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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797.

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Die Pflanzen sind zwar ebenfalls organi-
sirte Körper, aber bloß belebt, so daß sie ihren
Nahrungssaft ohne mittelst der Wurzeln ohne will-
kührliche Bewegung einsaugen.

Die Mineralien endlich sind unbelebte und
unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens-
kraft nach den bloß physischen und chemischen
Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, etc. entstehen.

Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist,
zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge-
macht worden.

Manche haben zwar die Kluft zwischen den
organisirten und unorganisirten Körpern aner-
kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen
Thieren und Gewächsen zugeben wollen:

Andre hingegen haben die beliebten Meta-
phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu
dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba-
ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w.
statt fänden.

Was das erste betrifft, so sollte man zwar
überhaupt nicht vergessen, was so oft bey Gegen-
ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie
weit leichter für das was sie sind*) richtig aner-
kennen und von andern unterscheiden, als ihre
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden
und angeben kann**). - So sagte z. B. Linne:

*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf
wohl keiner Erinnerung.
**) "Facilius plerumque est rem praesentem discernere,
quam verbis exacte definire
"
. Gaubius.
"Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern
nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl-
len zu finden."
J. Aug. Unzer.

Die Pflanzen sind zwar ebenfalls organi-
sirte Körper, aber bloß belebt, so daß sie ihren
Nahrungssaft ohne mittelst der Wurzeln ohne will-
kührliche Bewegung einsaugen.

Die Mineralien endlich sind unbelebte und
unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens-
kraft nach den bloß physischen und chemischen
Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, ꝛc. entstehen.

Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist,
zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge-
macht worden.

Manche haben zwar die Kluft zwischen den
organisirten und unorganisirten Körpern aner-
kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen
Thieren und Gewächsen zugeben wollen:

Andre hingegen haben die beliebten Meta-
phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu
dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba-
ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w.
statt fänden.

Was das erste betrifft, so sollte man zwar
überhaupt nicht vergessen, was so oft bey Gegen-
ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie
weit leichter für das was sie sind*) richtig aner-
kennen und von andern unterscheiden, als ihre
einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden
und angeben kann**). – So sagte z. B. Linné:

*) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden.
Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich
nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf
wohl keiner Erinnerung.
**) Facilius plerumque est rem praesentem discernere,
quam verbis exacte definire
. Gaubius.
„Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei-
dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern
nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl-
len zu finden.“
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[6/0028] Die Pflanzen sind zwar ebenfalls organi- sirte Körper, aber bloß belebt, so daß sie ihren Nahrungssaft ohne mittelst der Wurzeln ohne will- kührliche Bewegung einsaugen. Die Mineralien endlich sind unbelebte und unorganisirte Körper, die folglich ohne Lebens- kraft nach den bloß physischen und chemischen Gesetzen von Anziehung, Anhäufung, ꝛc. entstehen. Anm. Gegen diese Eintheilung in drey Reiche, ist, zumahl neuerlich, eine doppelte Einwendung ge- macht worden. Manche haben zwar die Kluft zwischen den organisirten und unorganisirten Körpern aner- kannt, aber nur keine bestimmten Grenzen zwischen Thieren und Gewächsen zugeben wollen: Andre hingegen haben die beliebten Meta- phern von Stufenfolge der Geschöpfe geradezu dahin gedeutet, als ob überhaupt keine bestimmba- ren Eintheilungen der Naturalien in Reiche u. s. w. statt fänden. Was das erste betrifft, so sollte man zwar überhaupt nicht vergessen, was so oft bey Gegen- ständen der Erfahrung der Fall ist, daß man sie weit leichter für das was sie sind *) richtig aner- kennen und von andern unterscheiden, als ihre einzelnen unterscheidenden Merkzeichen ausfinden und angeben kann **). – So sagte z. B. Linné: *) Mit dem gemeinen Sprachgebrauch zu reden. Denn daß wir im strengern Sinne bekanntlich nur die Erscheinungen der Dinge kennen, bedarf wohl keiner Erinnerung. **) „Facilius plerumque est rem praesentem discernere, quam verbis exacte definire“. Gaubius. „Allein der Fehler liegt nicht am Unterschei- dungsgrunde, welcher stets wahr bleibt, sondern nur an der Schwierigkeit ihn in manchen Fäl- len zu finden.“ J. Aug. Unzer.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/28>, abgerufen am 16.04.2024.