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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791.

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§. 73.

Während des Brütens geht nun im Eye
selbst die große Veränderung vor, daß das
Küchelchen darin allmählich gebildet, und von
Tag zu Tag mehr zur Reife gebracht wird. Zu
dieser Absicht ist nicht nur der Dotter überhaupt
specifisch leichter als das Eyweis, sondern auch
wiederum diejenige Stelle auf seiner Oberfläche
an welcher das künftige Hühnchen zu liegen
kommt, selbst noch leichter als die entgegen ge-
setzte Seite, so daß folglich bey jeder Lage des
Eyes doch immer jene Stelle dem Leibe des
bebrütenden Vogels am nächsten liegt. Die
erste Spur des neuen Küchelchens zeigt sich,
wie schon oben erwähnt worden (§. 8.), immer
erst eine geraume Zeit nachdem das Brüten sei-
nen Anfang genommen. Beym Hühnerey z. B.
kaum vor Ende des ersten Tages: so wie am
Ende des zweyten das berühmte Schauspiel der
ersten Bewegung des dann noch sehr unvollkomm-
nen Herzchens (das punctum saliens) seinen
Anfang nimmt. Zu Ende des fünften Tages
sieht man schon das ganze kleine gallertartige Ge-
schöpf sich bewegen. Am vierzehnten brechen die
Federn aus; zu Anfang des fünfzehnten schnappt
das Hühnchen schon nach Luft; und ist am neun-
zehnten Tage im Stande einen Laut von sich zu
geben.

Anm. Beym Vogel im Ey ist die erste Gestalt, worin
er sich zeigt, unendlich mehr von seiner nachmah-
ligen Form, wenn er zum Auskriechen reif ist, ver-

§. 73.

Während des Brütens geht nun im Eye
selbst die große Veränderung vor, daß das
Küchelchen darin allmählich gebildet, und von
Tag zu Tag mehr zur Reife gebracht wird. Zu
dieser Absicht ist nicht nur der Dotter überhaupt
specifisch leichter als das Eyweis, sondern auch
wiederum diejenige Stelle auf seiner Oberfläche
an welcher das künftige Hühnchen zu liegen
kommt, selbst noch leichter als die entgegen ge-
setzte Seite, so daß folglich bey jeder Lage des
Eyes doch immer jene Stelle dem Leibe des
bebrütenden Vogels am nächsten liegt. Die
erste Spur des neuen Küchelchens zeigt sich,
wie schon oben erwähnt worden (§. 8.), immer
erst eine geraume Zeit nachdem das Brüten sei-
nen Anfang genommen. Beym Hühnerey z. B.
kaum vor Ende des ersten Tages: so wie am
Ende des zweyten das berühmte Schauspiel der
ersten Bewegung des dann noch sehr unvollkomm-
nen Herzchens (das punctum saliens) seinen
Anfang nimmt. Zu Ende des fünften Tages
sieht man schon das ganze kleine gallertartige Ge-
schöpf sich bewegen. Am vierzehnten brechen die
Federn aus; zu Anfang des fünfzehnten schnappt
das Hühnchen schon nach Luft; und ist am neun-
zehnten Tage im Stande einen Laut von sich zu
geben.

Anm. Beym Vogel im Ey ist die erste Gestalt, worin
er sich zeigt, unendlich mehr von seiner nachmah-
ligen Form, wenn er zum Auskriechen reif ist, ver-

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[147/0163] §. 73. Während des Brütens geht nun im Eye selbst die große Veränderung vor, daß das Küchelchen darin allmählich gebildet, und von Tag zu Tag mehr zur Reife gebracht wird. Zu dieser Absicht ist nicht nur der Dotter überhaupt specifisch leichter als das Eyweis, sondern auch wiederum diejenige Stelle auf seiner Oberfläche an welcher das künftige Hühnchen zu liegen kommt, selbst noch leichter als die entgegen ge- setzte Seite, so daß folglich bey jeder Lage des Eyes doch immer jene Stelle dem Leibe des bebrütenden Vogels am nächsten liegt. Die erste Spur des neuen Küchelchens zeigt sich, wie schon oben erwähnt worden (§. 8.), immer erst eine geraume Zeit nachdem das Brüten sei- nen Anfang genommen. Beym Hühnerey z. B. kaum vor Ende des ersten Tages: so wie am Ende des zweyten das berühmte Schauspiel der ersten Bewegung des dann noch sehr unvollkomm- nen Herzchens (das punctum saliens) seinen Anfang nimmt. Zu Ende des fünften Tages sieht man schon das ganze kleine gallertartige Ge- schöpf sich bewegen. Am vierzehnten brechen die Federn aus; zu Anfang des fünfzehnten schnappt das Hühnchen schon nach Luft; und ist am neun- zehnten Tage im Stande einen Laut von sich zu geben. Anm. Beym Vogel im Ey ist die erste Gestalt, worin er sich zeigt, unendlich mehr von seiner nachmah- ligen Form, wenn er zum Auskriechen reif ist, ver-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/163>, abgerufen am 28.03.2024.