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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797.

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I. Ordn. BIMANVS.

1. Geschl. Homo. Erectus, bimanus. Mento
prominulo. Dentibus aequaliter appro-
ximatis
; incisoribus inferioribus erectis.

1. Gatt. sapiens. Zu den äußern Kennzeichen, wo-
durch der Mensch selbst vom Menschenähnlichsten
Affen, geschweige von den übrigen Thieren zu
unterscheiden ist, gehört vorzüglich sein aufrech-
ter Gang, (als wozu sein ganzer Wuchs und
Bildung besonders aber seine beckenähnlichen Hüft-
knochen, das Verhältniß seiner Schenkel zu den
Armen und seine breiten Fußsohlen, eingerichtet
sind), dann der freyeste Gebrauch zweyer voll-
kommnen Hände; ferner die aufrechte Stellung
seiner untern Schneidezähne, und (was dieser
Stellung entspricht) sein prominirendes Kinn.

Das weibliche Geschlecht hat noch ein paar
eigenthümliche Charaktere, die dem männlichen
und allen übrigen Thieren abgehen, nähmlich
einen periodischen Blutverlust in einer bestimmten
Reihe von Lebensjahren; und dann einen beson-
dern Theil an den Sexual-Organen, dessen Man-
gel oder Zerstörung als ein körperliches Kenn-
zeichen der verletzten jungfräulichen Integrität
anzusehen ist.

Was aber die Seelenfähigkeiten des Menschen
betrifft, so hat er außer dem Begattungstrieb
wenig Spuren von Instinct (§. 34. u. f.), Kunst-
triebe aber (§. 36.), schlechterdings gar nicht.
Dagegen ist er ausschließlich im Besitz der Ver-
nunft (§. 37.), und der dadurch von ihm selbst
erfundenen Rede oder Sprache (loquela), die
nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) als

I. Ordn. BIMANVS.

1. Geschl. Homo. Erectus, bimanus. Mento
prominulo. Dentibus aequaliter appro-
ximatis
; incisoribus inferioribus erectis.

1. Gatt. sapiens. Zu den äußern Kennzeichen, wo-
durch der Mensch selbst vom Menschenähnlichsten
Affen, geschweige von den übrigen Thieren zu
unterscheiden ist, gehört vorzüglich sein aufrech-
ter Gang, (als wozu sein ganzer Wuchs und
Bildung besonders aber seine beckenähnlichen Hüft-
knochen, das Verhältniß seiner Schenkel zu den
Armen und seine breiten Fußsohlen, eingerichtet
sind), dann der freyeste Gebrauch zweyer voll-
kommnen Hände; ferner die aufrechte Stellung
seiner untern Schneidezähne, und (was dieser
Stellung entspricht) sein prominirendes Kinn.

Das weibliche Geschlecht hat noch ein paar
eigenthümliche Charaktere, die dem männlichen
und allen übrigen Thieren abgehen, nähmlich
einen periodischen Blutverlust in einer bestimmten
Reihe von Lebensjahren; und dann einen beson-
dern Theil an den Sexual-Organen, dessen Man-
gel oder Zerstörung als ein körperliches Kenn-
zeichen der verletzten jungfräulichen Integrität
anzusehen ist.

Was aber die Seelenfähigkeiten des Menschen
betrifft, so hat er außer dem Begattungstrieb
wenig Spuren von Instinct (§. 34. u. f.), Kunst-
triebe aber (§. 36.), schlechterdings gar nicht.
Dagegen ist er ausschließlich im Besitz der Ver-
nunft (§. 37.), und der dadurch von ihm selbst
erfundenen Rede oder Sprache (loquela), die
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[59/0081] I. Ordn. BIMANVS. 1. Geschl. Homo. Erectus, bimanus. Mento prominulo. Dentibus aequaliter appro- ximatis; incisoribus inferioribus erectis. 1. Gatt. sapiens. Zu den äußern Kennzeichen, wo- durch der Mensch selbst vom Menschenähnlichsten Affen, geschweige von den übrigen Thieren zu unterscheiden ist, gehört vorzüglich sein aufrech- ter Gang, (als wozu sein ganzer Wuchs und Bildung besonders aber seine beckenähnlichen Hüft- knochen, das Verhältniß seiner Schenkel zu den Armen und seine breiten Fußsohlen, eingerichtet sind), dann der freyeste Gebrauch zweyer voll- kommnen Hände; ferner die aufrechte Stellung seiner untern Schneidezähne, und (was dieser Stellung entspricht) sein prominirendes Kinn. Das weibliche Geschlecht hat noch ein paar eigenthümliche Charaktere, die dem männlichen und allen übrigen Thieren abgehen, nähmlich einen periodischen Blutverlust in einer bestimmten Reihe von Lebensjahren; und dann einen beson- dern Theil an den Sexual-Organen, dessen Man- gel oder Zerstörung als ein körperliches Kenn- zeichen der verletzten jungfräulichen Integrität anzusehen ist. Was aber die Seelenfähigkeiten des Menschen betrifft, so hat er außer dem Begattungstrieb wenig Spuren von Instinct (§. 34. u. f.), Kunst- triebe aber (§. 36.), schlechterdings gar nicht. Dagegen ist er ausschließlich im Besitz der Ver- nunft (§. 37.), und der dadurch von ihm selbst erfundenen Rede oder Sprache (loquela), die nicht mit der bloß thierischen Stimme (vox) als

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 5. Aufl. Göttingen, 1797, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1797/81>, abgerufen am 25.04.2024.