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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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Kriterien betrift, so ist dieses bereits vorn bey dem
Verzeichniß vom anthropologischen Vorrathe des
Herrn Verfassers, und zwar S. 6. angeführt wor-
den, also

2) Ich bewahre alle die accessorischen Theile
auf, welche etwa einem oder dem andern Schädel
anhangen, wenn sie nämlich von solcher Beschaffen-
heit sind, daß sie schon an sich die Aechtheit desselben
beweisen; z. B. bey Mumienschädeln Uiberreste
von Erdharz oder Byssus. So sind an dem Karai-
benschädel, welchen ich der Güte des Herrn Baroner
Banks verdanke, mit gutem Vorbedacht die hin und
wieder anhangenden, ziemlich geraden, starren
Haare aufbewahrt worden, wodurch sogleich auf
den ersten Anblick im nöthigen Fall der Zweifel geho-
ben werden kann, daß er nicht etwa von einem über-
gelaufenen Aethiopier sey 1), welche seit der Mitte
des vorigen Jahrhunderts bekanntlich die karaibi-
schen Inseln, und hauptsächlich die Insel St. Vin-
cent in großer Anzahl bewohnen, und unterweilen
die besondere Form des Kopfes der eingebornen In-
dier, die sie durch Kunst bewirken, an sich haben 2).

3) Nun muß aber der Schädel selbst untersucht
und erörtert werden, ob er auch wirklich charakteri-
stisch sey, und zu dem antropologischen Zwecke die-
nen könne. Denn es kann sich treffen, daß auch
ein wirklich ächter Schädel diesem Zwecke schlecht
entspricht, wenn er etwa an kranker Beschaffenheit
leidet, oder durch ein zufälliges individuelles Mis-
verhältniß der Theile verunstaltet worden ist. So
finden wir unterweilen unter unsern Landsleuten

Kriterien betrift, so ist dieses bereits vorn bey dem
Verzeichniß vom anthropologischen Vorrathe des
Herrn Verfassers, und zwar S. 6. angeführt wor-
den, also

2) Ich bewahre alle die accessorischen Theile
auf, welche etwa einem oder dem andern Schädel
anhangen, wenn sie nämlich von solcher Beschaffen-
heit sind, daß sie schon an sich die Aechtheit desselben
beweisen; z. B. bey Mumienschädeln Uiberreste
von Erdharz oder Byssus. So sind an dem Karai-
benschädel, welchen ich der Güte des Herrn Baroner
Banks verdanke, mit gutem Vorbedacht die hin und
wieder anhangenden, ziemlich geraden, starren
Haare aufbewahrt worden, wodurch sogleich auf
den ersten Anblick im nöthigen Fall der Zweifel geho-
ben werden kann, daß er nicht etwa von einem über-
gelaufenen Aethiopier sey 1), welche seit der Mitte
des vorigen Jahrhunderts bekanntlich die karaibi-
schen Inseln, und hauptsächlich die Insel St. Vin-
cent in großer Anzahl bewohnen, und unterweilen
die besondere Form des Kopfes der eingebornen In-
dier, die sie durch Kunst bewirken, an sich haben 2).

3) Nun muß aber der Schädel selbst untersucht
und erörtert werden, ob er auch wirklich charakteri-
stisch sey, und zu dem antropologischen Zwecke die-
nen könne. Denn es kann sich treffen, daß auch
ein wirklich ächter Schädel diesem Zwecke schlecht
entspricht, wenn er etwa an kranker Beschaffenheit
leidet, oder durch ein zufälliges individuelles Mis-
verhältniß der Theile verunstaltet worden ist. So
finden wir unterweilen unter unsern Landsleuten

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[273/0307] Kriterien betrift, so ist dieses bereits vorn bey dem Verzeichniß vom anthropologischen Vorrathe des Herrn Verfassers, und zwar S. 6. angeführt wor- den, also 2) Ich bewahre alle die accessorischen Theile auf, welche etwa einem oder dem andern Schädel anhangen, wenn sie nämlich von solcher Beschaffen- heit sind, daß sie schon an sich die Aechtheit desselben beweisen; z. B. bey Mumienschädeln Uiberreste von Erdharz oder Byssus. So sind an dem Karai- benschädel, welchen ich der Güte des Herrn Baroner Banks verdanke, mit gutem Vorbedacht die hin und wieder anhangenden, ziemlich geraden, starren Haare aufbewahrt worden, wodurch sogleich auf den ersten Anblick im nöthigen Fall der Zweifel geho- ben werden kann, daß er nicht etwa von einem über- gelaufenen Aethiopier sey 1), welche seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts bekanntlich die karaibi- schen Inseln, und hauptsächlich die Insel St. Vin- cent in großer Anzahl bewohnen, und unterweilen die besondere Form des Kopfes der eingebornen In- dier, die sie durch Kunst bewirken, an sich haben 2). 3) Nun muß aber der Schädel selbst untersucht und erörtert werden, ob er auch wirklich charakteri- stisch sey, und zu dem antropologischen Zwecke die- nen könne. Denn es kann sich treffen, daß auch ein wirklich ächter Schädel diesem Zwecke schlecht entspricht, wenn er etwa an kranker Beschaffenheit leidet, oder durch ein zufälliges individuelles Mis- verhältniß der Theile verunstaltet worden ist. So finden wir unterweilen unter unsern Landsleuten

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/307>, abgerufen am 23.04.2024.