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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830.

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oder Ansatz homogener Theile von außen (aggre-
gatio, juxta positio
) bewirkt; folglich ist bey ihnen
weder ursprüngliche Organisation noch Lebenskraft zu
erwarten*).

Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte,
und jene hingegen organisirte Körper.

§. 3.

Endlich sind nun aber auch jene organisirten
Körper selbst, besonders in der Art, wie sie ihre
Nahrungsmittel zu sich nehmen, von einer doppelten
Verschiedenheit.

Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen
Nahrungssaft, vorzüglich mittelst zahlreicher Fasern,
die sich am untern Ende ihres Körpers befinden,
ohne merkliche willkürliche Bewegung in sich.

Da hingegen die andern eine meist einfache Haupt-
öffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers
haben, die zu einem geräumigen Schlauche führt,
wohin sie, vom innern Gefühle des Hungers getrie-
ben, ihre Alimente, die von sehr verschiedener Art
sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen.

Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.

Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu
verändern (locomotivitas) kein hinreichendes Unterschei-
dungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab. Denn
viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Wasserlinsen, sind
nicht festgewurzelt, sondern können zu gewissen Jahrszei-
ten etc. ihren Aufenthalt verändern, bald zu Boden sinken,
bald wieder auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w.
Und andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasserthie-
ren, zumahl unter den Conchylien, Corallen etc. die ihren

*) Vergl. Hausmann's Untersuchungen über die Formen der
leblosen Natur. I. B. S. 20 u. f.

oder Ansatz homogener Theile von außen (aggre-
gatio, juxta positio
) bewirkt; folglich ist bey ihnen
weder ursprüngliche Organisation noch Lebenskraft zu
erwarten*).

Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte,
und jene hingegen organisirte Körper.

§. 3.

Endlich sind nun aber auch jene organisirten
Körper selbst, besonders in der Art, wie sie ihre
Nahrungsmittel zu sich nehmen, von einer doppelten
Verschiedenheit.

Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen
Nahrungssaft, vorzüglich mittelst zahlreicher Fasern,
die sich am untern Ende ihres Körpers befinden,
ohne merkliche willkürliche Bewegung in sich.

Da hingegen die andern eine meist einfache Haupt-
öffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers
haben, die zu einem geräumigen Schlauche führt,
wohin sie, vom innern Gefühle des Hungers getrie-
ben, ihre Alimente, die von sehr verschiedener Art
sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen.

Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.

Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu
verändern (locomotivitas) kein hinreichendes Unterschei-
dungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab. Denn
viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Wasserlinsen, sind
nicht festgewurzelt, sondern können zu gewissen Jahrszei-
ten ꝛc. ihren Aufenthalt verändern, bald zu Boden sinken,
bald wieder auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w.
Und andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasserthie-
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[4/0022] oder Ansatz homogener Theile von außen (aggre- gatio, juxta positio) bewirkt; folglich ist bey ihnen weder ursprüngliche Organisation noch Lebenskraft zu erwarten *). Und eben deßhalb heißen sie unorganisirte, und jene hingegen organisirte Körper. §. 3. Endlich sind nun aber auch jene organisirten Körper selbst, besonders in der Art, wie sie ihre Nahrungsmittel zu sich nehmen, von einer doppelten Verschiedenheit. Die einen nähmlich saugen einen sehr einfachen Nahrungssaft, vorzüglich mittelst zahlreicher Fasern, die sich am untern Ende ihres Körpers befinden, ohne merkliche willkürliche Bewegung in sich. Da hingegen die andern eine meist einfache Haupt- öffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers haben, die zu einem geräumigen Schlauche führt, wohin sie, vom innern Gefühle des Hungers getrie- ben, ihre Alimente, die von sehr verschiedener Art sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen. Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere. Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu verändern (locomotivitas) kein hinreichendes Unterschei- dungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt, sondern können zu gewissen Jahrszei- ten ꝛc. ihren Aufenthalt verändern, bald zu Boden sinken, bald wieder auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w. Und andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasserthie- ren, zumahl unter den Conchylien, Corallen ꝛc. die ihren *) Vergl. Hausmann's Untersuchungen über die Formen der leblosen Natur. I. B. S. 20 u. f.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Göttingen, 1830, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1830/22>, abgerufen am 28.03.2024.