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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788.

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Anm. Wie gering inzwischen der Unterschied zwischen
Eyerlegen und Lebendiggebähren sey, erweisen die
Beyspiele der Blattläufe und Federbusch-Polypen,
die sich bald auf die eine, bald auf die andre Weise
fortpflanzen; und der Salamander und manche
Schlangen die zwar Eyer legen, in welchen aber
das ganz ausgebildete Thier enthalten ist. Gewis-
sermasen könnte man mit diesem letztern Fall dieje-
nigen Pflanzen vergleichen in deren reisen Saa-
menkörnern ein grüner Pflanzenkeim eingeschlossen
liegt, wie z. B. bey den sogenannten Aegyptischen
Bohnen von der Nymphaea nelumbo.

§. 17.

Die neuerzeugten organisirten K. sollten ei-
gentlich ihren Vorfahren, und ihre Nachkom-
men ihnen selbst vollkommen gleichen. Nun aber
findet sich dennoch bey Thieren und Pflanzen der-
selben Art sehr oft in Rücksicht ihrer Bildung,
Größe, Farbe etc. so viel Verschiedenheit, daß
sie zuweilen leicht für besondre Gattungen ange-
sehen werden könnten. Solche Abweichungen
nennt man Spielarten, Varietäten; und sie
sind eine Folge der Ausartung, Degeneration,
die vorzüglich aus folgenden Quellen hergeleitet
werden muß.

§. 18.

Der kürzeste Weg zur Degeneration ist die
Begattung organisirter Körper verschiedner Art;
wodurch Bastarde (hybrida) erzeugt werden,
die keinem von beiden Eltern vollkommen glei-
chen, sondern vielmehr mit beiden zusammen
Aehnlichkeit haben. Da aber von der bestimm-

Anm. Wie gering inzwischen der Unterschied zwischen
Eyerlegen und Lebendiggebähren sey, erweisen die
Beyspiele der Blattläufe und Federbusch-Polypen,
die sich bald auf die eine, bald auf die andre Weise
fortpflanzen; und der Salamander und manche
Schlangen die zwar Eyer legen, in welchen aber
das ganz ausgebildete Thier enthalten ist. Gewis-
sermasen könnte man mit diesem letztern Fall dieje-
nigen Pflanzen vergleichen in deren reisen Saa-
menkörnern ein grüner Pflanzenkeim eingeschlossen
liegt, wie z. B. bey den sogenannten Aegyptischen
Bohnen von der Nymphaea nelumbo.

§. 17.

Die neuerzeugten organisirten K. sollten ei-
gentlich ihren Vorfahren, und ihre Nachkom-
men ihnen selbst vollkommen gleichen. Nun aber
findet sich dennoch bey Thieren und Pflanzen der-
selben Art sehr oft in Rücksicht ihrer Bildung,
Größe, Farbe ꝛc. so viel Verschiedenheit, daß
sie zuweilen leicht für besondre Gattungen ange-
sehen werden könnten. Solche Abweichungen
nennt man Spielarten, Varietäten; und sie
sind eine Folge der Ausartung, Degeneration,
die vorzüglich aus folgenden Quellen hergeleitet
werden muß.

§. 18.

Der kürzeste Weg zur Degeneration ist die
Begattung organisirter Körper verschiedner Art;
wodurch Bastarde (hybrida) erzeugt werden,
die keinem von beiden Eltern vollkommen glei-
chen, sondern vielmehr mit beiden zusammen
Aehnlichkeit haben. Da aber von der bestimm-

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[22/0042] Anm. Wie gering inzwischen der Unterschied zwischen Eyerlegen und Lebendiggebähren sey, erweisen die Beyspiele der Blattläufe und Federbusch-Polypen, die sich bald auf die eine, bald auf die andre Weise fortpflanzen; und der Salamander und manche Schlangen die zwar Eyer legen, in welchen aber das ganz ausgebildete Thier enthalten ist. Gewis- sermasen könnte man mit diesem letztern Fall dieje- nigen Pflanzen vergleichen in deren reisen Saa- menkörnern ein grüner Pflanzenkeim eingeschlossen liegt, wie z. B. bey den sogenannten Aegyptischen Bohnen von der Nymphaea nelumbo. §. 17. Die neuerzeugten organisirten K. sollten ei- gentlich ihren Vorfahren, und ihre Nachkom- men ihnen selbst vollkommen gleichen. Nun aber findet sich dennoch bey Thieren und Pflanzen der- selben Art sehr oft in Rücksicht ihrer Bildung, Größe, Farbe ꝛc. so viel Verschiedenheit, daß sie zuweilen leicht für besondre Gattungen ange- sehen werden könnten. Solche Abweichungen nennt man Spielarten, Varietäten; und sie sind eine Folge der Ausartung, Degeneration, die vorzüglich aus folgenden Quellen hergeleitet werden muß. §. 18. Der kürzeste Weg zur Degeneration ist die Begattung organisirter Körper verschiedner Art; wodurch Bastarde (hybrida) erzeugt werden, die keinem von beiden Eltern vollkommen glei- chen, sondern vielmehr mit beiden zusammen Aehnlichkeit haben. Da aber von der bestimm-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 3. Aufl. Göttingen, 1788, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1788/42>, abgerufen am 19.04.2024.