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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832.

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§. 224.

Denn es ist erweislich, daß wenigstens die jetzige feste
Felsenrinde unseres Planeten, so tief wir sie kennen (und das
ist freilich noch nicht 1/6000 des Halbdurchmessers der Erde), an-
fangs selbst flüssig gewesen seyn muß*).

§. 225.

Und mehr als bloß wahrscheinlich ist es, daß jenes Pri-
mordialfluidum auch als Universalsolution die Stoffe der nach-
her daraus niedergeschlagenen Mineralien in sich aufgelöst ent-
halten hat.

§. 226.

Durch die successiven Niederschläge und andere che-
mische Processe, die dann allgemach in jenem Fluidum erfolgt
sind, haben folglich die verschiednen Arten von Gebirgs- und
Erdlagen ihre Entstehung erhalten, die sich im Ganzen aus
chronologischer Rücksicht unter zwey Hauptabthei-
lungen
bringen lassen: nämlich

A) die primitiven, so vor der organisirten Schöpfung
gebildet worden: und

B) die secundären, so erst seit der Zeit, da Thiere und
Pflanzen existirt, entstanden sind.

Jede von beiden zerfällt wieder in zwey Classen:

Die der primitiven nämlich in

a) die Granitgebirge; und in

b) die Ganggebirge.

Die der secundären aber in

c) die Flözgebirge; und in

d) die aufgeschwemmten Erdlager.

Von jeder dieser vier Classen ein Wort insbesondere.

§. 227.

Der erste große und allgemeine Niederschlag, von welchem
wir die unverkennbarsten Spuren finden, gab wohl dem echten
Granit seine Entstehung; als welcher nun die selbstständige,
uranfängliche, feste Rinde unsers Planeten auszumachen, und
den später gebildeten Gebirgen und Erdschichten gleichsam zur
Unterlage zu dienen scheint; zwischen welchen er auch hin und

*) Ueber diese zum philosophischen Studium der Minera-
logie unentbehrliche geogenische Prämissen, s. J. A. de Luc Lettres
sur l'histoire physique de la terre
, Par. 1798. 8., die in Voigt's
Magazin (VIII. und folg. B.) aus der französischen Handschrift über-
setzt sind, und Hofr. Mayer's Lehrbuch über die physische Astrono-
mie, Theorie der Erde etc. Götting. 1805. 8.
§. 224.

Denn es ist erweislich, daß wenigstens die jetzige feste
Felsenrinde unseres Planeten, so tief wir sie kennen (und das
ist freilich noch nicht 1/6000 des Halbdurchmessers der Erde), an-
fangs selbst flüssig gewesen seyn muß*).

§. 225.

Und mehr als bloß wahrscheinlich ist es, daß jenes Pri-
mordialfluidum auch als Universalsolution die Stoffe der nach-
her daraus niedergeschlagenen Mineralien in sich aufgelöst ent-
halten hat.

§. 226.

Durch die successiven Niederschläge und andere che-
mische Processe, die dann allgemach in jenem Fluidum erfolgt
sind, haben folglich die verschiednen Arten von Gebirgs- und
Erdlagen ihre Entstehung erhalten, die sich im Ganzen aus
chronologischer Rücksicht unter zwey Hauptabthei-
lungen
bringen lassen: nämlich

A) die primitiven, so vor der organisirten Schöpfung
gebildet worden: und

B) die secundären, so erst seit der Zeit, da Thiere und
Pflanzen existirt, entstanden sind.

Jede von beiden zerfällt wieder in zwey Classen:

Die der primitiven nämlich in

a) die Granitgebirge; und in

b) die Ganggebirge.

Die der secundären aber in

c) die Flözgebirge; und in

d) die aufgeschwemmten Erdlager.

Von jeder dieser vier Classen ein Wort insbesondere.

§. 227.

Der erste große und allgemeine Niederschlag, von welchem
wir die unverkennbarsten Spuren finden, gab wohl dem echten
Granit seine Entstehung; als welcher nun die selbstständige,
uranfängliche, feste Rinde unsers Planeten auszumachen, und
den später gebildeten Gebirgen und Erdschichten gleichsam zur
Unterlage zu dienen scheint; zwischen welchen er auch hin und

*) Ueber diese zum philosophischen Studium der Minera-
logie unentbehrliche geogenische Prämissen, s. J. A. de Lúc Lettres
sur l'histoire physique de la terre
, Par. 1798. 8., die in Voigt's
Magazin (VIII. und folg. B.) aus der französischen Handschrift über-
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[356/0366] §. 224. Denn es ist erweislich, daß wenigstens die jetzige feste Felsenrinde unseres Planeten, so tief wir sie kennen (und das ist freilich noch nicht 1/6000 des Halbdurchmessers der Erde), an- fangs selbst flüssig gewesen seyn muß *). §. 225. Und mehr als bloß wahrscheinlich ist es, daß jenes Pri- mordialfluidum auch als Universalsolution die Stoffe der nach- her daraus niedergeschlagenen Mineralien in sich aufgelöst ent- halten hat. §. 226. Durch die successiven Niederschläge und andere che- mische Processe, die dann allgemach in jenem Fluidum erfolgt sind, haben folglich die verschiednen Arten von Gebirgs- und Erdlagen ihre Entstehung erhalten, die sich im Ganzen aus chronologischer Rücksicht unter zwey Hauptabthei- lungen bringen lassen: nämlich A) die primitiven, so vor der organisirten Schöpfung gebildet worden: und B) die secundären, so erst seit der Zeit, da Thiere und Pflanzen existirt, entstanden sind. Jede von beiden zerfällt wieder in zwey Classen: Die der primitiven nämlich in a) die Granitgebirge; und in b) die Ganggebirge. Die der secundären aber in c) die Flözgebirge; und in d) die aufgeschwemmten Erdlager. Von jeder dieser vier Classen ein Wort insbesondere. §. 227. Der erste große und allgemeine Niederschlag, von welchem wir die unverkennbarsten Spuren finden, gab wohl dem echten Granit seine Entstehung; als welcher nun die selbstständige, uranfängliche, feste Rinde unsers Planeten auszumachen, und den später gebildeten Gebirgen und Erdschichten gleichsam zur Unterlage zu dienen scheint; zwischen welchen er auch hin und *) Ueber diese zum philosophischen Studium der Minera- logie unentbehrliche geogenische Prämissen, s. J. A. de Lúc Lettres sur l'histoire physique de la terre, Par. 1798. 8., die in Voigt's Magazin (VIII. und folg. B.) aus der französischen Handschrift über- setzt sind, und Hofr. Mayer's Lehrbuch über die physische Astrono- mie, Theorie der Erde ꝛc. Götting. 1805. 8.

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  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 12. Aufl. Wien, 1832, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1832/366>, abgerufen am 28.03.2024.