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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791.

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§. 71.

Wenn endlich das Geschäft des Nesterbaues
vollendet ist, so legt die Mutter ihre Eyer hin-
ein; deren Anzahl bey den verschiedenen Gattun-
gen der Vögel sehr verschieden ist. Viele Was-
servögel z. B. legen jedes Mahl nur ein einziges
Ey; die Taucherchen und mehresten Tauben ihrer
zweye; die Möven dreye; die Raben viere; die
Finken fünfe; die Schwalben sechs bis acht; die
Rebhühner und Wachteln vierzehn; das Haus-
huhn aber, besonders wenn man ihm die Eyer
nach und nach wegnimmt,*) bis fünfzig und drü-
ber. Zuweilen geben auch manche Vögel, ohne
vorher gegangene Befruchtung, Eyer von sich,
die aber zum Bebrüten untauglich sind und
Windeyer (oua subuentanea, zephyria, hy-
penemia
) heissen.

§. 72.

Die Ausbildung des jungen Thieres, die bey
den Säugethieren noch im Mutterleibe vollzogen
wird, muß hingegen bey den Vögeln im schon geleg-
ten Ey, mittelst des Brütens bewirkt werden. Nur
der Kuckuck brütet seine Eyer nie selbst aus, sondern
überläßt es den Grasmücken oder Bachstelzen etc. in
deren Nest er sein Ey gelegt hat. Hingegen weiß
man, daß selbst Capaunen, und Hunde, und sogar

*) In diesem Fall scheint also das Eyerlegen eine will-
kührliche Handlung, wodurch es sich folglich vom
durchaus unwillkührlichen Gebähren der Säuge-
thiere auffallend auszeichnet.
§. 71.

Wenn endlich das Geschäft des Nesterbaues
vollendet ist, so legt die Mutter ihre Eyer hin-
ein; deren Anzahl bey den verschiedenen Gattun-
gen der Vögel sehr verschieden ist. Viele Was-
servögel z. B. legen jedes Mahl nur ein einziges
Ey; die Taucherchen und mehresten Tauben ihrer
zweye; die Möven dreye; die Raben viere; die
Finken fünfe; die Schwalben sechs bis acht; die
Rebhühner und Wachteln vierzehn; das Haus-
huhn aber, besonders wenn man ihm die Eyer
nach und nach wegnimmt,*) bis fünfzig und drü-
ber. Zuweilen geben auch manche Vögel, ohne
vorher gegangene Befruchtung, Eyer von sich,
die aber zum Bebrüten untauglich sind und
Windeyer (oua subuentanea, zephyria, hy-
penemia
) heissen.

§. 72.

Die Ausbildung des jungen Thieres, die bey
den Säugethieren noch im Mutterleibe vollzogen
wird, muß hingegen bey den Vögeln im schon geleg-
ten Ey, mittelst des Brütens bewirkt werden. Nur
der Kuckuck brütet seine Eyer nie selbst aus, sondern
überläßt es den Grasmücken oder Bachstelzen ꝛc. in
deren Nest er sein Ey gelegt hat. Hingegen weiß
man, daß selbst Capaunen, und Hunde, und sogar

*) In diesem Fall scheint also das Eyerlegen eine will-
kührliche Handlung, wodurch es sich folglich vom
durchaus unwillkührlichen Gebähren der Säuge-
thiere auffallend auszeichnet.
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[145/0161] §. 71. Wenn endlich das Geschäft des Nesterbaues vollendet ist, so legt die Mutter ihre Eyer hin- ein; deren Anzahl bey den verschiedenen Gattun- gen der Vögel sehr verschieden ist. Viele Was- servögel z. B. legen jedes Mahl nur ein einziges Ey; die Taucherchen und mehresten Tauben ihrer zweye; die Möven dreye; die Raben viere; die Finken fünfe; die Schwalben sechs bis acht; die Rebhühner und Wachteln vierzehn; das Haus- huhn aber, besonders wenn man ihm die Eyer nach und nach wegnimmt, *) bis fünfzig und drü- ber. Zuweilen geben auch manche Vögel, ohne vorher gegangene Befruchtung, Eyer von sich, die aber zum Bebrüten untauglich sind und Windeyer (oua subuentanea, zephyria, hy- penemia) heissen. §. 72. Die Ausbildung des jungen Thieres, die bey den Säugethieren noch im Mutterleibe vollzogen wird, muß hingegen bey den Vögeln im schon geleg- ten Ey, mittelst des Brütens bewirkt werden. Nur der Kuckuck brütet seine Eyer nie selbst aus, sondern überläßt es den Grasmücken oder Bachstelzen ꝛc. in deren Nest er sein Ey gelegt hat. Hingegen weiß man, daß selbst Capaunen, und Hunde, und sogar *) In diesem Fall scheint also das Eyerlegen eine will- kührliche Handlung, wodurch es sich folglich vom durchaus unwillkührlichen Gebähren der Säuge- thiere auffallend auszeichnet.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/161>, abgerufen am 29.03.2024.