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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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flüssigen, Theile der Blüthe ab (§. 189.): der beschwängerte
Fruchtknoten aber fängt an aufzuschwellen, und seinen theils er-
staunlich zahlreichen Samen nach und nach zur Reise zu bringen*).

§. 199.

Die Bildung sowohl der verschiedenen Samenkörner selbst**),
als auch der Gehäuse, worin sie eingeschlossen sind, ist eben so
mannigfaltig als die der Blüthen, und in Rücksicht auf ihre
weite Verbreitung+) und auf ihr weiteres Verbleiben etc. der Er-
haltung der Gattungen aufs weiseste angemessen. Auch ist der
bekannte Trieb merkwürdig, womit die Samen bei jeder Lage,
die sie im Boden erhalten, dennoch, wenn sie aufkeimen, alle
Mahl die ersten Wurzelzäserchen oder das so genannte Schnäbel-
chen (rostellum) unter sich, und hingegen den Blattkeim (plu-
mula
) über sich treiben++). Zur allerersten Ernährung des
neuen Pflänzchens dienen ihm dann die bei den mehresten Ge-
wächsen doppelten Samenlappen oder Kernstücke (cotyledones),
die vorher die Hauptmasse des Samenkerns ausmachten.

§. 200.

Viele Samen sind in eine holzartige, aber theils noch weit
härtere Schale eingeschlossen, die, wenn sie von beträchtlicher
Größe und Härte ist, eine Nuß genannt wird: und wenn die
bloßen Samenkörner unmittelbar mit einem saftreichen Zellge-
webe oder sogenannten Fleische überzogen sind, so heißt dies
eine Beere (- sey sie übrigens noch so groß und an einem
großen Baume, wie z. B. die Brotfrucht. -). Zuweilen lie-
gen auch die bloßen Samenkörner von außen auf dem großge-
wachsenen fleischigen Fruchtboden auf, wie bei den Erdbeeren,
die folglich nach der Kunstsprache nicht sollten Beere genannt
werden.

§. 201.

Besonders machen die Obstbäume eine eigene und sehr
ansehnliche Familie von Gewächsen aus, deren Frucht entweder,
wie bei Birnen, Aepfeln und Quitten, ein Kernhaus oder Kröbs
einschließt, die dann Kernfrüchte (und die Bäume dieser

*) L. Cl. Richard Analyse der Frucht und des Samenkorns,
übers. mit Zusätzen des Verf. etc. von F. S. Voigt. Leipz. 1811. 8.
**) Jos. Gaertner de fructibus et seminibus plantarum.
Stutg. 1788-91. II. vol. 4. und vol. III. s. t. C. Fr. Gaertner
carpologia. Lips. 1805. 4.
+) s. Rösel's Insecten-Belustigungen II. B. Vorrede zu den
Wasser-Insecten der zweyten Classe.
++) s. merkwürdige Versuche hierüber bei Jo. Hunter on the
blood, inflammation, and gun-shot wounds.
pag. 237.

flüssigen, Theile der Blüthe ab (§. 189.): der beschwängerte
Fruchtknoten aber fängt an aufzuschwellen, und seinen theils er-
staunlich zahlreichen Samen nach und nach zur Reise zu bringen*).

§. 199.

Die Bildung sowohl der verschiedenen Samenkörner selbst**),
als auch der Gehäuse, worin sie eingeschlossen sind, ist eben so
mannigfaltig als die der Blüthen, und in Rücksicht auf ihre
weite Verbreitung†) und auf ihr weiteres Verbleiben ꝛc. der Er-
haltung der Gattungen aufs weiseste angemessen. Auch ist der
bekannte Trieb merkwürdig, womit die Samen bei jeder Lage,
die sie im Boden erhalten, dennoch, wenn sie aufkeimen, alle
Mahl die ersten Wurzelzäserchen oder das so genannte Schnäbel-
chen (rostellum) unter sich, und hingegen den Blattkeim (plu-
mula
) über sich treiben††). Zur allerersten Ernährung des
neuen Pflänzchens dienen ihm dann die bei den mehresten Ge-
wächsen doppelten Samenlappen oder Kernstücke (cotyledones),
die vorher die Hauptmasse des Samenkerns ausmachten.

§. 200.

Viele Samen sind in eine holzartige, aber theils noch weit
härtere Schale eingeschlossen, die, wenn sie von beträchtlicher
Größe und Härte ist, eine Nuß genannt wird: und wenn die
bloßen Samenkörner unmittelbar mit einem saftreichen Zellge-
webe oder sogenannten Fleische überzogen sind, so heißt dies
eine Beere (– sey sie übrigens noch so groß und an einem
großen Baume, wie z. B. die Brotfrucht. –). Zuweilen lie-
gen auch die bloßen Samenkörner von außen auf dem großge-
wachsenen fleischigen Fruchtboden auf, wie bei den Erdbeeren,
die folglich nach der Kunstsprache nicht sollten Beere genannt
werden.

§. 201.

Besonders machen die Obstbäume eine eigene und sehr
ansehnliche Familie von Gewächsen aus, deren Frucht entweder,
wie bei Birnen, Aepfeln und Quitten, ein Kernhaus oder Kröbs
einschließt, die dann Kernfrüchte (und die Bäume dieser

*) L. Cl. Richard Analyse der Frucht und des Samenkorns,
übers. mit Zusätzen des Verf. ꝛc. von F. S. Voigt. Leipz. 1811. 8.
**) Jos. Gaertner de fructibus et seminibus plantarum.
Stutg. 1788-91. II. vol. 4. und vol. III. s. t. C. Fr. Gaertner
carpologia. Lips. 1805. 4.
†) s. Rösel's Insecten-Belustigungen II. B. Vorrede zu den
Wasser-Insecten der zweyten Classe.
††) s. merkwürdige Versuche hierüber bei Jo. Hunter on the
blood, inflammation, and gun-shot wounds.
pag. 237.
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[346/0356] flüssigen, Theile der Blüthe ab (§. 189.): der beschwängerte Fruchtknoten aber fängt an aufzuschwellen, und seinen theils er- staunlich zahlreichen Samen nach und nach zur Reise zu bringen *). §. 199. Die Bildung sowohl der verschiedenen Samenkörner selbst **), als auch der Gehäuse, worin sie eingeschlossen sind, ist eben so mannigfaltig als die der Blüthen, und in Rücksicht auf ihre weite Verbreitung †) und auf ihr weiteres Verbleiben ꝛc. der Er- haltung der Gattungen aufs weiseste angemessen. Auch ist der bekannte Trieb merkwürdig, womit die Samen bei jeder Lage, die sie im Boden erhalten, dennoch, wenn sie aufkeimen, alle Mahl die ersten Wurzelzäserchen oder das so genannte Schnäbel- chen (rostellum) unter sich, und hingegen den Blattkeim (plu- mula) über sich treiben ††). Zur allerersten Ernährung des neuen Pflänzchens dienen ihm dann die bei den mehresten Ge- wächsen doppelten Samenlappen oder Kernstücke (cotyledones), die vorher die Hauptmasse des Samenkerns ausmachten. §. 200. Viele Samen sind in eine holzartige, aber theils noch weit härtere Schale eingeschlossen, die, wenn sie von beträchtlicher Größe und Härte ist, eine Nuß genannt wird: und wenn die bloßen Samenkörner unmittelbar mit einem saftreichen Zellge- webe oder sogenannten Fleische überzogen sind, so heißt dies eine Beere (– sey sie übrigens noch so groß und an einem großen Baume, wie z. B. die Brotfrucht. –). Zuweilen lie- gen auch die bloßen Samenkörner von außen auf dem großge- wachsenen fleischigen Fruchtboden auf, wie bei den Erdbeeren, die folglich nach der Kunstsprache nicht sollten Beere genannt werden. §. 201. Besonders machen die Obstbäume eine eigene und sehr ansehnliche Familie von Gewächsen aus, deren Frucht entweder, wie bei Birnen, Aepfeln und Quitten, ein Kernhaus oder Kröbs einschließt, die dann Kernfrüchte (und die Bäume dieser *) L. Cl. Richard Analyse der Frucht und des Samenkorns, übers. mit Zusätzen des Verf. ꝛc. von F. S. Voigt. Leipz. 1811. 8. **) Jos. Gaertner de fructibus et seminibus plantarum. Stutg. 1788-91. II. vol. 4. und vol. III. s. t. C. Fr. Gaertner carpologia. Lips. 1805. 4. †) s. Rösel's Insecten-Belustigungen II. B. Vorrede zu den Wasser-Insecten der zweyten Classe. ††) s. merkwürdige Versuche hierüber bei Jo. Hunter on the blood, inflammation, and gun-shot wounds. pag. 237.

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  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/356>, abgerufen am 25.04.2024.