Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

tur geworden, wie z. B. in der weißen Varietät der
Kaninchen auch nicht die Spur von einer vormaligen
krankhaften Beschaffenheit zurückgeblieben ist (welche
doch die Analogie mit andern anomalisch weißen
Thieren mit rothen Augensternen offenbar beweißt):
so, daß Zoologen das Frettchen auch für eine beson-
dere Gattung des Wieselgeschlechts gehalten haben,
von welchem ich jedoch schon oben erinnert habe
(§. 23.) daß man es, wo mich nicht alles trügt, für
eine bloße Abartung von dem Iltis, und zwar lev-
käthiopisch kranken Ursprungs zu halten habe.

§. 39.
Problematische Frage: ob auch Verstümmelungen, oder
andere Künsteleien, zu angebornen Verschiedenheiten un-
ter den Thieren Gelegenheit geben können?

Man hat sich gestritten, ob auch Verunstaltun-
gen oder Verstümmelungen, welche Zufall oder Ab-
sicht an den Thieren hervorgebracht, hauptsächlich
wenn sie durch lange Reihen von Zeugungen wieder-
holt werden, mit der Zeit gleichsam zur andern Na-
tur werden könnten, so daß nun, was vorher Wir-
kung der Kunst gewesen, zu einer an den Geburten
sich fortpflanzenden Bildung anarte. Von einigen
ist es behauptet 21), von andern gegentheils ver-
worfen worden 22).


Die
21) Schon vom Hippokrates und Aristoteles. Noch
neuerdings von Herrn Klügel. S. Th. 1. der Ency-
klop
. S. 541. der 2ten Ausgabe.
22) Z. B. von Kant in der Berliner Monats-
schrift
1785. Th. 4. S. 400.

tur geworden, wie z. B. in der weißen Varietaͤt der
Kaninchen auch nicht die Spur von einer vormaligen
krankhaften Beſchaffenheit zuruͤckgeblieben iſt (welche
doch die Analogie mit andern anomaliſch weißen
Thieren mit rothen Augenſternen offenbar beweißt):
ſo, daß Zoologen das Frettchen auch fuͤr eine beſon-
dere Gattung des Wieſelgeſchlechts gehalten haben,
von welchem ich jedoch ſchon oben erinnert habe
(§. 23.) daß man es, wo mich nicht alles truͤgt, fuͤr
eine bloße Abartung von dem Iltis, und zwar lev-
kaͤthiopiſch kranken Urſprungs zu halten habe.

§. 39.
Problematiſche Frage: ob auch Verſtuͤmmelungen, oder
andere Kuͤnſteleien, zu angebornen Verſchiedenheiten un-
ter den Thieren Gelegenheit geben koͤnnen?

Man hat ſich geſtritten, ob auch Verunſtaltun-
gen oder Verſtuͤmmelungen, welche Zufall oder Ab-
ſicht an den Thieren hervorgebracht, hauptſaͤchlich
wenn ſie durch lange Reihen von Zeugungen wieder-
holt werden, mit der Zeit gleichſam zur andern Na-
tur werden koͤnnten, ſo daß nun, was vorher Wir-
kung der Kunſt geweſen, zu einer an den Geburten
ſich fortpflanzenden Bildung anarte. Von einigen
iſt es behauptet 21), von andern gegentheils ver-
worfen worden 22).


Die
21) Schon vom Hippokrates und Ariſtoteles. Noch
neuerdings von Herrn Kluͤgel. S. Th. 1. der Ency-
klop
. S. 541. der 2ten Ausgabe.
22) Z. B. von Kant in der Berliner Monats-
ſchrift
1785. Th. 4. S. 400.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="85"/>
tur geworden, wie z. B. in der weißen Varieta&#x0364;t der<lb/>
Kaninchen auch nicht die Spur von einer vormaligen<lb/>
krankhaften Be&#x017F;chaffenheit zuru&#x0364;ckgeblieben i&#x017F;t (welche<lb/>
doch die Analogie mit andern anomali&#x017F;ch weißen<lb/>
Thieren mit rothen Augen&#x017F;ternen offenbar beweißt):<lb/>
&#x017F;o, daß Zoologen das Frettchen auch fu&#x0364;r eine be&#x017F;on-<lb/>
dere Gattung des Wie&#x017F;elge&#x017F;chlechts gehalten haben,<lb/>
von welchem ich jedoch &#x017F;chon oben erinnert habe<lb/>
(§. 23.) daß man es, wo mich nicht alles tru&#x0364;gt, fu&#x0364;r<lb/>
eine bloße Abartung von dem Iltis, und zwar lev-<lb/>
ka&#x0364;thiopi&#x017F;ch kranken Ur&#x017F;prungs zu halten habe.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 39.<lb/>
Problemati&#x017F;che Frage: ob auch Ver&#x017F;tu&#x0364;mmelungen, oder<lb/>
andere Ku&#x0364;n&#x017F;teleien, zu angebornen Ver&#x017F;chiedenheiten un-<lb/>
ter den Thieren Gelegenheit geben ko&#x0364;nnen?</head><lb/>
          <p>Man hat &#x017F;ich ge&#x017F;tritten, ob auch Verun&#x017F;taltun-<lb/>
gen oder Ver&#x017F;tu&#x0364;mmelungen, welche Zufall oder Ab-<lb/>
&#x017F;icht an den Thieren hervorgebracht, haupt&#x017F;a&#x0364;chlich<lb/>
wenn &#x017F;ie durch lange Reihen von Zeugungen wieder-<lb/>
holt werden, mit der Zeit gleich&#x017F;am zur andern Na-<lb/>
tur werden ko&#x0364;nnten, &#x017F;o daß nun, was vorher Wir-<lb/>
kung der Kun&#x017F;t gewe&#x017F;en, zu einer an den Geburten<lb/>
&#x017F;ich fortpflanzenden Bildung anarte. Von einigen<lb/>
i&#x017F;t es behauptet <note place="foot" n="21)">Schon vom Hippokrates und Ari&#x017F;toteles. Noch<lb/>
neuerdings von Herrn Klu&#x0364;gel. S. Th. 1. der <hi rendition="#g">Ency-<lb/>
klop</hi>. S. 541. der 2ten Ausgabe.</note>, von andern gegentheils ver-<lb/>
worfen worden <note place="foot" n="22)">Z. B. von Kant in der <hi rendition="#g">Berliner Monats-<lb/>
&#x017F;chrift</hi> 1785. Th. 4. S. 400.</note>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0119] tur geworden, wie z. B. in der weißen Varietaͤt der Kaninchen auch nicht die Spur von einer vormaligen krankhaften Beſchaffenheit zuruͤckgeblieben iſt (welche doch die Analogie mit andern anomaliſch weißen Thieren mit rothen Augenſternen offenbar beweißt): ſo, daß Zoologen das Frettchen auch fuͤr eine beſon- dere Gattung des Wieſelgeſchlechts gehalten haben, von welchem ich jedoch ſchon oben erinnert habe (§. 23.) daß man es, wo mich nicht alles truͤgt, fuͤr eine bloße Abartung von dem Iltis, und zwar lev- kaͤthiopiſch kranken Urſprungs zu halten habe. §. 39. Problematiſche Frage: ob auch Verſtuͤmmelungen, oder andere Kuͤnſteleien, zu angebornen Verſchiedenheiten un- ter den Thieren Gelegenheit geben koͤnnen? Man hat ſich geſtritten, ob auch Verunſtaltun- gen oder Verſtuͤmmelungen, welche Zufall oder Ab- ſicht an den Thieren hervorgebracht, hauptſaͤchlich wenn ſie durch lange Reihen von Zeugungen wieder- holt werden, mit der Zeit gleichſam zur andern Na- tur werden koͤnnten, ſo daß nun, was vorher Wir- kung der Kunſt geweſen, zu einer an den Geburten ſich fortpflanzenden Bildung anarte. Von einigen iſt es behauptet 21), von andern gegentheils ver- worfen worden 22). Die 21) Schon vom Hippokrates und Ariſtoteles. Noch neuerdings von Herrn Kluͤgel. S. Th. 1. der Ency- klop. S. 541. der 2ten Ausgabe. 22) Z. B. von Kant in der Berliner Monats- ſchrift 1785. Th. 4. S. 400.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/119
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/119>, abgerufen am 29.03.2024.