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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789.

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nen Versuchen Zusammenziehbarkeit (§. 50.),
aber keine Reizbarkeit entdecken konnte.

Hieher gehören die Milchgefäße, die Drü-
sen, die Gallenblase, die Gebährmutter, die Ho-
denhaut (dartos), und das männliche Zeugungs-
glied.

Aber eben so unverdient haben einige Phy-
siologen die Blendung, die äußere Oberfläche der
Lungen u. s. w. als reizbare Theile anerkannt,
denen diese Eigenschaft mit keinem größern Rech-
te, als dem Zellenstoffe, und den übrigen daraus
gebildeten Theilen, nämlich den allgemeinen Be-
deckungen, den Hirnhäuten, dem Rippenfelle,
dem Bauchfelle, u. s. w. der Beinhaut, den
Flechsen, den sehnichten Ausbreitungen, oder den
Eingeweiden, die aus einem eigenen Parenchyma
(§. 27.), z. B. die Leber, die Milz, die Ner-
ven, der Mutterkuchen, das Gehirn sammt dem
ganzen Nervensystem, zugeschrieben werden kann.

§. 307.

So wie aber die Reizbarkeit der Muskelfa-
sern mit der Zusammenziehbarkeit des Zellstoffes
manchmal verwechselt worden, so hat man hin-
gegen in neuern Zeiten die Reizbarkeit für eine
bloße Wirkung der Nervenkraft erklärt a).

Obgleich nicht zu läugnen ist, daß die Ner-
ven einen großen Einfluß auf die Muskelbewegung
haben, von der ich sogleich handeln werde; und
daß man auch der feinsten Muskelfaser nicht alles
Nervenwesen absprechen kann; so glaube ich doch
berechtigt zu seyn, die Reizbarkeit eben so, wie
die Zusammenziehbarkeit, als eine eigenthümli-
che, und von der Nervenkraft offenbar verschie-
dene Kraft zu betrachten. Denn alle übrige nicht

nen Versuchen Zusammenziehbarkeit (§. 50.),
aber keine Reizbarkeit entdecken konnte.

Hieher gehören die Milchgefäße, die Drü-
sen, die Gallenblase, die Gebährmutter, die Ho-
denhaut (dartos), und das männliche Zeugungs-
glied.

Aber eben so unverdient haben einige Phy-
siologen die Blendung, die äußere Oberfläche der
Lungen u. s. w. als reizbare Theile anerkannt,
denen diese Eigenschaft mit keinem größern Rech-
te, als dem Zellenstoffe, und den übrigen daraus
gebildeten Theilen, nämlich den allgemeinen Be-
deckungen, den Hirnhäuten, dem Rippenfelle,
dem Bauchfelle, u. s. w. der Beinhaut, den
Flechsen, den sehnichten Ausbreitungen, oder den
Eingeweiden, die aus einem eigenen Parenchyma
(§. 27.), z. B. die Leber, die Milz, die Ner-
ven, der Mutterkuchen, das Gehirn sammt dem
ganzen Nervensystem, zugeschrieben werden kann.

§. 307.

So wie aber die Reizbarkeit der Muskelfa-
sern mit der Zusammenziehbarkeit des Zellstoffes
manchmal verwechselt worden, so hat man hin-
gegen in neuern Zeiten die Reizbarkeit für eine
bloße Wirkung der Nervenkraft erklärt a).

Obgleich nicht zu läugnen ist, daß die Ner-
ven einen großen Einfluß auf die Muskelbewegung
haben, von der ich sogleich handeln werde; und
daß man auch der feinsten Muskelfaser nicht alles
Nervenwesen absprechen kann; so glaube ich doch
berechtigt zu seyn, die Reizbarkeit eben so, wie
die Zusammenziehbarkeit, als eine eigenthümli-
che, und von der Nervenkraft offenbar verschie-
dene Kraft zu betrachten. Denn alle übrige nicht

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[193/0211] nen Versuchen Zusammenziehbarkeit (§. 50.), aber keine Reizbarkeit entdecken konnte. Hieher gehören die Milchgefäße, die Drü- sen, die Gallenblase, die Gebährmutter, die Ho- denhaut (dartos), und das männliche Zeugungs- glied. Aber eben so unverdient haben einige Phy- siologen die Blendung, die äußere Oberfläche der Lungen u. s. w. als reizbare Theile anerkannt, denen diese Eigenschaft mit keinem größern Rech- te, als dem Zellenstoffe, und den übrigen daraus gebildeten Theilen, nämlich den allgemeinen Be- deckungen, den Hirnhäuten, dem Rippenfelle, dem Bauchfelle, u. s. w. der Beinhaut, den Flechsen, den sehnichten Ausbreitungen, oder den Eingeweiden, die aus einem eigenen Parenchyma (§. 27.), z. B. die Leber, die Milz, die Ner- ven, der Mutterkuchen, das Gehirn sammt dem ganzen Nervensystem, zugeschrieben werden kann. §. 307. So wie aber die Reizbarkeit der Muskelfa- sern mit der Zusammenziehbarkeit des Zellstoffes manchmal verwechselt worden, so hat man hin- gegen in neuern Zeiten die Reizbarkeit für eine bloße Wirkung der Nervenkraft erklärt a). Obgleich nicht zu läugnen ist, daß die Ner- ven einen großen Einfluß auf die Muskelbewegung haben, von der ich sogleich handeln werde; und daß man auch der feinsten Muskelfaser nicht alles Nervenwesen absprechen kann; so glaube ich doch berechtigt zu seyn, die Reizbarkeit eben so, wie die Zusammenziehbarkeit, als eine eigenthümli- che, und von der Nervenkraft offenbar verschie- dene Kraft zu betrachten. Denn alle übrige nicht

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/211>, abgerufen am 25.04.2024.