber sie von hin- ten betrachtet. Denn auf diese Art fällt alles, was hauptsächlich den Nationalcharakter der Hirnschädel ausmacht, sey es nun die Richtung der Kinnladen oder der Jochbeine, die Breite oder Enge der Hirn- schaale, die Flachheit oder Erhabenheit der Stirn u. s. w. auf einen Blick so deutlich ins Auge, daß man diese Ansicht nicht unschicklich die Scheitelnorm nennen dürfte, deren Grund und Anwendung die erste Tafel leicht darthun wird, wo z. B. drey auf diese Weise gestellte Schädel abgebildet sind. Der mitt- lere (Fig. 2.) der die meiste Symmetrie und Schön- heit hat, ist von einer Georgierin; von diesem weichen die zu beyden Seiten gestellten Schädel auf ganz entgegengesetzte Art ab. Der eine (Fig. 3.) welcher von vorne verlängert ist und gleichsam schnabelartig zuläuft, ist von einer Negerin aus Guinea; der an- dere aber (Fig. 1.), welcher nach den Seiten hin ausgetrieben und gleichsam platt gedrückt ist, ist von einem Rennthiertungusen.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/182>, abgerufen am 18.04.2024.