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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791.

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die Haube, Mütze, das Garn), der gleichsam nur
ein Anhang des ersten ist, aufgefaßt und wieder
durch den Schlund hinauf getrieben. Nun wird
der wiedergekaute zum zweyten Mahl geschluckte
Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder
durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich
aus dem Schlunde in den dritten (echinus, cen-
tipellio, omasus,
franz. le feuillet, le pseautier, das
Buch, der Psalter, der Blättermagen) geleitet,
wo er sich wohl bey der geringe Weite desselben
nicht lange aufhalten kann, sondern von da end-
lich zur völligen Verdauung in den vierten (abo-
masus
, franz. la caillette, der Laab, die Ruthe, der
Fettmagen) gelangt, der dem Magen andrer Säu-
gethiere am nächsten kommt.

Anm. 2. Der allgemeine Haupt-Nutze der Rumination
scheint noch unbekannt. - Vielen kleinen, schüch-
ternen, unbewaffneten wiederkauenden Thieren
und denen noch dazu von den reissenden Thieren
so sehr nachgestellt wird, kommt sie in sofern zu
passe, das sie ihr Futter auf der offnen Weid ge-
schwind abgrasen und dann im Dickicht in Ruhe
und Sicherheit gemächlich ruminiren können etc.

§. 46.

Die allermehrsten Säugethiere haben eine
Stimme (vox), die nach Verschiedenheit der
Gattungen, des Geschlechts, des Alters, und
der Leidenschaften überaus mannigfaltig ist. Ei-
nige, wie der Maulwurf, die Hasen, Kanin-
chen etc. lassen sie aber nur im äußersten Noth-
fall erschallen. Der Mensch allein besitzt den
Gebrauch der Sprache (loquela), die eine Folge
seiner Vernunft (§. 37.) ist*).

*) Explanatio animi, quae nos distinxit a feris.Plinius.

die Haube, Mütze, das Garn), der gleichsam nur
ein Anhang des ersten ist, aufgefaßt und wieder
durch den Schlund hinauf getrieben. Nun wird
der wiedergekaute zum zweyten Mahl geschluckte
Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder
durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich
aus dem Schlunde in den dritten (echinus, cen-
tipellio, omasus,
franz. le feuillet, le pseautier, das
Buch, der Psalter, der Blättermagen) geleitet,
wo er sich wohl bey der geringe Weite desselben
nicht lange aufhalten kann, sondern von da end-
lich zur völligen Verdauung in den vierten (abo-
masus
, franz. la caillette, der Laab, die Ruthe, der
Fettmagen) gelangt, der dem Magen andrer Säu-
gethiere am nächsten kommt.

Anm. 2. Der allgemeine Haupt-Nutze der Rumination
scheint noch unbekannt. – Vielen kleinen, schüch-
ternen, unbewaffneten wiederkauenden Thieren
und denen noch dazu von den reissenden Thieren
so sehr nachgestellt wird, kommt sie in sofern zu
passe, das sie ihr Futter auf der offnen Weid ge-
schwind abgrasen und dann im Dickicht in Ruhe
und Sicherheit gemächlich ruminiren können ꝛc.

§. 46.

Die allermehrsten Säugethiere haben eine
Stimme (vox), die nach Verschiedenheit der
Gattungen, des Geschlechts, des Alters, und
der Leidenschaften überaus mannigfaltig ist. Ei-
nige, wie der Maulwurf, die Hasen, Kanin-
chen ꝛc. lassen sie aber nur im äußersten Noth-
fall erschallen. Der Mensch allein besitzt den
Gebrauch der Sprache (loquela), die eine Folge
seiner Vernunft (§. 37.) ist*).

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[43/0059] die Haube, Mütze, das Garn), der gleichsam nur ein Anhang des ersten ist, aufgefaßt und wieder durch den Schlund hinauf getrieben. Nun wird der wiedergekaute zum zweyten Mahl geschluckte Bissen durch eine besondere Rinne, ohne wieder durch die beiden ersten Mägen zu passiren, gleich aus dem Schlunde in den dritten (echinus, cen- tipellio, omasus, franz. le feuillet, le pseautier, das Buch, der Psalter, der Blättermagen) geleitet, wo er sich wohl bey der geringe Weite desselben nicht lange aufhalten kann, sondern von da end- lich zur völligen Verdauung in den vierten (abo- masus, franz. la caillette, der Laab, die Ruthe, der Fettmagen) gelangt, der dem Magen andrer Säu- gethiere am nächsten kommt. Anm. 2. Der allgemeine Haupt-Nutze der Rumination scheint noch unbekannt. – Vielen kleinen, schüch- ternen, unbewaffneten wiederkauenden Thieren und denen noch dazu von den reissenden Thieren so sehr nachgestellt wird, kommt sie in sofern zu passe, das sie ihr Futter auf der offnen Weid ge- schwind abgrasen und dann im Dickicht in Ruhe und Sicherheit gemächlich ruminiren können ꝛc. §. 46. Die allermehrsten Säugethiere haben eine Stimme (vox), die nach Verschiedenheit der Gattungen, des Geschlechts, des Alters, und der Leidenschaften überaus mannigfaltig ist. Ei- nige, wie der Maulwurf, die Hasen, Kanin- chen ꝛc. lassen sie aber nur im äußersten Noth- fall erschallen. Der Mensch allein besitzt den Gebrauch der Sprache (loquela), die eine Folge seiner Vernunft (§. 37.) ist *). *) Explanatio animi, quae nos distinxit a feris. Plinius.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/59>, abgerufen am 29.03.2024.