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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795.

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nen Versuchen Zusammenziehbarkeit, (§. 50.)
aber keine Reizbarkeit entdecken konnte.

Hieher gehören die Milchgefäße, die Drüsen,
die Gallenblase, die Gebährmutter, die Hodenhaut
(dartos), und das männliche Zeugungsglied.

Aber eben so unverdient haben einige Physio-
logen die Blendung, die äußere Oberfläche der
Lungen u. s. w. als reizbare Theile anerkannt, de-
nen diese Eigenschaft mit keinem größern Rechte,
als dem Zellenstoffe, und den übrigen daraus ge-
bildeten Theilen, nämlich den allgemeinen Bede-
ckungen, den Hirnhäuten, dem Rippenfelle, dem
Bauchfelle, u. s. w. der Beinhaut, den Flechsen,
den sehnichten Ausbreitungen, oder den Eingewei-
den, die aus einem eigenen Parenchyma, (§. 27.)
z. B. die Leber, die Milz, die Nerven, der Mut-
terkuchen, das Gehirn sammt dem ganzen Nerven-
system, zugeschrieben werden kann.

§. 307.

So wie aber die Reizbarkeit der Muskelfa-
sern mit der Zusammenziehbarkeit des Zellstoffes
manchmal verwechselt worden, so hat man hinge-
gen in neuern Zeiten die Reizbarkeit für eine bloße
Wirkung der Nervenkraft erklärt. a)

Obgleich nicht zu läugnen ist, daß die Ner-
ven einen großen Einfluß auf die Muskelbewegung
haben, von der ich sogleich handeln werde; und
daß man auch der feinsten Muskelfaser nicht alles
Nervenwesen absprechen kann; so glaube ich doch
berechtigt zu seyn, die Reizbarkeit eben so, wie die
Zusammenziehbarkeit, als eine eigentümliche, und
von der Nervenkraft offenbar verschiedene Kraft zu
betrachten. Denn alle übrige nicht muskelartige

nen Versuchen Zusammenziehbarkeit, (§. 50.)
aber keine Reizbarkeit entdecken konnte.

Hieher gehören die Milchgefäße, die Drüsen,
die Gallenblase, die Gebährmutter, die Hodenhaut
(dartos), und das männliche Zeugungsglied.

Aber eben so unverdient haben einige Physio-
logen die Blendung, die äußere Oberfläche der
Lungen u. s. w. als reizbare Theile anerkannt, de-
nen diese Eigenschaft mit keinem größern Rechte,
als dem Zellenstoffe, und den übrigen daraus ge-
bildeten Theilen, nämlich den allgemeinen Bede-
ckungen, den Hirnhäuten, dem Rippenfelle, dem
Bauchfelle, u. s. w. der Beinhaut, den Flechsen,
den sehnichten Ausbreitungen, oder den Eingewei-
den, die aus einem eigenen Parenchyma, (§. 27.)
z. B. die Leber, die Milz, die Nerven, der Mut-
terkuchen, das Gehirn sammt dem ganzen Nerven-
system, zugeschrieben werden kann.

§. 307.

So wie aber die Reizbarkeit der Muskelfa-
sern mit der Zusammenziehbarkeit des Zellstoffes
manchmal verwechselt worden, so hat man hinge-
gen in neuern Zeiten die Reizbarkeit für eine bloße
Wirkung der Nervenkraft erklärt. a)

Obgleich nicht zu läugnen ist, daß die Ner-
ven einen großen Einfluß auf die Muskelbewegung
haben, von der ich sogleich handeln werde; und
daß man auch der feinsten Muskelfaser nicht alles
Nervenwesen absprechen kann; so glaube ich doch
berechtigt zu seyn, die Reizbarkeit eben so, wie die
Zusammenziehbarkeit, als eine eigentümliche, und
von der Nervenkraft offenbar verschiedene Kraft zu
betrachten. Denn alle übrige nicht muskelartige

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[193/0209] nen Versuchen Zusammenziehbarkeit, (§. 50.) aber keine Reizbarkeit entdecken konnte. Hieher gehören die Milchgefäße, die Drüsen, die Gallenblase, die Gebährmutter, die Hodenhaut (dartos), und das männliche Zeugungsglied. Aber eben so unverdient haben einige Physio- logen die Blendung, die äußere Oberfläche der Lungen u. s. w. als reizbare Theile anerkannt, de- nen diese Eigenschaft mit keinem größern Rechte, als dem Zellenstoffe, und den übrigen daraus ge- bildeten Theilen, nämlich den allgemeinen Bede- ckungen, den Hirnhäuten, dem Rippenfelle, dem Bauchfelle, u. s. w. der Beinhaut, den Flechsen, den sehnichten Ausbreitungen, oder den Eingewei- den, die aus einem eigenen Parenchyma, (§. 27.) z. B. die Leber, die Milz, die Nerven, der Mut- terkuchen, das Gehirn sammt dem ganzen Nerven- system, zugeschrieben werden kann. §. 307. So wie aber die Reizbarkeit der Muskelfa- sern mit der Zusammenziehbarkeit des Zellstoffes manchmal verwechselt worden, so hat man hinge- gen in neuern Zeiten die Reizbarkeit für eine bloße Wirkung der Nervenkraft erklärt. a) Obgleich nicht zu läugnen ist, daß die Ner- ven einen großen Einfluß auf die Muskelbewegung haben, von der ich sogleich handeln werde; und daß man auch der feinsten Muskelfaser nicht alles Nervenwesen absprechen kann; so glaube ich doch berechtigt zu seyn, die Reizbarkeit eben so, wie die Zusammenziehbarkeit, als eine eigentümliche, und von der Nervenkraft offenbar verschiedene Kraft zu betrachten. Denn alle übrige nicht muskelartige

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/209>, abgerufen am 19.04.2024.