Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

freylich mit der Lehre von vermeynten präformir-
ten Keimen schlechterdings nicht, aber wo ich
nicht irre ganz wohl mit der vom Bildungstriebe
(§. 10 u. f.) reimen läßt.

§. 208.

Auch die Misgeburten sind im Gewächs-
reich ungleich zahlreicher als unter den Thieren.
Es ist kein Theil der Pflanze, an welchem man
nicht zuweilen, an einigen aber sehr häufig
Monstrositäten bemerkte. Am meisten sinds über-
zählige, wuchernde Theile (monstra, per excessum
S. 15); doppelte an einander gewachsene Stämme,
doppelte oder vielfache Früchte etc. vielfache Korn-
ähren, Rosen aus deren Mitte andre kleine Ro-
sen hervorschießen u. s. w.

Anm. 1. Besonders gehört dahin die Peloria, eine
monströse Abweichung im Sporn an der Blüthe
dreyer Arten von Antirrhinum; nemlich linaria
elatine
und spurium, deren Entstehungsart durch
verdorbenen Nahrungssaft der seel. D. Merk in
Ravenspurg scharfsinnig erklärt hat*).

Anm. 2. Zu den allerseltensten und merkwürdigsten
Monstrositäten gehören aber die Beyspiele von
wildwachsenden Pflanzen die am gleichen Stamme
und zu gleicher Zeit Blüthen von Gewächsen ganz
verschiedner Geschlechter, ja selbst aus den verschie-
densten Classen getragen haben. Dieß ist, der Fall
mit dem berühmten ranunculus bellidiflorus an wel-
chem man mehrmalen sowohl Blüthen vom polyan-
drischen ranunculus pratensis als von der syngenesi-
stischen bellis perennis gefunden hat. Das erste
Beyspiel dieser Art hat Hr. Chorh. Gesner in der
diss. de ranunculo bellidifloro. Tigur. 1753. 4. genau
beschrieben und abgebildet. Mit einem andern

*) s. Götting. gel. Anz. 1774. 121. St.

freylich mit der Lehre von vermeynten präformir-
ten Keimen schlechterdings nicht, aber wo ich
nicht irre ganz wohl mit der vom Bildungstriebe
(§. 10 u. f.) reimen läßt.

§. 208.

Auch die Misgeburten sind im Gewächs-
reich ungleich zahlreicher als unter den Thieren.
Es ist kein Theil der Pflanze, an welchem man
nicht zuweilen, an einigen aber sehr häufig
Monstrositäten bemerkte. Am meisten sinds über-
zählige, wuchernde Theile (monstra, per excessum
S. 15); doppelte an einander gewachsene Stämme,
doppelte oder vielfache Früchte ꝛc. vielfache Korn-
ähren, Rosen aus deren Mitte andre kleine Ro-
sen hervorschießen u. s. w.

Anm. 1. Besonders gehört dahin die Peloria, eine
monströse Abweichung im Sporn an der Blüthe
dreyer Arten von Antirrhinum; nemlich linaria
elatine
und spurium, deren Entstehungsart durch
verdorbenen Nahrungssaft der seel. D. Merk in
Ravenspurg scharfsinnig erklärt hat*).

Anm. 2. Zu den allerseltensten und merkwürdigsten
Monstrositäten gehören aber die Beyspiele von
wildwachsenden Pflanzen die am gleichen Stamme
und zu gleicher Zeit Blüthen von Gewächsen ganz
verschiedner Geschlechter, ja selbst aus den verschie-
densten Classen getragen haben. Dieß ist, der Fall
mit dem berühmten ranunculus bellidiflorus an wel-
chem man mehrmalen sowohl Blüthen vom polyan-
drischen ranunculus pratensis als von der syngenesi-
stischen bellis perennis gefunden hat. Das erste
Beyspiel dieser Art hat Hr. Chorh. Gesner in der
diss. de ranunculo bellidifloro. Tigur. 1753. 4. genau
beschrieben und abgebildet. Mit einem andern

*) s. Götting. gel. Anz. 1774. 121. St.
<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000024">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0564" xml:id="pb544_0001" n="544"/>
freylich mit der Lehre von vermeynten präformir-<lb type="inWord"/>
ten Keimen schlechterdings nicht, aber wo ich<lb/>
nicht irre                         ganz wohl mit der vom Bildungstriebe<lb/>
(§. 10 u. f.) reimen läßt.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 208.</head><lb/>
          <p>Auch die Misgeburten sind im Gewächs-<lb/>
reich ungleich                         zahlreicher als unter den Thieren.<lb/>
Es ist kein Theil der Pflanze, an                         welchem man<lb/>
nicht zuweilen, an einigen aber sehr                         häufig<lb/>
Monstrositäten bemerkte. Am meisten sinds über-<lb/>
zählige, wuchernde Theile (<hi rendition="#aq">monstra, <hi rendition="#i">per excessum</hi></hi><lb/>
S. 15); doppelte an einander gewachsene                         Stämme,<lb/>
doppelte oder vielfache Früchte &#xA75B;c. vielfache Korn-<lb type="inWord"/>
ähren, Rosen aus deren Mitte andre kleine Ro-<lb type="inWord"/>
sen hervorschießen u. s. w.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. 1. Besonders gehört dahin die Peloria,                         eine<lb/>
monströse Abweichung im Sporn an der Blüthe<lb/>
dreyer Arten von <hi rendition="#aq">Antirrhinum</hi>; nemlich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">linaria<lb/>
elatine</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">spurium</hi></hi>, deren Entstehungsart durch<lb/>
verdorbenen                         Nahrungssaft der seel. D. Merk in<lb/>
Ravenspurg scharfsinnig erklärt                         hat<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>s. Götting. gel. Anz. 1774.                         121. St.</p></note>.</p>
          <p rendition="#indent-1 #small">Anm. 2. Zu den allerseltensten und                         merkwürdigsten<lb/>
Monstrositäten gehören aber die Beyspiele                         von<lb/>
wildwachsenden Pflanzen die am gleichen Stamme<lb/>
und zu gleicher                         Zeit Blüthen von Gewächsen ganz<lb/>
verschiedner Geschlechter, ja selbst aus                         den verschie-<lb/>
densten Classen getragen haben. Dieß ist,                         der Fall<lb/>
mit dem berühmten <hi rendition="#aq">ranunculus <hi rendition="#i">bellidiflorus</hi></hi> an wel-<lb/>
chem man                         mehrmalen sowohl Blüthen vom polyan-<lb/>
drischen <hi rendition="#aq">ranunculus <hi rendition="#i">pratensis</hi></hi> als von der                         syngenesi-<lb/>
stischen <hi rendition="#aq">bellis <hi rendition="#i">perennis</hi></hi> gefunden hat. Das erste<lb/>
Beyspiel                         dieser Art hat Hr. Chorh. Gesner in der<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">diss. de ranunculo bellidifloro</hi>. Tigur</hi>. 1753. 4.                         genau<lb/>
beschrieben und abgebildet. Mit einem andern<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[544/0564] freylich mit der Lehre von vermeynten präformir- ten Keimen schlechterdings nicht, aber wo ich nicht irre ganz wohl mit der vom Bildungstriebe (§. 10 u. f.) reimen läßt. §. 208. Auch die Misgeburten sind im Gewächs- reich ungleich zahlreicher als unter den Thieren. Es ist kein Theil der Pflanze, an welchem man nicht zuweilen, an einigen aber sehr häufig Monstrositäten bemerkte. Am meisten sinds über- zählige, wuchernde Theile (monstra, per excessum S. 15); doppelte an einander gewachsene Stämme, doppelte oder vielfache Früchte ꝛc. vielfache Korn- ähren, Rosen aus deren Mitte andre kleine Ro- sen hervorschießen u. s. w. Anm. 1. Besonders gehört dahin die Peloria, eine monströse Abweichung im Sporn an der Blüthe dreyer Arten von Antirrhinum; nemlich linaria elatine und spurium, deren Entstehungsart durch verdorbenen Nahrungssaft der seel. D. Merk in Ravenspurg scharfsinnig erklärt hat *). Anm. 2. Zu den allerseltensten und merkwürdigsten Monstrositäten gehören aber die Beyspiele von wildwachsenden Pflanzen die am gleichen Stamme und zu gleicher Zeit Blüthen von Gewächsen ganz verschiedner Geschlechter, ja selbst aus den verschie- densten Classen getragen haben. Dieß ist, der Fall mit dem berühmten ranunculus bellidiflorus an wel- chem man mehrmalen sowohl Blüthen vom polyan- drischen ranunculus pratensis als von der syngenesi- stischen bellis perennis gefunden hat. Das erste Beyspiel dieser Art hat Hr. Chorh. Gesner in der diss. de ranunculo bellidifloro. Tigur. 1753. 4. genau beschrieben und abgebildet. Mit einem andern *) s. Götting. gel. Anz. 1774. 121. St.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/564
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/564>, abgerufen am 19.04.2024.