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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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35), da sie nicht
wie die Stimme der Thiere ihm angeboren, sondern,
was schon die willkührliche Verschiedenheit derselben
zeigt, von ihm zum Gebrauche erdacht worden ist36).

§. 19.
Einige flüchtige Bemerkungen über Lachen und Weinen.

Außer der abgehandelten Geistesäußerung, der
Sprache nämlich, müssen wir nun noch zwoer ande-
rer erwähnen, von welchen es weniger außer Zweifel
gesetzt ist, ob sie, wie die Sprache, dem Menschen
einzig zukommen, indem sie nicht von ihm erfunden,
sondern ihm gleichsam angeboren sind, und nicht so-
wohl zum Vernunftgebrauch, als zu den Leidenschaf-
ten des Gemüths gehören; Lachen nämlich, der Be-
gleiter der Fröhlichkeit, und Weinen, dieser beste
Theil unserer Empfindung.

35) nicht ohne eine merkwürdige Einschränkung. "Der
kleine Gibbon
- sagt er - spricht, ob er
gleich ein vernunftloses Thier ist, allein
er disputiert nicht
(hat nicht zweyerley Mei-
nung über ein Ding?) spricht auch nicht von
den Dingen im Allgemeinen, sondern
seine Töne sind vielmehr auf das Einzel-
ne der Dinge gerichtet, von denen er
spricht
."
36) Daß der Mensch sich die Sprache erfunden habe
(woran noch in unsern Zeiten der sonst so sehr verdiente
Süßmilch zweifelt), hat schon Hobbes eingesehen:
"Die edelste und vortheilhafteste Erfin-
dung unter allen andern, war die Spra-
che, wodurch die Menschen einander ihre
Gedanken zum wechselseitigen Nutzen
,
und zur Unterhaltung erofnen, ohne wel-
che unter den Menschen weder allgemei-
nes Wohl noch Gesellschaft härte beste-
hen können, so wenig, als unter Löwen
,
Bären und Wölfen."
S. dessen Leviathan S.
12. Ausg. von 1651. M.

35), da sie nicht
wie die Stimme der Thiere ihm angeboren, sondern,
was schon die willkührliche Verschiedenheit derselben
zeigt, von ihm zum Gebrauche erdacht worden ist36).

§. 19.
Einige flüchtige Bemerkungen über Lachen und Weinen.

Außer der abgehandelten Geistesäußerung, der
Sprache nämlich, müssen wir nun noch zwoer ande-
rer erwähnen, von welchen es weniger außer Zweifel
gesetzt ist, ob sie, wie die Sprache, dem Menschen
einzig zukommen, indem sie nicht von ihm erfunden,
sondern ihm gleichsam angeboren sind, und nicht so-
wohl zum Vernunftgebrauch, als zu den Leidenschaf-
ten des Gemüths gehören; Lachen nämlich, der Be-
gleiter der Fröhlichkeit, und Weinen, dieser beste
Theil unserer Empfindung.

35) nicht ohne eine merkwürdige Einschränkung. Der
kleine Gibbon
– sagt er – spricht, ob er
gleich ein vernunftloses Thier ist, allein
er disputiert nicht
(hat nicht zweyerley Mei-
nung über ein Ding?) spricht auch nicht von
den Dingen im Allgemeinen, sondern
seine Töne sind vielmehr auf das Einzel-
ne der Dinge gerichtet, von denen er
spricht
.“
36) Daß der Mensch sich die Sprache erfunden habe
(woran noch in unsern Zeiten der sonst so sehr verdiente
Süßmilch zweifelt), hat schon Hobbes eingesehen:
Die edelste und vortheilhafteste Erfin-
dung unter allen andern, war die Spra-
che, wodurch die Menschen einander ihre
Gedanken zum wechselseitigen Nutzen
,
und zur Unterhaltung erofnen, ohne wel-
che unter den Menschen weder allgemei-
nes Wohl noch Gesellschaft härte beste-
hen können, so wenig, als unter Löwen
,
Bären und Wölfen.“
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[52/0086] 35), da sie nicht wie die Stimme der Thiere ihm angeboren, sondern, was schon die willkührliche Verschiedenheit derselben zeigt, von ihm zum Gebrauche erdacht worden ist 36). §. 19. Einige flüchtige Bemerkungen über Lachen und Weinen. Außer der abgehandelten Geistesäußerung, der Sprache nämlich, müssen wir nun noch zwoer ande- rer erwähnen, von welchen es weniger außer Zweifel gesetzt ist, ob sie, wie die Sprache, dem Menschen einzig zukommen, indem sie nicht von ihm erfunden, sondern ihm gleichsam angeboren sind, und nicht so- wohl zum Vernunftgebrauch, als zu den Leidenschaf- ten des Gemüths gehören; Lachen nämlich, der Be- gleiter der Fröhlichkeit, und Weinen, dieser beste Theil unserer Empfindung. 35) nicht ohne eine merkwürdige Einschränkung. „Der kleine Gibbon – sagt er – spricht, ob er gleich ein vernunftloses Thier ist, allein er disputiert nicht (hat nicht zweyerley Mei- nung über ein Ding?) spricht auch nicht von den Dingen im Allgemeinen, sondern seine Töne sind vielmehr auf das Einzel- ne der Dinge gerichtet, von denen er spricht.“ 36) Daß der Mensch sich die Sprache erfunden habe (woran noch in unsern Zeiten der sonst so sehr verdiente Süßmilch zweifelt), hat schon Hobbes eingesehen: „Die edelste und vortheilhafteste Erfin- dung unter allen andern, war die Spra- che, wodurch die Menschen einander ihre Gedanken zum wechselseitigen Nutzen, und zur Unterhaltung erofnen, ohne wel- che unter den Menschen weder allgemei- nes Wohl noch Gesellschaft härte beste- hen können, so wenig, als unter Löwen, Bären und Wölfen.“ S. dessen Leviathan S. 12. Ausg. von 1651. M.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/86>, abgerufen am 16.04.2024.