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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

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Drittes Buch.
Völkerrechtliche Organe.
I. Die Statshäupter.
1. Repräsentationsrecht der Statshäupter.
115.

Das Statsrecht bestimmt, wer die Statspersönlichkeit nach außen
darzustellen berechtigt und verpflichtet sei und unter welchen Bedingungen
und Beschränkungen.

Die Bildung der nöthigen Organe, um den Stat zu leiten und im Namen
des States zu handeln, ist die Aufgabe der Statsverfassung. Das Völkerrecht hat
den Stat zu nehmen, wie er ist und bestimmt nicht die Verfassung der Staten. Ob
Jemand durch Erbrecht oder durch Wahl auf den Thron erhoben wird, ist für die
Frage der Repräsentation im Völkerrecht unerheblich. Vgl. oben § 18.

116.

In der Regel hat die wirkliche Statsregierung (qui actu regit)
das völkerrechtliche Repräsentationsrecht auszuüben.

In dem hellenischen Alterthum konnte es in Frage kommen, ob nicht der
Volksversammlung das Repräsentationsrecht zukomme. In den modernen Staten
wird überall die Repräsentation nach Außen als Aufgabe und Recht der eigentlichen
Statsregierung betrachtet.

Eine Statsregierung kann aber nur insofern von andern Staten als wirk-
lich
betrachtet werden, als sie in der That regiert, nicht wenn sie bloß Ansprüche
darauf erhebt, die Regierung zu übernehmen.

Drittes Buch.
Völkerrechtliche Organe.
I. Die Statshäupter.
1. Repräſentationsrecht der Statshäupter.
115.

Das Statsrecht beſtimmt, wer die Statsperſönlichkeit nach außen
darzuſtellen berechtigt und verpflichtet ſei und unter welchen Bedingungen
und Beſchränkungen.

Die Bildung der nöthigen Organe, um den Stat zu leiten und im Namen
des States zu handeln, iſt die Aufgabe der Statsverfaſſung. Das Völkerrecht hat
den Stat zu nehmen, wie er iſt und beſtimmt nicht die Verfaſſung der Staten. Ob
Jemand durch Erbrecht oder durch Wahl auf den Thron erhoben wird, iſt für die
Frage der Repräſentation im Völkerrecht unerheblich. Vgl. oben § 18.

116.

In der Regel hat die wirkliche Statsregierung (qui actu regit)
das völkerrechtliche Repräſentationsrecht auszuüben.

In dem helleniſchen Alterthum konnte es in Frage kommen, ob nicht der
Volksverſammlung das Repräſentationsrecht zukomme. In den modernen Staten
wird überall die Repräſentation nach Außen als Aufgabe und Recht der eigentlichen
Statsregierung betrachtet.

Eine Statsregierung kann aber nur inſofern von andern Staten als wirk-
lich
betrachtet werden, als ſie in der That regiert, nicht wenn ſie bloß Anſprüche
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[[107]/0129] Drittes Buch. Völkerrechtliche Organe. I. Die Statshäupter. 1. Repräſentationsrecht der Statshäupter. 115. Das Statsrecht beſtimmt, wer die Statsperſönlichkeit nach außen darzuſtellen berechtigt und verpflichtet ſei und unter welchen Bedingungen und Beſchränkungen. Die Bildung der nöthigen Organe, um den Stat zu leiten und im Namen des States zu handeln, iſt die Aufgabe der Statsverfaſſung. Das Völkerrecht hat den Stat zu nehmen, wie er iſt und beſtimmt nicht die Verfaſſung der Staten. Ob Jemand durch Erbrecht oder durch Wahl auf den Thron erhoben wird, iſt für die Frage der Repräſentation im Völkerrecht unerheblich. Vgl. oben § 18. 116. In der Regel hat die wirkliche Statsregierung (qui actu regit) das völkerrechtliche Repräſentationsrecht auszuüben. In dem helleniſchen Alterthum konnte es in Frage kommen, ob nicht der Volksverſammlung das Repräſentationsrecht zukomme. In den modernen Staten wird überall die Repräſentation nach Außen als Aufgabe und Recht der eigentlichen Statsregierung betrachtet. Eine Statsregierung kann aber nur inſofern von andern Staten als wirk- lich betrachtet werden, als ſie in der That regiert, nicht wenn ſie bloß Anſprüche darauf erhebt, die Regierung zu übernehmen.

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Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. [107]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/129>, abgerufen am 18.04.2024.