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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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kein von einem glaubwürdigen Zeugen erzähltes Bey-
spiel vorgekommen, wo eine solche Verbindung frucht-
bar gewesen, und aus der abscheulichen Begattung
des Menschen mit dem Thiere ein Bastard erzeugt
worden wäre.

Sondern wir handeln blos von jenen Bastarden,
welche aus einer Verbindung verschiedener Ausar-
tungen einer und derselben Thierspezies entsprießen,
wie z. B. die aus der Verbindung des grünen Ka-
narienvogels mit der weißen Varietät entstandenen,
sind; welche Vermischung zur Umänderung der Far-
be, und Bildung der neuen daraus entstehenden Nach-
kommenschaft so auffallend wirkt, daß man sich ih-
rer auch zur Verbesserung und Verädlung der Zucht
der Hausthiere, besonders der Pferde und Schaafe,
mit sehr großem Nutzen bedient.

§. 38.
Thieren durch Kränklichkeit angeerbte Eigenschaften.

Die durch Kränklichkeit angeerbte Verfassung
scheint zwar beym ersten Anblick mehr zur Patholo-
gie, als zur Naturgeschichte zu gehören. Erwägt
man aber die Sache sorgfältiger, so wird man leicht
einsehen, daß sie aus mehr als einem Grunde auch
zu diesen jetzt abgehandelten Ursachen der Verar-
tung könne gerechnet werden.

Denn erstens scheinen gewisse äußere Beschaffen-
heiten der Thiere, wiewohl man sie nach den gemei-
nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zustande
nicht zuzuschreiben pflegt, doch zunächst von ihm
herzukommen, indem sie mehrentheils widernatürlich

mit
F 2

kein von einem glaubwuͤrdigen Zeugen erzaͤhltes Bey-
ſpiel vorgekommen, wo eine ſolche Verbindung frucht-
bar geweſen, und aus der abſcheulichen Begattung
des Menſchen mit dem Thiere ein Baſtard erzeugt
worden waͤre.

Sondern wir handeln blos von jenen Baſtarden,
welche aus einer Verbindung verſchiedener Ausar-
tungen einer und derſelben Thierſpezies entſprießen,
wie z. B. die aus der Verbindung des gruͤnen Ka-
narienvogels mit der weißen Varietaͤt entſtandenen,
ſind; welche Vermiſchung zur Umaͤnderung der Far-
be, und Bildung der neuen daraus entſtehenden Nach-
kommenſchaft ſo auffallend wirkt, daß man ſich ih-
rer auch zur Verbeſſerung und Veraͤdlung der Zucht
der Hausthiere, beſonders der Pferde und Schaafe,
mit ſehr großem Nutzen bedient.

§. 38.
Thieren durch Kraͤnklichkeit angeerbte Eigenſchaften.

Die durch Kraͤnklichkeit angeerbte Verfaſſung
ſcheint zwar beym erſten Anblick mehr zur Patholo-
gie, als zur Naturgeſchichte zu gehoͤren. Erwaͤgt
man aber die Sache ſorgfaͤltiger, ſo wird man leicht
einſehen, daß ſie aus mehr als einem Grunde auch
zu dieſen jetzt abgehandelten Urſachen der Verar-
tung koͤnne gerechnet werden.

Denn erſtens ſcheinen gewiſſe aͤußere Beſchaffen-
heiten der Thiere, wiewohl man ſie nach den gemei-
nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zuſtande
nicht zuzuſchreiben pflegt, doch zunaͤchſt von ihm
herzukommen, indem ſie mehrentheils widernatuͤrlich

mit
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[83/0117] kein von einem glaubwuͤrdigen Zeugen erzaͤhltes Bey- ſpiel vorgekommen, wo eine ſolche Verbindung frucht- bar geweſen, und aus der abſcheulichen Begattung des Menſchen mit dem Thiere ein Baſtard erzeugt worden waͤre. Sondern wir handeln blos von jenen Baſtarden, welche aus einer Verbindung verſchiedener Ausar- tungen einer und derſelben Thierſpezies entſprießen, wie z. B. die aus der Verbindung des gruͤnen Ka- narienvogels mit der weißen Varietaͤt entſtandenen, ſind; welche Vermiſchung zur Umaͤnderung der Far- be, und Bildung der neuen daraus entſtehenden Nach- kommenſchaft ſo auffallend wirkt, daß man ſich ih- rer auch zur Verbeſſerung und Veraͤdlung der Zucht der Hausthiere, beſonders der Pferde und Schaafe, mit ſehr großem Nutzen bedient. §. 38. Thieren durch Kraͤnklichkeit angeerbte Eigenſchaften. Die durch Kraͤnklichkeit angeerbte Verfaſſung ſcheint zwar beym erſten Anblick mehr zur Patholo- gie, als zur Naturgeſchichte zu gehoͤren. Erwaͤgt man aber die Sache ſorgfaͤltiger, ſo wird man leicht einſehen, daß ſie aus mehr als einem Grunde auch zu dieſen jetzt abgehandelten Urſachen der Verar- tung koͤnne gerechnet werden. Denn erſtens ſcheinen gewiſſe aͤußere Beſchaffen- heiten der Thiere, wiewohl man ſie nach den gemei- nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zuſtande nicht zuzuſchreiben pflegt, doch zunaͤchſt von ihm herzukommen, indem ſie mehrentheils widernatuͤrlich mit F 2

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/117>, abgerufen am 28.03.2024.