Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

a) Viele Physiologen haben dieser Anstrengung,
und diese Gewalt, mit der das Kind fortgetrie-
ben wird, für so stark gehalten, daß sie behaup-
teten, die Schaamknochen müßten dadurch aus
einander weichen. Ein Verzeichniß dieser Schrift-
steller sieht in Peters. Michell de Synchondrotomia
pubis. p
. 52. Edit. Amst. 1783. 8.

Allein so sehr ich auch theils aus der Struktur der
Theile, theils durch angestellte Beobachtungen
überzeugt bin, daß die Knorpelfügung des Be-
ckens und dessen Ligamente während der Schwan-
gerschaft, besonders gegen das Ende derselben
etwas anschwellen (eine Erscheinung, die sich
theils von dem häufigen Zufluße der Säfte, theils
von dem Drucke der Gebährmutter, und der
daraus entstehenden Unthätigkeit der einsaugen-
den Gefäße erklären läßt;) so glaube ich doch
nicht, daß den Knochen in der Geburt eine so
plötzliche Gewalt zugefügt wird. Und ich trage
kein Bedenken, die Beobachtungen, welche man
von der nachgebenden Beweglichkeit der Schaam-
knochen bey Kindbetterinnen anzuführen pflegt,
vielwehr von der abnehmenden Geschwulst der
Schaambeinfügung, welche nach dem aufgehobe-
nen Drucke der Gebährmutter erfolget, als von
einer gewaltsamen Erweiterung derselben herzu-
leiten.

§. 612.

Bald nach ausgetriebener Frucht folgt unter
einem neuen, aber weniger schmerzhaften Drang
die Nachgeburt; und es entsteht auch eine neue
Blutung aus demjenigen Theile a) der Gebährmut-

a) Viele Physiologen haben dieser Anstrengung,
und diese Gewalt, mit der das Kind fortgetrie-
ben wird, für so stark gehalten, daß sie behaup-
teten, die Schaamknochen müßten dadurch aus
einander weichen. Ein Verzeichniß dieser Schrift-
steller sieht in Peters. Michell de Synchondrotomia
pubis. p
. 52. Edit. Amst. 1783. 8.

Allein so sehr ich auch theils aus der Struktur der
Theile, theils durch angestellte Beobachtungen
überzeugt bin, daß die Knorpelfügung des Be-
ckens und dessen Ligamente während der Schwan-
gerschaft, besonders gegen das Ende derselben
etwas anschwellen (eine Erscheinung, die sich
theils von dem häufigen Zufluße der Säfte, theils
von dem Drucke der Gebährmutter, und der
daraus entstehenden Unthätigkeit der einsaugen-
den Gefäße erklären läßt;) so glaube ich doch
nicht, daß den Knochen in der Geburt eine so
plötzliche Gewalt zugefügt wird. Und ich trage
kein Bedenken, die Beobachtungen, welche man
von der nachgebenden Beweglichkeit der Schaam-
knochen bey Kindbetterinnen anzuführen pflegt,
vielwehr von der abnehmenden Geschwulst der
Schaambeinfügung, welche nach dem aufgehobe-
nen Drucke der Gebährmutter erfolget, als von
einer gewaltsamen Erweiterung derselben herzu-
leiten.

§. 612.

Bald nach ausgetriebener Frucht folgt unter
einem neuen, aber weniger schmerzhaften Drang
die Nachgeburt; und es entsteht auch eine neue
Blutung aus demjenigen Theile a) der Gebährmut-

<TEI>
  <text xml:id="blume_hbnatur_000072">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0385" xml:id="pb369_0001" n="369"/>
          <p rendition="#indent-2"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) Viele Physiologen haben dieser Anstrengung,<lb/>
und diese Gewalt, mit der das Kind fortgetrie-<lb/>
ben wird, für so stark gehalten, daß sie behaup-<lb/>
teten, die Schaamknochen müßten dadurch aus<lb/>
einander weichen. Ein Verzeichniß dieser Schrift-<lb/>
steller sieht in <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Peters. Michell</hi></hi> <hi rendition="#aq">de Synchondrotomia<lb/>
pubis. p</hi>. 52. <hi rendition="#aq">Edit. Amst</hi>. 1783. 8.</p>
          <p rendition="#indent-2">Allein so sehr ich auch theils aus der Struktur der<lb/>
Theile, theils durch angestellte Beobachtungen<lb/>
überzeugt bin, daß die Knorpelfügung des Be-<lb/>
ckens und dessen Ligamente während der Schwan-<lb/>
gerschaft, besonders gegen das Ende derselben<lb/>
etwas anschwellen (eine Erscheinung, die sich<lb/>
theils von dem häufigen Zufluße der Säfte, theils<lb/>
von dem Drucke der Gebährmutter, und der<lb/>
daraus entstehenden Unthätigkeit der einsaugen-<lb/>
den Gefäße erklären läßt;) so glaube ich doch<lb/>
nicht, daß den Knochen in der Geburt eine so<lb/>
plötzliche Gewalt zugefügt wird. Und ich trage<lb/>
kein Bedenken, die Beobachtungen, welche man<lb/>
von der nachgebenden Beweglichkeit der Schaam-<lb/>
knochen bey Kindbetterinnen anzuführen pflegt,<lb/>
vielwehr von der abnehmenden Geschwulst der<lb/>
Schaambeinfügung, welche nach dem aufgehobe-<lb/>
nen Drucke der Gebährmutter erfolget, als von<lb/>
einer gewaltsamen Erweiterung derselben herzu-<lb/>
leiten.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 612.</head><lb/>
          <p>Bald nach ausgetriebener Frucht folgt unter<lb/>
einem neuen, aber weniger schmerzhaften Drang<lb/>
die Nachgeburt; und es entsteht auch eine neue<lb/>
Blutung aus demjenigen Theile <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) der Gebährmut-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0385] a) Viele Physiologen haben dieser Anstrengung, und diese Gewalt, mit der das Kind fortgetrie- ben wird, für so stark gehalten, daß sie behaup- teten, die Schaamknochen müßten dadurch aus einander weichen. Ein Verzeichniß dieser Schrift- steller sieht in Peters. Michell de Synchondrotomia pubis. p. 52. Edit. Amst. 1783. 8. Allein so sehr ich auch theils aus der Struktur der Theile, theils durch angestellte Beobachtungen überzeugt bin, daß die Knorpelfügung des Be- ckens und dessen Ligamente während der Schwan- gerschaft, besonders gegen das Ende derselben etwas anschwellen (eine Erscheinung, die sich theils von dem häufigen Zufluße der Säfte, theils von dem Drucke der Gebährmutter, und der daraus entstehenden Unthätigkeit der einsaugen- den Gefäße erklären läßt;) so glaube ich doch nicht, daß den Knochen in der Geburt eine so plötzliche Gewalt zugefügt wird. Und ich trage kein Bedenken, die Beobachtungen, welche man von der nachgebenden Beweglichkeit der Schaam- knochen bey Kindbetterinnen anzuführen pflegt, vielwehr von der abnehmenden Geschwulst der Schaambeinfügung, welche nach dem aufgehobe- nen Drucke der Gebährmutter erfolget, als von einer gewaltsamen Erweiterung derselben herzu- leiten. §. 612. Bald nach ausgetriebener Frucht folgt unter einem neuen, aber weniger schmerzhaften Drang die Nachgeburt; und es entsteht auch eine neue Blutung aus demjenigen Theile a) der Gebährmut-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/385
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). 2. Aufl. Wien, 1795, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1795/385>, abgerufen am 28.03.2024.