Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

Völkerrechtliche Personen.
und würde die unmotivirte Ausschließung der Consuln eines States, während andern
Staten die Errichtung von Consulaten verstattet würde, von jenem State mit Recht
als eine Beleidigung angesehn.

248.

Ebenso ist die Landesregierung berechtigt, einer bestimmten ihr
mißfälligen oder ungeeignet erscheinenden Person das Exequatur zu ver-
weigern.

In dem Exequatur liegt auch die Anerkennung, daß der Consul keine
ingrata persona sei. Die Weigerung, das Exequatur einer bestimmten Person zu
ertheilen, bedarf keiner Angabe der besondern Gründe, aus welchen diese Person
mißfalle.

249.

Ob ein Consul aus seiner Heimat gesendet oder unter den Bewoh-
nern des Consulatssitzes, und sogar unter den Unterthanen des States,
wo das Consulat gelegen ist, ernannt werde, ist für den Rang, wie für
die Rechte und Pflichten der Consuln nicht erheblich.

Indessen werden den Consuln, welche ausschließlich oder doch vor-
zugsweise dem Consularberufe leben und nicht ein Privatgewerbe als Haupt-
beruf betreiben, den Berufs- und Amtsconsuln eher die Privilegien der
diplomatischen Personen verstattet, als den Consuln, welche das Consulat
nur als Nebengeschäft verwalten.

Die Ausdehnung der Consulatsgeschäfte wird manchenorts so groß, daß die
Thätigkeit eines ganzen Manns erfordert wird und die Nation hat ein so großes
Interesse, die Rechte ihrer Angehörigen im Auslande sorgfältig und unparteiisch ge-
wahrt und umsichtig geschützt zu wissen, daß dafür die bloße Nebenverwendung
eines Kaufmanns und seiner Commis nicht mehr genügt, sondern die besser geschulte
Thätigkeit von ordentlichen Beamten erfordert wird. So ausgedehnte Amtspflichten
werden von besoldeten Berufsconsuln erfüllt. Die Verbesserung des Con-
sularwesens beruht zu gutem Theil darauf, daß an den wichtigsten Verkehrsknoten
Berufs- und Amtsconsulate errichtet werden, an welche sich dann eine Anzahl von
Nebenconsulaten der Kaufleute anschließen. Die Engländer, die Nordameri-
kaner
und die Franzosen haben die Nothwendigkeit besoldeter Consulate viel
früher begriffen, als die Deutschen (Preußen) und die Schweizer. Vgl.
die Zusammenstellung bei Quehl d. preußische und deutsche Consularwesen. Berlin
1863. S. 221.

Völkerrechtliche Perſonen.
und würde die unmotivirte Ausſchließung der Conſuln eines States, während andern
Staten die Errichtung von Conſulaten verſtattet würde, von jenem State mit Recht
als eine Beleidigung angeſehn.

248.

Ebenſo iſt die Landesregierung berechtigt, einer beſtimmten ihr
mißfälligen oder ungeeignet erſcheinenden Perſon das Exequatur zu ver-
weigern.

In dem Exequatur liegt auch die Anerkennung, daß der Conſul keine
ingrata persona ſei. Die Weigerung, das Exequatur einer beſtimmten Perſon zu
ertheilen, bedarf keiner Angabe der beſondern Gründe, aus welchen dieſe Perſon
mißfalle.

249.

Ob ein Conſul aus ſeiner Heimat geſendet oder unter den Bewoh-
nern des Conſulatsſitzes, und ſogar unter den Unterthanen des States,
wo das Conſulat gelegen iſt, ernannt werde, iſt für den Rang, wie für
die Rechte und Pflichten der Conſuln nicht erheblich.

Indeſſen werden den Conſuln, welche ausſchließlich oder doch vor-
zugsweiſe dem Conſularberufe leben und nicht ein Privatgewerbe als Haupt-
beruf betreiben, den Berufs- und Amtsconſuln eher die Privilegien der
diplomatiſchen Perſonen verſtattet, als den Conſuln, welche das Conſulat
nur als Nebengeſchäft verwalten.

Die Ausdehnung der Conſulatsgeſchäfte wird manchenorts ſo groß, daß die
Thätigkeit eines ganzen Manns erfordert wird und die Nation hat ein ſo großes
Intereſſe, die Rechte ihrer Angehörigen im Auslande ſorgfältig und unparteiiſch ge-
wahrt und umſichtig geſchützt zu wiſſen, daß dafür die bloße Nebenverwendung
eines Kaufmanns und ſeiner Commis nicht mehr genügt, ſondern die beſſer geſchulte
Thätigkeit von ordentlichen Beamten erfordert wird. So ausgedehnte Amtspflichten
werden von beſoldeten Berufsconſuln erfüllt. Die Verbeſſerung des Con-
ſularweſens beruht zu gutem Theil darauf, daß an den wichtigſten Verkehrsknoten
Berufs- und Amtsconſulate errichtet werden, an welche ſich dann eine Anzahl von
Nebenconſulaten der Kaufleute anſchließen. Die Engländer, die Nordameri-
kaner
und die Franzoſen haben die Nothwendigkeit beſoldeter Conſulate viel
früher begriffen, als die Deutſchen (Preußen) und die Schweizer. Vgl.
die Zuſammenſtellung bei Quehl d. preußiſche und deutſche Conſularweſen. Berlin
1863. S. 221.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0175" n="153"/><fw place="top" type="header">Völkerrechtliche Per&#x017F;onen.</fw><lb/>
und würde die unmotivirte Aus&#x017F;chließung der Con&#x017F;uln eines States, während andern<lb/>
Staten die Errichtung von Con&#x017F;ulaten ver&#x017F;tattet würde, von jenem State mit Recht<lb/>
als eine Beleidigung ange&#x017F;ehn.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>248.</head><lb/>
              <p>Eben&#x017F;o i&#x017F;t die Landesregierung berechtigt, einer be&#x017F;timmten ihr<lb/>
mißfälligen oder ungeeignet er&#x017F;cheinenden Per&#x017F;on das Exequatur zu ver-<lb/>
weigern.</p><lb/>
              <p>In dem Exequatur liegt auch die Anerkennung, daß der Con&#x017F;ul keine<lb/><hi rendition="#aq">ingrata persona</hi> &#x017F;ei. Die Weigerung, das Exequatur einer be&#x017F;timmten Per&#x017F;on zu<lb/>
ertheilen, bedarf keiner Angabe der be&#x017F;ondern Gründe, aus welchen die&#x017F;e Per&#x017F;on<lb/>
mißfalle.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>249.</head><lb/>
              <p>Ob ein Con&#x017F;ul aus &#x017F;einer Heimat ge&#x017F;endet oder unter den Bewoh-<lb/>
nern des Con&#x017F;ulats&#x017F;itzes, und &#x017F;ogar unter den Unterthanen des States,<lb/>
wo das Con&#x017F;ulat gelegen i&#x017F;t, ernannt werde, i&#x017F;t für den Rang, wie für<lb/>
die Rechte und Pflichten der Con&#x017F;uln nicht erheblich.</p><lb/>
              <p>Inde&#x017F;&#x017F;en werden den Con&#x017F;uln, welche aus&#x017F;chließlich oder doch vor-<lb/>
zugswei&#x017F;e dem Con&#x017F;ularberufe leben und nicht ein Privatgewerbe als Haupt-<lb/>
beruf betreiben, den Berufs- und Amtscon&#x017F;uln eher die Privilegien der<lb/>
diplomati&#x017F;chen Per&#x017F;onen ver&#x017F;tattet, als den Con&#x017F;uln, welche das Con&#x017F;ulat<lb/>
nur als Nebenge&#x017F;chäft verwalten.</p><lb/>
              <p>Die Ausdehnung der Con&#x017F;ulatsge&#x017F;chäfte wird manchenorts &#x017F;o groß, daß die<lb/>
Thätigkeit eines ganzen Manns erfordert wird und die Nation hat ein &#x017F;o großes<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;e, die Rechte ihrer Angehörigen im Auslande &#x017F;orgfältig und unparteii&#x017F;ch ge-<lb/>
wahrt und um&#x017F;ichtig ge&#x017F;chützt zu wi&#x017F;&#x017F;en, daß dafür die bloße Nebenverwendung<lb/>
eines Kaufmanns und &#x017F;einer Commis nicht mehr genügt, &#x017F;ondern die be&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;chulte<lb/>
Thätigkeit von ordentlichen Beamten erfordert wird. So ausgedehnte Amtspflichten<lb/>
werden von <hi rendition="#g">be&#x017F;oldeten Berufscon&#x017F;uln</hi> erfüllt. Die Verbe&#x017F;&#x017F;erung des Con-<lb/>
&#x017F;ularwe&#x017F;ens beruht zu gutem Theil darauf, daß an den wichtig&#x017F;ten Verkehrsknoten<lb/>
Berufs- und Amtscon&#x017F;ulate errichtet werden, an welche &#x017F;ich dann eine Anzahl von<lb/>
Nebencon&#x017F;ulaten der Kaufleute an&#x017F;chließen. Die <hi rendition="#g">Engländer</hi>, die <hi rendition="#g">Nordameri-<lb/>
kaner</hi> und die <hi rendition="#g">Franzo&#x017F;en</hi> haben die Nothwendigkeit be&#x017F;oldeter Con&#x017F;ulate viel<lb/>
früher begriffen, als die <hi rendition="#g">Deut&#x017F;chen (Preußen)</hi> und die <hi rendition="#g">Schweizer</hi>. Vgl.<lb/>
die Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung bei <hi rendition="#g">Quehl</hi> d. preußi&#x017F;che und deut&#x017F;che Con&#x017F;ularwe&#x017F;en. Berlin<lb/>
1863. S. 221.</p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0175] Völkerrechtliche Perſonen. und würde die unmotivirte Ausſchließung der Conſuln eines States, während andern Staten die Errichtung von Conſulaten verſtattet würde, von jenem State mit Recht als eine Beleidigung angeſehn. 248. Ebenſo iſt die Landesregierung berechtigt, einer beſtimmten ihr mißfälligen oder ungeeignet erſcheinenden Perſon das Exequatur zu ver- weigern. In dem Exequatur liegt auch die Anerkennung, daß der Conſul keine ingrata persona ſei. Die Weigerung, das Exequatur einer beſtimmten Perſon zu ertheilen, bedarf keiner Angabe der beſondern Gründe, aus welchen dieſe Perſon mißfalle. 249. Ob ein Conſul aus ſeiner Heimat geſendet oder unter den Bewoh- nern des Conſulatsſitzes, und ſogar unter den Unterthanen des States, wo das Conſulat gelegen iſt, ernannt werde, iſt für den Rang, wie für die Rechte und Pflichten der Conſuln nicht erheblich. Indeſſen werden den Conſuln, welche ausſchließlich oder doch vor- zugsweiſe dem Conſularberufe leben und nicht ein Privatgewerbe als Haupt- beruf betreiben, den Berufs- und Amtsconſuln eher die Privilegien der diplomatiſchen Perſonen verſtattet, als den Conſuln, welche das Conſulat nur als Nebengeſchäft verwalten. Die Ausdehnung der Conſulatsgeſchäfte wird manchenorts ſo groß, daß die Thätigkeit eines ganzen Manns erfordert wird und die Nation hat ein ſo großes Intereſſe, die Rechte ihrer Angehörigen im Auslande ſorgfältig und unparteiiſch ge- wahrt und umſichtig geſchützt zu wiſſen, daß dafür die bloße Nebenverwendung eines Kaufmanns und ſeiner Commis nicht mehr genügt, ſondern die beſſer geſchulte Thätigkeit von ordentlichen Beamten erfordert wird. So ausgedehnte Amtspflichten werden von beſoldeten Berufsconſuln erfüllt. Die Verbeſſerung des Con- ſularweſens beruht zu gutem Theil darauf, daß an den wichtigſten Verkehrsknoten Berufs- und Amtsconſulate errichtet werden, an welche ſich dann eine Anzahl von Nebenconſulaten der Kaufleute anſchließen. Die Engländer, die Nordameri- kaner und die Franzoſen haben die Nothwendigkeit beſoldeter Conſulate viel früher begriffen, als die Deutſchen (Preußen) und die Schweizer. Vgl. die Zuſammenſtellung bei Quehl d. preußiſche und deutſche Conſularweſen. Berlin 1863. S. 221.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/175
Zitationshilfe: Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/175>, abgerufen am 20.04.2024.