Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 136.

Ferner hat die Begattung bey verschiedenen
Insecten sehr viel Eignes. Bey nicht wenigen
Gattungen wird sie z. B. im Fluge vollzogen, und
manche derselben sind bloß für diese kurze Paarungs-
zeit geflügelt. - Ueberhaupt aber leben die mehresten
in sofern in einer gezwungenen Monogamie, daß
sie schlechterdings nicht mehr als ein einziges Mahl
in ihrem Leben sich paaren können: der Tod ist bey
ihnen eine so unausbleibliche Folge der ersten Be-
gattung, daß man sogar ihr Leben durch verzögerte
Paarung verlängern kann.

§. 137.

Zu andern Sonderbarkeiten beym Fortpflanzungs-
geschäfte der Insecten gehört auch, daß bey vielen,
wie z. B. beym Cochenille-Wurm, beym Sandfloh etc.
das trächtige Weibchen zu einer ganz ungeheuren
Größe anwächst: so daß man z. B. rechnet, daß bey
der weißen Ameise der Hinterleib der zum Gebähren
reifen Mutter auf 2000 Mahl dicker und größer ist
als er vor der Befruchtung war.

§. 138.

Die mehresten Insecten legen Eyer, die von
den Müttern nach einem bewundernswürdigen In-
stinct immer aufs genaueste an die bestimmten, der
künftigen jungen Brut angemessensten Orte gebracht
werden. Manche legen z. B. ihre Eyer bloß in den
Körper lebendiger Insecten anderer Art, in Raupen;
oder in Puppen; oder gar in anderer Insecten ihre
Eyer; denn wirklich kriecht zuweilen aus den Eyern
der Ringelraupe statt der jungen Raupe eine eigene
Art kleiner Mückchen aus.

Auch sind die Insecten-Eyer zum Theil, zumahl
bey den Schmetterlingen, von einer über man-

§. 136.

Ferner hat die Begattung bey verschiedenen
Insecten sehr viel Eignes. Bey nicht wenigen
Gattungen wird sie z. B. im Fluge vollzogen, und
manche derselben sind bloß für diese kurze Paarungs-
zeit geflügelt. – Ueberhaupt aber leben die mehresten
in sofern in einer gezwungenen Monogamie, daß
sie schlechterdings nicht mehr als ein einziges Mahl
in ihrem Leben sich paaren können: der Tod ist bey
ihnen eine so unausbleibliche Folge der ersten Be-
gattung, daß man sogar ihr Leben durch verzögerte
Paarung verlängern kann.

§. 137.

Zu andern Sonderbarkeiten beym Fortpflanzungs-
geschäfte der Insecten gehört auch, daß bey vielen,
wie z. B. beym Cochenille-Wurm, beym Sandfloh ꝛc.
das trächtige Weibchen zu einer ganz ungeheuren
Größe anwächst: so daß man z. B. rechnet, daß bey
der weißen Ameise der Hinterleib der zum Gebähren
reifen Mutter auf 2000 Mahl dicker und größer ist
als er vor der Befruchtung war.

§. 138.

Die mehresten Insecten legen Eyer, die von
den Müttern nach einem bewundernswürdigen In-
stinct immer aufs genaueste an die bestimmten, der
künftigen jungen Brut angemessensten Orte gebracht
werden. Manche legen z. B. ihre Eyer bloß in den
Körper lebendiger Insecten anderer Art, in Raupen;
oder in Puppen; oder gar in anderer Insecten ihre
Eyer; denn wirklich kriecht zuweilen aus den Eyern
der Ringelraupe statt der jungen Raupe eine eigene
Art kleiner Mückchen aus.

Auch sind die Insecten-Eyer zum Theil, zumahl
bey den Schmetterlingen, von einer über man-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0287" xml:id="pb265_0001" n="265"/>
          <head rendition="#c">§. 136.</head><lb/>
          <p>Ferner hat die <hi rendition="#g">Begattung</hi> bey verschiedenen<lb/>
Insecten sehr viel Eignes. Bey nicht wenigen<lb/>
Gattungen wird sie z. B. im Fluge vollzogen, und<lb/>
manche derselben sind bloß für diese kurze Paarungs-<lb/>
zeit geflügelt. &#x2013; Ueberhaupt aber leben die mehresten<lb/>
in sofern in einer gezwungenen Monogamie, daß<lb/>
sie schlechterdings nicht mehr als ein einziges Mahl<lb/>
in ihrem Leben sich paaren können: der Tod ist bey<lb/>
ihnen eine so unausbleibliche Folge der ersten Be-<lb/>
gattung, daß man sogar ihr Leben durch verzögerte<lb/>
Paarung verlängern kann.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 137.</head><lb/>
          <p>Zu andern Sonderbarkeiten beym Fortpflanzungs-<lb/>
geschäfte der Insecten gehört auch, daß bey vielen,<lb/>
wie z. B. beym Cochenille-Wurm, beym Sandfloh &#xA75B;c.<lb/>
das trächtige Weibchen zu einer ganz ungeheuren<lb/>
Größe anwächst: so daß man z. B. rechnet, daß bey<lb/>
der weißen Ameise der Hinterleib der zum Gebähren<lb/>
reifen Mutter auf 2000 Mahl dicker und größer ist<lb/>
als er vor der Befruchtung war.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 138.</head><lb/>
          <p>Die mehresten Insecten legen <hi rendition="#g">Eyer</hi>, die von<lb/>
den Müttern nach einem bewundernswürdigen In-<lb/>
stinct immer aufs genaueste an die bestimmten, der<lb/>
künftigen jungen Brut angemessensten Orte gebracht<lb/>
werden. Manche legen z. B. ihre Eyer bloß in den<lb/>
Körper lebendiger Insecten anderer Art, in Raupen;<lb/>
oder in Puppen; oder gar in anderer Insecten ihre<lb/>
Eyer; denn wirklich kriecht zuweilen aus den Eyern<lb/>
der Ringelraupe statt der jungen Raupe eine eigene<lb/>
Art kleiner Mückchen aus.</p>
          <p>Auch sind die Insecten-Eyer zum Theil, zumahl<lb/>
bey den Schmetterlingen, von einer über man-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0287] §. 136. Ferner hat die Begattung bey verschiedenen Insecten sehr viel Eignes. Bey nicht wenigen Gattungen wird sie z. B. im Fluge vollzogen, und manche derselben sind bloß für diese kurze Paarungs- zeit geflügelt. – Ueberhaupt aber leben die mehresten in sofern in einer gezwungenen Monogamie, daß sie schlechterdings nicht mehr als ein einziges Mahl in ihrem Leben sich paaren können: der Tod ist bey ihnen eine so unausbleibliche Folge der ersten Be- gattung, daß man sogar ihr Leben durch verzögerte Paarung verlängern kann. §. 137. Zu andern Sonderbarkeiten beym Fortpflanzungs- geschäfte der Insecten gehört auch, daß bey vielen, wie z. B. beym Cochenille-Wurm, beym Sandfloh ꝛc. das trächtige Weibchen zu einer ganz ungeheuren Größe anwächst: so daß man z. B. rechnet, daß bey der weißen Ameise der Hinterleib der zum Gebähren reifen Mutter auf 2000 Mahl dicker und größer ist als er vor der Befruchtung war. §. 138. Die mehresten Insecten legen Eyer, die von den Müttern nach einem bewundernswürdigen In- stinct immer aufs genaueste an die bestimmten, der künftigen jungen Brut angemessensten Orte gebracht werden. Manche legen z. B. ihre Eyer bloß in den Körper lebendiger Insecten anderer Art, in Raupen; oder in Puppen; oder gar in anderer Insecten ihre Eyer; denn wirklich kriecht zuweilen aus den Eyern der Ringelraupe statt der jungen Raupe eine eigene Art kleiner Mückchen aus. Auch sind die Insecten-Eyer zum Theil, zumahl bey den Schmetterlingen, von einer über man-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/287
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/287>, abgerufen am 29.03.2024.