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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788.

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gediehen, ein besonderer, dann lebenslang thä-
tiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt
anfangs anzunehmen, dann lebenslang zu er-
halten, und wenn sie ja etwa verstümmelt wor-
den, wo möglich wieder herzustellen. Ein Trieb
der folglich der Hauptgrund aller Generation,
Nutrition und Reproduction zu seyn scheint, und
den man, um ihn von allen andern Naturkräf-
ten zu unterscheiden mit dem Namen des Bil-
dungstriebes (nisus formatiuus) belegen kann.

§. 11.

Die Ursache dieses Bildungstriebes läßt sich
freylich eben so wenig als die der Attraction oder
der Schwere und anderer noch so allgemein an-
erkannten Naturkräfte angeben. Genug daß es
eine eigenthümliche Kraft ist, deren unleugbare
Existenz und ausgedehnte Würksamkeit sich durch
die ganze Natur in der Erfahrung offenbart,
und deren so constante Phänomene einen weit
leichtern und hellern Aufschluß über das Zeu-
gungsgeschäfte und viele andere der wichtigsten
Gegenstände der Naturgeschichte geben, als an-
dere zu deren Erklärung vorgeschlagene Theorien.

§. 12.

Wenn der Bildungstrieb durch eine zufäl-
lige Ursache gestört wird, eine abweichende
Richtung nimmt, so wird dadurch ein organisir-

gediehen, ein besonderer, dann lebenslang thä-
tiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt
anfangs anzunehmen, dann lebenslang zu er-
halten, und wenn sie ja etwa verstümmelt wor-
den, wo möglich wieder herzustellen. Ein Trieb
der folglich der Hauptgrund aller Generation,
Nutrition und Reproduction zu seyn scheint, und
den man, um ihn von allen andern Naturkräf-
ten zu unterscheiden mit dem Namen des Bil-
dungstriebes (nisus formatiuus) belegen kann.

§. 11.

Die Ursache dieses Bildungstriebes läßt sich
freylich eben so wenig als die der Attraction oder
der Schwere und anderer noch so allgemein an-
erkannten Naturkräfte angeben. Genug daß es
eine eigenthümliche Kraft ist, deren unleugbare
Existenz und ausgedehnte Würksamkeit sich durch
die ganze Natur in der Erfahrung offenbart,
und deren so constante Phänomene einen weit
leichtern und hellern Aufschluß über das Zeu-
gungsgeschäfte und viele andere der wichtigsten
Gegenstände der Naturgeschichte geben, als an-
dere zu deren Erklärung vorgeschlagene Theorien.

§. 12.

Wenn der Bildungstrieb durch eine zufäl-
lige Ursache gestört wird, eine abweichende
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[14/0034] gediehen, ein besonderer, dann lebenslang thä- tiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs anzunehmen, dann lebenslang zu er- halten, und wenn sie ja etwa verstümmelt wor- den, wo möglich wieder herzustellen. Ein Trieb der folglich der Hauptgrund aller Generation, Nutrition und Reproduction zu seyn scheint, und den man, um ihn von allen andern Naturkräf- ten zu unterscheiden mit dem Namen des Bil- dungstriebes (nisus formatiuus) belegen kann. §. 11. Die Ursache dieses Bildungstriebes läßt sich freylich eben so wenig als die der Attraction oder der Schwere und anderer noch so allgemein an- erkannten Naturkräfte angeben. Genug daß es eine eigenthümliche Kraft ist, deren unleugbare Existenz und ausgedehnte Würksamkeit sich durch die ganze Natur in der Erfahrung offenbart, und deren so constante Phänomene einen weit leichtern und hellern Aufschluß über das Zeu- gungsgeschäfte und viele andere der wichtigsten Gegenstände der Naturgeschichte geben, als an- dere zu deren Erklärung vorgeschlagene Theorien. §. 12. Wenn der Bildungstrieb durch eine zufäl- lige Ursache gestört wird, eine abweichende Richtung nimmt, so wird dadurch ein organisir-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/34>, abgerufen am 29.03.2024.