Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Unter den blutlosen Thieren an den Arm-Polypen.

Und unter den warmblütigen an der ersten Er-
scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und
seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus-
bildung.

Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er-
innerung überflüssig, daß das Wort Bildungstrieb
selbst, so gut wie die Benennungen aller anderen
Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts erklä-
ren, sondern bloß eine besondere (das Mechanische
mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich vereinen-
de) Kraft unterscheidend bezeichnen soll, deren con-
stante Wirkung aus der Erfahrung anerkannt wor-
den, deren Ursache aber so gut, wie die Ursache
aller anderen noch so allgemein anerkannten Natur-
kräfte für uns hienieden im eigentlichen Wortverstan-
de qualitas occulta bleibt*). - Das hindert aber nicht,
daß man nicht immer mehr suchen sollte, ihre Wir-
kungen durch Beobachtung weiter zu erforschen und
zu verfolgen, und sie so auf allgemeine Gesetze zu-
rück zu bringen.

§. 10.

Durch die bestimmte zweckmäßige Wirksamkeit
des Bildungstriebes in den bestimmten dafür empfäng-
lichen orgainsirbaren Stoffen, wird nun die eben so
bestimmte Form und der Habitus aller einzelnen Gat-
tungen (Species) von organisirten Körpern erhalten;
und bey denen, wo es Statt findet, auch ihre Se-
xual-Verschiedenheit, durch welche sich nähmlich die
männlichen Geschöpfe von den weiblichen in derselben
Gattung auszeichnen.

*) "Il fallait respecter les qualites occultes; car depuis le brin
d'herbe que l'ambre attira, jusqu'a la route que tant d'a-
stres suivent dans l'espace: depuis la formation d'une mite
dans un fromage jusqu'a la Galaxie; soit que vous consi-
deriez une pierre qui tombe, soit que vous suiviez le cours
d'une comete traversant les cieux, tout est
qualite occul-
te
."
Voltaire.

Unter den blutlosen Thieren an den Arm-Polypen.

Und unter den warmblütigen an der ersten Er-
scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und
seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus-
bildung.

Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er-
innerung überflüssig, daß das Wort Bildungstrieb
selbst, so gut wie die Benennungen aller anderen
Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts erklä-
ren, sondern bloß eine besondere (das Mechanische
mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich vereinen-
de) Kraft unterscheidend bezeichnen soll, deren con-
stante Wirkung aus der Erfahrung anerkannt wor-
den, deren Ursache aber so gut, wie die Ursache
aller anderen noch so allgemein anerkannten Natur-
kräfte für uns hienieden im eigentlichen Wortverstan-
de qualitas occulta bleibt*). – Das hindert aber nicht,
daß man nicht immer mehr suchen sollte, ihre Wir-
kungen durch Beobachtung weiter zu erforschen und
zu verfolgen, und sie so auf allgemeine Gesetze zu-
rück zu bringen.

§. 10.

Durch die bestimmte zweckmäßige Wirksamkeit
des Bildungstriebes in den bestimmten dafür empfäng-
lichen orgainsirbaren Stoffen, wird nun die eben so
bestimmte Form und der Habitus aller einzelnen Gat-
tungen (Species) von organisirten Körpern erhalten;
und bey denen, wo es Statt findet, auch ihre Se-
xual-Verschiedenheit, durch welche sich nähmlich die
männlichen Geschöpfe von den weiblichen in derselben
Gattung auszeichnen.

*) Il fallait respecter les qualités occultes; car depuis le brin
d'hérbe que l'ambre attira, jusqu'à la route que tant d'a-
stres suivent dans l'espace: depuis la formation d'une mite
dans un fromage jusqu'à la Galaxie; soit que vous consi-
dériez une pierre qui tombe, soit que vous suiviez le cours
d'une comète traversant les cieux, tout est
qualité occul-
te
.“
Voltaire.
<TEI xml:lang="de-DE">
  <text xml:id="blume_hbnatur_000041">
    <group>
      <text xml:id="blume_hbnatur_000041_1" n="1">
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <pb facs="#f0036" xml:id="pb017_01_0001" n="17"/>
              <p rendition="#l1em #small">Unter den blutlosen Thieren an den Arm-Polypen.</p>
              <p rendition="#l1em #small">Und unter den warmblütigen an der ersten Er-<lb/>
scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und<lb/>
seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus-<lb/>
bildung.</p>
              <p rendition="#indent-1 #small">Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er-<lb/>
innerung überflüssig, daß das <hi rendition="#g">Wort</hi> Bildungstrieb<lb/>
selbst, so gut wie die Benennungen aller anderen<lb/>
Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts erklä-<lb/>
ren, sondern bloß eine besondere (das Mechanische<lb/>
mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich vereinen-<lb/>
de) Kraft unterscheidend bezeichnen soll, deren con-<lb/>
stante Wirkung aus der Erfahrung anerkannt wor-<lb/>
den, deren <hi rendition="#g">Ursache</hi> aber so gut, wie die Ursache<lb/>
aller anderen noch so allgemein anerkannten Natur-<lb/>
kräfte für uns hienieden im eigentlichen Wortverstan-<lb/>
de <hi rendition="#aq">qualitas occulta</hi> bleibt<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p><q type="preline">&#x201E;<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Il fallait respecter les</hi></hi> <hi rendition="#aq">qualités occultes</hi>; <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">car depuis le brin<lb/>
d'hérbe que l'ambre attira, jusqu'à la route que tant d'a-<lb/>
stres suivent dans l'espace: depuis la formation d'une mite<lb/>
dans un fromage jusqu'à la Galaxie; soit que vous consi-<lb/>
dériez une pierre qui tombe, soit que vous suiviez le cours<lb/>
d'une comète traversant les cieux, tout est</hi></hi> <hi rendition="#aq">qualité occul-<lb/>
te</hi>.&#x201C;</q><hi rendition="#k"><hi rendition="#aq">Voltaire</hi></hi>.</p></note>. &#x2013; Das hindert aber nicht,<lb/>
daß man nicht immer mehr suchen sollte, ihre Wir-<lb/>
kungen durch Beobachtung weiter zu erforschen und<lb/>
zu verfolgen, und sie so auf allgemeine Gesetze zu-<lb/>
rück zu bringen.</p>
            </div>
            <div n="2">
              <head rendition="#c">§. 10.</head><lb/>
              <p>Durch die bestimmte zweckmäßige Wirksamkeit<lb/>
des Bildungstriebes in den bestimmten dafür empfäng-<lb/>
lichen orgainsirbaren Stoffen, wird nun die eben so<lb/>
bestimmte Form und der Habitus aller einzelnen Gat-<lb/>
tungen (<hi rendition="#aq">Species</hi>) von organisirten Körpern erhalten;<lb/>
und bey denen, wo es Statt findet, auch ihre Se-<lb/>
xual-Verschiedenheit, durch welche sich nähmlich die<lb/>
männlichen Geschöpfe von den weiblichen in derselben<lb/>
Gattung auszeichnen.</p>
            </div>
            <div n="2">
</div>
          </div>
        </body>
      </text>
    </group>
  </text>
</TEI>
[17/0036] Unter den blutlosen Thieren an den Arm-Polypen. Und unter den warmblütigen an der ersten Er- scheinung des Küchelchens im bebrüteten Eye und seiner dann von Tag zu Tag fortrückenden Aus- bildung. Anm. 2. Hoffentlich ist für die mehresten Leser die Er- innerung überflüssig, daß das Wort Bildungstrieb selbst, so gut wie die Benennungen aller anderen Arten von Lebenskräften an sich weiter nichts erklä- ren, sondern bloß eine besondere (das Mechanische mit dem zweckmäßig Modificirbaren in sich vereinen- de) Kraft unterscheidend bezeichnen soll, deren con- stante Wirkung aus der Erfahrung anerkannt wor- den, deren Ursache aber so gut, wie die Ursache aller anderen noch so allgemein anerkannten Natur- kräfte für uns hienieden im eigentlichen Wortverstan- de qualitas occulta bleibt *). – Das hindert aber nicht, daß man nicht immer mehr suchen sollte, ihre Wir- kungen durch Beobachtung weiter zu erforschen und zu verfolgen, und sie so auf allgemeine Gesetze zu- rück zu bringen. §. 10. Durch die bestimmte zweckmäßige Wirksamkeit des Bildungstriebes in den bestimmten dafür empfäng- lichen orgainsirbaren Stoffen, wird nun die eben so bestimmte Form und der Habitus aller einzelnen Gat- tungen (Species) von organisirten Körpern erhalten; und bey denen, wo es Statt findet, auch ihre Se- xual-Verschiedenheit, durch welche sich nähmlich die männlichen Geschöpfe von den weiblichen in derselben Gattung auszeichnen. *) „Il fallait respecter les qualités occultes; car depuis le brin d'hérbe que l'ambre attira, jusqu'à la route que tant d'a- stres suivent dans l'espace: depuis la formation d'une mite dans un fromage jusqu'à la Galaxie; soit que vous consi- dériez une pierre qui tombe, soit que vous suiviez le cours d'une comète traversant les cieux, tout est qualité occul- te.“ Voltaire.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/36
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/36>, abgerufen am 28.03.2024.