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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791.

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die ganze organisirte Schöpfung in der Erfah-
rung offenbart, und deren so constante Phäno-
mene einen weit leichtern und hellern Aufschluß
über die Zeugung und viele andere der wichtig-
sten Geschäfte des körperlichen Lebens geben,
als andere zu deren Erklärung vorgeschlagene
Theorien.

§. 12.

Der Bildungstrieb kann aber bey der Zeu-
gung auf mancherley Weise von seiner bestimm-
ten Richtung abweichen. So kann er bey
Bildung der einen Art organisirter Körper die
für eine ganz andere Art derselben bestimmte
Richtung annehmen, wohin z. B. die gehörnten
Hasen mit vollkommen ausgebildeten kleinen
Rehgeweihen u. a. dergl. sonderbare Erscheinun-
gen, zu gehören scheinen.

Oder es können bey Ausbildung der Sexual-
organe, die bey einem Geschlecht, mehr oder we-
niger von der Gestaltung des andern erhalten,
und dadurch ein zwitterartiges Geschöpf ent-
stehen.

Wenn aber der Bildungstrieb nicht bloß eine
solche fremdartige, sondern eine völlig wider-
natürliche Richtung befolgt, so wird der orga-
nisirte Körper zur eigentlich so genannten Miß-
geburt verunstaltet. Nach dem Sprachge-
brauch versteht man unter Mißgeburt: eine wi-
dernatürliche, angeborne, leicht in die Augen

die ganze organisirte Schöpfung in der Erfah-
rung offenbart, und deren so constante Phäno-
mene einen weit leichtern und hellern Aufschluß
über die Zeugung und viele andere der wichtig-
sten Geschäfte des körperlichen Lebens geben,
als andere zu deren Erklärung vorgeschlagene
Theorien.

§. 12.

Der Bildungstrieb kann aber bey der Zeu-
gung auf mancherley Weise von seiner bestimm-
ten Richtung abweichen. So kann er bey
Bildung der einen Art organisirter Körper die
für eine ganz andere Art derselben bestimmte
Richtung annehmen, wohin z. B. die gehörnten
Hasen mit vollkommen ausgebildeten kleinen
Rehgeweihen u. a. dergl. sonderbare Erscheinun-
gen, zu gehören scheinen.

Oder es können bey Ausbildung der Sexual-
organe, die bey einem Geschlecht, mehr oder we-
niger von der Gestaltung des andern erhalten,
und dadurch ein zwitterartiges Geschöpf ent-
stehen.

Wenn aber der Bildungstrieb nicht bloß eine
solche fremdartige, sondern eine völlig wider-
natürliche Richtung befolgt, so wird der orga-
nisirte Körper zur eigentlich so genannten Miß-
geburt verunstaltet. Nach dem Sprachge-
brauch versteht man unter Mißgeburt: eine wi-
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[14/0030] die ganze organisirte Schöpfung in der Erfah- rung offenbart, und deren so constante Phäno- mene einen weit leichtern und hellern Aufschluß über die Zeugung und viele andere der wichtig- sten Geschäfte des körperlichen Lebens geben, als andere zu deren Erklärung vorgeschlagene Theorien. §. 12. Der Bildungstrieb kann aber bey der Zeu- gung auf mancherley Weise von seiner bestimm- ten Richtung abweichen. So kann er bey Bildung der einen Art organisirter Körper die für eine ganz andere Art derselben bestimmte Richtung annehmen, wohin z. B. die gehörnten Hasen mit vollkommen ausgebildeten kleinen Rehgeweihen u. a. dergl. sonderbare Erscheinun- gen, zu gehören scheinen. Oder es können bey Ausbildung der Sexual- organe, die bey einem Geschlecht, mehr oder we- niger von der Gestaltung des andern erhalten, und dadurch ein zwitterartiges Geschöpf ent- stehen. Wenn aber der Bildungstrieb nicht bloß eine solche fremdartige, sondern eine völlig wider- natürliche Richtung befolgt, so wird der orga- nisirte Körper zur eigentlich so genannten Miß- geburt verunstaltet. Nach dem Sprachge- brauch versteht man unter Mißgeburt: eine wi- dernatürliche, angeborne, leicht in die Augen

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/30>, abgerufen am 23.04.2024.