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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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§. 11. S. 32. fgg.

Es dürfte vielleicht nicht unnöthig seyn, über
die Zähne etwas besonders anzumerken, zumal da
Linne' und viele andere, von ihnen den Grund zur
Klassifikation der Thiere nahmen.

"Die Schneidezähne haben bey den Menschen
meiselartige Kronen und dünne einfache Wurzeln.
Dies ist um so nothwendiger hier anzuführen, weil
sich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieser
Klasse von Zähnen bey den verschiedenen Geschlech-
tern der Säugethiere, nach der Erforderniß ihrer
Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver-
schiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. sind
ihrer gewöhnlich sechs in jedem Kiefer mit ausgezack-
ten Kronen, die wie Zangen fest auf einander grei-
fen. Die Eichhörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse
und ähnliche Thiere; aber auch die Stachelschweine,
der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar
Schneidezähne in einem jeden Kiefer mit überaus
scharfen meiselartigen Schneiden; das untere Paar
hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der
großen Kraft, die es beym Nagen an den Wänden
anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur-
zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die
ganze Länge des Unterkiefers haben.

Die Eckzähne haben konische, stumpf zugespitz-
te, überaus robuste Kronen, einfache, starke, seit-
wärts zusammengedrückte Wurzeln. Auch die Eck-
zähne fehlen manchen Säugethieren gänzlich, wie
den Mäusen und andern nagenden Thieren; oder sie

§. 11. S. 32. fgg.

Es dürfte vielleicht nicht unnöthig seyn, über
die Zähne etwas besonders anzumerken, zumal da
Linne' und viele andere, von ihnen den Grund zur
Klassifikation der Thiere nahmen.

„Die Schneidezähne haben bey den Menschen
meiselartige Kronen und dünne einfache Wurzeln.
Dies ist um so nothwendiger hier anzuführen, weil
sich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieser
Klasse von Zähnen bey den verschiedenen Geschlech-
tern der Säugethiere, nach der Erforderniß ihrer
Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver-
schiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. sind
ihrer gewöhnlich sechs in jedem Kiefer mit ausgezack-
ten Kronen, die wie Zangen fest auf einander grei-
fen. Die Eichhörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse
und ähnliche Thiere; aber auch die Stachelschweine,
der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar
Schneidezähne in einem jeden Kiefer mit überaus
scharfen meiselartigen Schneiden; das untere Paar
hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der
großen Kraft, die es beym Nagen an den Wänden
anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur-
zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die
ganze Länge des Unterkiefers haben.

Die Eckzähne haben konische, stumpf zugespitz-
te, überaus robuste Kronen, einfache, starke, seit-
wärts zusammengedrückte Wurzeln. Auch die Eck-
zähne fehlen manchen Säugethieren gänzlich, wie
den Mäusen und andern nagenden Thieren; oder sie

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[239/0273] §. 11. S. 32. fgg. Es dürfte vielleicht nicht unnöthig seyn, über die Zähne etwas besonders anzumerken, zumal da Linne' und viele andere, von ihnen den Grund zur Klassifikation der Thiere nahmen. „Die Schneidezähne haben bey den Menschen meiselartige Kronen und dünne einfache Wurzeln. Dies ist um so nothwendiger hier anzuführen, weil sich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieser Klasse von Zähnen bey den verschiedenen Geschlech- tern der Säugethiere, nach der Erforderniß ihrer Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver- schiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewöhnlich sechs in jedem Kiefer mit ausgezack- ten Kronen, die wie Zangen fest auf einander grei- fen. Die Eichhörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und ähnliche Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar Schneidezähne in einem jeden Kiefer mit überaus scharfen meiselartigen Schneiden; das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft, die es beym Nagen an den Wänden anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur- zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die ganze Länge des Unterkiefers haben. Die Eckzähne haben konische, stumpf zugespitz- te, überaus robuste Kronen, einfache, starke, seit- wärts zusammengedrückte Wurzeln. Auch die Eck- zähne fehlen manchen Säugethieren gänzlich, wie den Mäusen und andern nagenden Thieren; oder sie

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/273>, abgerufen am 29.03.2024.