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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791.

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Anm. Wie gering inzwischen der Unterschied zwischen
Eyer Legen und lebendig Gebären sey, erweisen
die Beyspiele der Blattläuse und Federbusch-Po-
lypen, die sich bald auf die eine, bald auf die
andre Weise fortpflanzen; und der Salamander
und manche Schlangen die zwar Eyer legen, in
welchen aber das ganz ausgebildete Thier ent-
halten ist. Gewissermaßen könnte man mit die-
sem letztern Falle diejenigen Pflanzen vergleichen
in deren reifen Samenkörnern ein grüner Pflan-
zenkeim eingeschlossen liegt, wie z. B. bey den
sogenannten Aegyptischen Bohnen von der Nym-
phaea nelumbo
.

§. 20.

Nachdem die organisirten Körper die Bestim-
mungen ihres Lebens erfüllt haben, so geht über lang
oder kurz die letzte Revolution mit ihnen vor, sie
sterben. Die wenigsten aber erreichen das Ziel,
das ihnen die Natur zum Laufe ihres Lebens vorge-
steckt hat, sondern tausenderley Zufälle verkürzen
ihnen diesen Weg meist lange vor der bestimmten
Zeit. Von allen den großen furchtbaren Thieren,
Crocodilen, Wasserschlangen etc. erreicht vielleicht
nicht das tausendste sein gesetztes Alter und Größe,
sondern muß in seiner Kindheit kleinern Thieren
zum Raube werden, da es sonst künftig Menschen
und andre große Thiere verschlungen haben würde.

§. 21.

Nach dem Tode der Thiere und Pflanzen wird
ihr Körper allmählich aufgelöset, ihr Organismus
zerstört, und ihre Asche endlich mit der übrigen Erde
vermengt, die ihnen vorher Nahrung und Aufent-
halt gegeben hatte.



Anm. Wie gering inzwischen der Unterschied zwischen
Eyer Legen und lebendig Gebären sey, erweisen
die Beyspiele der Blattläuse und Federbusch-Po-
lypen, die sich bald auf die eine, bald auf die
andre Weise fortpflanzen; und der Salamander
und manche Schlangen die zwar Eyer legen, in
welchen aber das ganz ausgebildete Thier ent-
halten ist. Gewissermaßen könnte man mit die-
sem letztern Falle diejenigen Pflanzen vergleichen
in deren reifen Samenkörnern ein grüner Pflan-
zenkeim eingeschlossen liegt, wie z. B. bey den
sogenannten Aegyptischen Bohnen von der Nym-
phaea nelumbo
.

§. 20.

Nachdem die organisirten Körper die Bestim-
mungen ihres Lebens erfüllt haben, so geht über lang
oder kurz die letzte Revolution mit ihnen vor, sie
sterben. Die wenigsten aber erreichen das Ziel,
das ihnen die Natur zum Laufe ihres Lebens vorge-
steckt hat, sondern tausenderley Zufälle verkürzen
ihnen diesen Weg meist lange vor der bestimmten
Zeit. Von allen den großen furchtbaren Thieren,
Crocodilen, Wasserschlangen ꝛc. erreicht vielleicht
nicht das tausendste sein gesetztes Alter und Größe,
sondern muß in seiner Kindheit kleinern Thieren
zum Raube werden, da es sonst künftig Menschen
und andre große Thiere verschlungen haben würde.

§. 21.

Nach dem Tode der Thiere und Pflanzen wird
ihr Körper allmählich aufgelöset, ihr Organismus
zerstört, und ihre Asche endlich mit der übrigen Erde
vermengt, die ihnen vorher Nahrung und Aufent-
halt gegeben hatte.



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[25/0041] Anm. Wie gering inzwischen der Unterschied zwischen Eyer Legen und lebendig Gebären sey, erweisen die Beyspiele der Blattläuse und Federbusch-Po- lypen, die sich bald auf die eine, bald auf die andre Weise fortpflanzen; und der Salamander und manche Schlangen die zwar Eyer legen, in welchen aber das ganz ausgebildete Thier ent- halten ist. Gewissermaßen könnte man mit die- sem letztern Falle diejenigen Pflanzen vergleichen in deren reifen Samenkörnern ein grüner Pflan- zenkeim eingeschlossen liegt, wie z. B. bey den sogenannten Aegyptischen Bohnen von der Nym- phaea nelumbo. §. 20. Nachdem die organisirten Körper die Bestim- mungen ihres Lebens erfüllt haben, so geht über lang oder kurz die letzte Revolution mit ihnen vor, sie sterben. Die wenigsten aber erreichen das Ziel, das ihnen die Natur zum Laufe ihres Lebens vorge- steckt hat, sondern tausenderley Zufälle verkürzen ihnen diesen Weg meist lange vor der bestimmten Zeit. Von allen den großen furchtbaren Thieren, Crocodilen, Wasserschlangen ꝛc. erreicht vielleicht nicht das tausendste sein gesetztes Alter und Größe, sondern muß in seiner Kindheit kleinern Thieren zum Raube werden, da es sonst künftig Menschen und andre große Thiere verschlungen haben würde. §. 21. Nach dem Tode der Thiere und Pflanzen wird ihr Körper allmählich aufgelöset, ihr Organismus zerstört, und ihre Asche endlich mit der übrigen Erde vermengt, die ihnen vorher Nahrung und Aufent- halt gegeben hatte.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 4. Aufl. Göttingen, 1791, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1791/41>, abgerufen am 28.03.2024.