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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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men Tatarn beschrieben hatten, auf die wahren Ta-
tarn selbst, (welche zweifelsohne zu der genannten
ersten Race gehören) fälschlich übertrugen.

Uibrigens fließen freylich die Tatarn durch die
Kirgisen und angrenzenden Völker eben so mit den
Mongolen zusammen, wie diese durch die Tibeta-
ner 16) zu den Indianern, und durch die Eskimos
zu den Amerikanern, ja selbst gewissermaßen durch
die Bewohner der Philippinen 17) zur malayischen
Race übergehen sollen.

§. 87.
C) Aethiopische Race.

Diese Race hat, besonders wegen ihrer von der
unsrigen so weit abweichenden Farbe, sehr viele be-
wogen, sie mit dem witzigem Gelehrten, aber
schlechtem Physiologen, Voltaire, für eine beson-

dere
eingescholten hat. Dieser Brief Yvo's handelt de
horribili vastatione inhumanae gentis, quam Tarta-
ros vocant
,
und diese (Tatarn) beschreibt er in fol-
genden Worten: "Ihre Brust ist hart und
fest, ihre Gesichter hager und blaß; sie
haben hohe Schultern, verquetschte und
kurze Nasen, ein hervorragendes und
spitzes Kinn; der obere Kiefer ist klein
und tief, die Zähne lang und weit von
einander abstehend, die Augenbraunen
gehen von den Haaren bis zur Nase, die
Augen sind schwarz, sie schielen häßlich,
ihre Glieder sind knochicht und nervig,
auch die Schenkel sind dick, die Röhren
aber kürzer; doch sind sie uns an Statur
gleich, denn was ihnen an den Röhren ab-
geht, das ersetzt der obere Körper.
"
16) So darf ich auf jeden Fall aus den Abbildungen
von Tibetanern schließen, welche der große Künstler
Kettle nach der Natur gemahlt und Hr. Warr. Ha-
stings mir gezeigt hat.
17) Vollkommen eine solche mittle Gesichtsbildung
hatte

men Tatarn beſchrieben hatten, auf die wahren Ta-
tarn ſelbſt, (welche zweifelsohne zu der genannten
erſten Race gehoͤren) faͤlſchlich uͤbertrugen.

Uibrigens fließen freylich die Tatarn durch die
Kirgiſen und angrenzenden Voͤlker eben ſo mit den
Mongolen zuſammen, wie dieſe durch die Tibeta-
ner 16) zu den Indianern, und durch die Eskimos
zu den Amerikanern, ja ſelbſt gewiſſermaßen durch
die Bewohner der Philippinen 17) zur malayiſchen
Race uͤbergehen ſollen.

§. 87.
C) Aethiopiſche Race.

Dieſe Race hat, beſonders wegen ihrer von der
unſrigen ſo weit abweichenden Farbe, ſehr viele be-
wogen, ſie mit dem witzigem Gelehrten, aber
ſchlechtem Phyſiologen, Voltaire, fuͤr eine beſon-

dere
eingeſcholten hat. Dieſer Brief Yvo’s handelt de
horribili vaſtatione inhumanae gentis, quam Tarta-
ros vocant
,
und dieſe (Tatarn) beſchreibt er in fol-
genden Worten: „Ihre Bruſt iſt hart und
feſt, ihre Geſichter hager und blaß; ſie
haben hohe Schultern, verquetſchte und
kurze Naſen, ein hervorragendes und
ſpitzes Kinn; der obere Kiefer iſt klein
und tief, die Zaͤhne lang und weit von
einander abſtehend, die Augenbraunen
gehen von den Haaren bis zur Naſe, die
Augen ſind ſchwarz, ſie ſchielen haͤßlich,
ihre Glieder ſind knochicht und nervig,
auch die Schenkel ſind dick, die Roͤhren
aber kuͤrzer; doch ſind ſie uns an Statur
gleich, denn was ihnen an den Roͤhren ab-
geht, das erſetzt der obere Koͤrper.
16) So darf ich auf jeden Fall aus den Abbildungen
von Tibetanern ſchließen, welche der große Kuͤnſtler
Kettle nach der Natur gemahlt und Hr. Warr. Ha-
ſtings mir gezeigt hat.
17) Vollkommen eine ſolche mittle Geſichtsbildung
hatte
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[215/0249] men Tatarn beſchrieben hatten, auf die wahren Ta- tarn ſelbſt, (welche zweifelsohne zu der genannten erſten Race gehoͤren) faͤlſchlich uͤbertrugen. Uibrigens fließen freylich die Tatarn durch die Kirgiſen und angrenzenden Voͤlker eben ſo mit den Mongolen zuſammen, wie dieſe durch die Tibeta- ner 16) zu den Indianern, und durch die Eskimos zu den Amerikanern, ja ſelbſt gewiſſermaßen durch die Bewohner der Philippinen 17) zur malayiſchen Race uͤbergehen ſollen. §. 87. C) Aethiopiſche Race. Dieſe Race hat, beſonders wegen ihrer von der unſrigen ſo weit abweichenden Farbe, ſehr viele be- wogen, ſie mit dem witzigem Gelehrten, aber ſchlechtem Phyſiologen, Voltaire, fuͤr eine beſon- dere 15) 16) So darf ich auf jeden Fall aus den Abbildungen von Tibetanern ſchließen, welche der große Kuͤnſtler Kettle nach der Natur gemahlt und Hr. Warr. Ha- ſtings mir gezeigt hat. 17) Vollkommen eine ſolche mittle Geſichtsbildung hatte 15) eingeſcholten hat. Dieſer Brief Yvo’s handelt de horribili vaſtatione inhumanae gentis, quam Tarta- ros vocant, und dieſe (Tatarn) beſchreibt er in fol- genden Worten: „Ihre Bruſt iſt hart und feſt, ihre Geſichter hager und blaß; ſie haben hohe Schultern, verquetſchte und kurze Naſen, ein hervorragendes und ſpitzes Kinn; der obere Kiefer iſt klein und tief, die Zaͤhne lang und weit von einander abſtehend, die Augenbraunen gehen von den Haaren bis zur Naſe, die Augen ſind ſchwarz, ſie ſchielen haͤßlich, ihre Glieder ſind knochicht und nervig, auch die Schenkel ſind dick, die Roͤhren aber kuͤrzer; doch ſind ſie uns an Statur gleich, denn was ihnen an den Roͤhren ab- geht, das erſetzt der obere Koͤrper.“

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/249>, abgerufen am 29.03.2024.